Nach über 160 Jahren
Der Deutschen Hefewerke GmbH in Nürnberg droht das Aus
20.10.2021, 05:55 Uhr166 Jahre – die Deutsche Hefewerke GmbH in Nürnberg-Buch feierte 2021 einen beeindruckenden Geburtstag. Es wird es allerdings wohl auch der letzte sein: Kürzlich gab die Geschäftsführung des zur Lallemand-DHW Unternehmensgruppe gehörenden Produktionsbetriebs bekannt, dass sie plant, den Standort Ende April 2022 aufgrund finanzieller Probleme zu schließen.
Eine Nürnberger Institution
Nürnberg verlöre mit dem ältesten Backhefewerk Deutschlands einen Traditionsbetrieb, der die Noris, vor allem aber den nördlich gelegenen Stadtteil Buch seit langer Zeit prägt. Das Werk mit dem hohen Schlot und der leicht säuerliche Hefegeruch gehören neben dem Knoblauchsland wie selbstverständlich dazu. Noch.
Schock für die Mitarbeitenden
Bereits vor zwei Jahren unternahm die Unternehmensgruppe den Versuch, den finanziellen Herausforderungen mit einem Personalabbau entgegenzuwirken. "Da haben damals dann natürlich alle gehofft, dass es weiter geht und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren von den aktuellen Schließungsplänen entsprechend geschockt", sagt Regina Schleser, Geschäftsführerin der Region Nürnberg-Fürth der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG).
Hoffnungen waren vergebens
Auch seitens der Geschäftsführung der Unternehmensgruppe heißt es dazu, es habe nach dem Abbau "die Hoffnung auf eine Beruhigung des Marktes und auf eine Fortführung des Standortes" gegeben. "Leider haben sich diese Hoffnungen nicht erfüllt. Eine weitere Reduktion der Kapazitäten ist unumgänglich."
Finanzielle Probleme führen zur Schließung
Fast 50 Beschäftigten droht damit nun der Verlust ihres Arbeitsplatzes. Die Unternehmensleitung begründet die Entscheidung damit, dass der Hefemarkt in Deutschland seit Jahren durch rückläufige Umsätze, Preisdruck bei laufend steigenden Kosten und Billigimporte aus Osteuropa geprägt sei: "Die Unternehmensgruppe befindet sich in finanziellen Schwierigkeiten. Zudem bestehen im deutschen Hefemarkt Überkapazitäten." Hinzu kämen außerdem zu hohe Kosten für notwendige Investitionen an dem alten Gebäude, wie Regina Schleser von der NGG weiß.
Auf der Suche nach Optionen
Die Gespräche zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat haben bereits begonnen. In Kürze folgt ein runder Tisch, um verschiedene Möglichkeiten für das weitere Vorgehen auszuloten, wie Schleser ankündigt.
Probleme existieren schon lange
Plötzlich kamen die Probleme nicht, aber sie wurden schleichend schwerwiegender: Bereits 2008 sorgte sich der damalige Geschäftsführer Thomas Dellweg im Gespräch mit unserer Redaktion darum, ob die Produktion in Buch in ihrem Umfang aufrechterhalten werden kann. Unter anderem machten ihm der zunehmende Mangel an Nährprodukten, die die Hefepilze benötigen, zu schaffen: Melasse wurde weniger und teurer, ebenso Phosphat. Hinzu kam die Konkurrenz aus dem Ausland, die den Kostendruck enorm erhöhte. Dennoch war er sich vor 13 Jahren noch sicher: "Unser Werk wird auch in 20 Jahren noch existieren."
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