Unterrichtsbeginn

Schlafmangel und schlechte Noten: Sollte die Schule später beginnen?

Johannes Lenz

Nordbayern-Redaktion

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5.9.2023, 10:51 Uhr
Jugendliche lernen zwar tatsächlich im Schlaf, sollten im Optimalfall aber ausgeruht zum Unterricht erscheinen.

© IMAGO/Monkey Business Images Jugendliche lernen zwar tatsächlich im Schlaf, sollten im Optimalfall aber ausgeruht zum Unterricht erscheinen.

Wenn in Bayern zwischen 7.30 und 8 Uhr der Gong zur ersten Stunde ertönt, reiben sich viele Schüler noch den Schlaf aus den Augen, strecken die müden Glieder von sich oder rutschen im Sekundenschlaf immer tiefer in ihre Stühle. Möglicherweise kommen in diesen Momenten dem ein oder anderen Schüler ernsthafte Zweifel am Wahrheitsgehalt der dogmatischen Erzählung vom frühen Vogel.

Apropos Vögel: Die Wissenschaft unterscheidet zwei Chronotypen bei Menschen - Frühaufsteher werden als "Lerchen" betitelt, Spätaufsteher als "Eulen". Besonders pubertierende Jugendliche sind eher letzterem Typus zuzuordnen, auch deshalb fordern viele Experten einen späteren Schulstart. "Quarks" berichtet, dass die Studienlage einen Schulbeginn ab 8.30 Uhr, oder sogar erst 9 oder 10 Uhr nahelegt.

Innere Uhr und Schul-Gong: Verschiedene Zeitzonen

Laut "Geo" würde die innere Uhr vieler Heranwachsender eine Schlafzeit von 9 bis 12 Uhr vorschreiben - die Schuluhr schlägt in einem anderen Takt. Ein zu früher Schulbeginn widerspricht also dem natürlichen Rhythmus der Kinder und Jugendlichen. Mit fatalen Folgen für die Lern- und Leistungsfähigkeit: Erst nach acht bis zehn Stunden Schlaf wird Gelerntes im Langzeitgedächtnis gespeichert. Schlafen Heranwachsende über einen längeren Zeitraum weniger als sieben Stunden pro Nacht, leiden die Schulnoten.

Schon im Jahr 2012 zeigte eine Studie der Universität Marburg auf, dass viele Jugendliche zu wenig schlafen und sich deswegen nicht ausgeruht und leistungsfähig fühlen. Im schlimmsten Fall kann chronischer Schlafmangel sogar zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen. Weitere Symptome sind Hyperaktivität und Konzentrationsmangel - beides keine Faktoren, die den schulischen Leistungen besonders zuträglich sind.

YouTube statt Sandmann

Schuld am Schlafmangel vieler Jugendlicher ist allerdings nicht nur der Stundenplan, sondern auch das persönliche Verhalten: In den vergangenen Jahren haben Handy- und Internetnutzung zu einem veränderten Schlafverhalten geführt. Ein dänisches Forscherteam hat im Jahr 2021 eine Studie veröffentlicht, laut der die Nutzung elektronischer Medien im Zusammenhang mit einer kürzeren Schlafdauer steht. Möglicherweise drosselt das blaue Bildschirmlicht die Produktion des Schlafhormons Melatonin.

Sind die Jugendlichen also selbst schuld am Schlafmangel? Zumindest nur zum Teil. Viele Heranwachsende können sowieso nicht vor 23 Uhr einschlafen, zudem ist der Biorhythmus bei jedem Menschen verschieden. Außerdem: Wie wahrscheinlich ist es, dass Heranwachsende freiwillig ihre Bildschirmzeit reduzieren, um morgens um 8 Uhr ausgeschlafen in der ersten Stunde Pluspunkte für eine gute Mitarbeitsnote sammeln? Experten nehmen mit ihrer Forderung nach einem späteren Schulbeginn jedenfalls nicht die Jugendlichen, sondern die Politik in die Pflicht.

Was ebenfalls für einen späteren Schulbeginn sprechen könnte: Bisher haben auch die meisten Eulen genug Würmer zum Überleben gefunden.