Bis zu ein Jahr Haft

Leserumfrage der Woche: Sollte in Deutschland Schwarzfahren entkriminalisiert werden?

Beate Laurenti

Redakteurin bei NN.de

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7.8.2024, 14:39 Uhr
Die Strafen für Schwarzfahren in Deutschland sind hoch und treffen vor allem sozial schwache Menschen hart. Zurecht? Das wird im Zuge der Justizreform nun erneut diskutiert.

© Lukas Schulze/dpa Die Strafen für Schwarzfahren in Deutschland sind hoch und treffen vor allem sozial schwache Menschen hart. Zurecht? Das wird im Zuge der Justizreform nun erneut diskutiert.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat im November vergangenen Jahres eine Modernisierung des Strafgesetzbuchs angestoßen, bei der unter anderem das Thema Schwarzfahren zur Diskussion steht. Anliegen der Reform ist es, Straftatbestände zu überdenken und gegebenenfalls zu entkriminalisieren, um das Strafrecht zu modernisieren und auch die Justiz zu entlasten.

Der Reform Nachdruck verliehen haben jetzt in einem offenen Brief an Buschmann Kriminologen und andere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Sie fordern, Schwarzfahren künftig weder als Straftat zu behandeln noch als Ordnungswidrigkeit zu ahnden.

Mit welchen Strafen müssen Schwarzfahrer aktuell in Deutschland rechnen?

Schwarzfahren ist in Deutschland eine Straftat nach § 265a des Strafgesetzbuches (StGB) und kann als "Erschleichen von Leistungen" geahndet werden. Wer in Deutschland also bei einer Kontrolle kein gültiges Ticket im Nahverkehr vorweisen kann, muss mit einer Strafe rechnen.

In der Regel beläuft sich das sogenannte erhöhte Beförderungsentgelt auf 60 Euro. Diese Gebühr muss innerhalb einer bestimmten Frist gezahlt werden, ansonsten können Mahngebühren hinzukommen. Wer hingegen mehrfach beim Schwarzfahren erwischt wird, muss mit höheren Geldstrafen rechnen. In seltenen Fällen kann sogar eine Freiheitsstrafen (bis zu einem Jahr) verhängt werden.

Haft droht zum Beispiel dann, wenn Menschen eigentlich in der Lage sind, das Geld zu zahlen, es aber nicht "wollen". Nachzuweisen, das Geld tatsächlich nicht zu haben, ist laut Experten jedoch vor allem für psychisch Erkrankte schwierig.

Experten: Strafen treffen besonders sozial schwache Menschen

In dem Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, begründen die Wissenschaftler ihren Vorstoß unter anderem damit, dass der Straftatbestand überproportional oft arme Menschen und solche in prekären Lebenslagen betrifft - etwa Drogenabhängige. Außerdem sei der Schaden pro Fahrt ohne gültiges Ticket marginal, zudem würde die Entkiminalisierung die Justiz entlasten.

Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) zeigt sich schockiert

"Die Idee, Schwarzfahren nicht mehr zu bestrafen, ist respektlos gegenüber allen ehrlichen Fahrgästen sowie der Leistung und Arbeit unserer Beschäftigten", sagte VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff der dpa. Wenn sich Menschen kein Ticket leisten könnten, müsse der Staat unterstützen, das Vorgehen zu entkriminalisieren sei hingegen keine Lösung.

Nach Angaben des Verbands werden jährlich mehrere Millionen Menschen in Deutschland beim Schwarzfahren erwischt. Gesetzt den Fall, Schwarzfahren wird entkriminalisiert, können Verkehrsunternehmen die Gebühren immer noch verlangen, aber nicht mehr strafrechtlich verfolgen. Das könnte unter anderem dazu führen, dass die Strafen höher ausfallen und auch Ticketpreise steigen.

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