Massimo trifft doppelt
Wie entfesselt: Kleeblatt gewinnt beim Trainerdebüt von Leo Haas 4:3 auf Schalke
26.10.2024, 14:59 UhrKees van Wonderen ist kein Harry Potter. Das hat der neue Trainer des FC Schalke zuletzt nochmal klargestellt. Denn selbst mit einem Wunder im Namen kann ein Mensch keine Wunder vollbringen - und erst recht nicht zaubern wie der berühmte Zauberschüler aus Hogwarts. Das hatten allerdings offenbar viele Schalker erwartet, die sehr enttäuscht waren nach dem ernüchternden 0:1 zuletzt in Hannover.
Eine Woche später durfte Kees van Wonderen am Samstagnachmittag vor 60.344 Menschen sein Heimdebüt in der großen Arena feiern. Er traf dabei auf einen Mann, von dem bis vor kurzem wohl noch nie gehört hat. Der ehemalige U23-Trainer Leonhard Haas soll ja nach der Entlassung von Alexander Zorniger das Glück nach Fürth zurückbringen - und tat das direkt in seinem ersten Spiel. Das unnötig knappe 4:3 (3:1) auf Schalke war der erste Sieg des neuen Trainers und der erste Fürther seit dem 30. August.
SpVgg Greuther Fürth: Leonhard Haas lässt im 4-4-2 spielen
Vor der Reise nach Gelsenkirchen war viel darüber spekuliert worden, wie sehr Leonhard Haas seine neue Mannschaft umbauen würde. Er tat es bei seiner Premiere personell nur in sehr homöopathischen Dosen - gab dem Kleeblatt aber eine neue taktische Ausrichtung. Damian Michalski durfte sein Startelf-Debüt in dieser Saison feiern und den angeschlagenen Abwehrchef Gideon Jung ersetzen, Luca Itter begann anstelle von Niko Gießelmann als Linksverteidiger.
Ansonsten sollten es dieselben neun Spieler richten, die vergangene Woche im Derby gegen den 1. FC Nürnberg kollektiv mit 0:4 untergegangen waren. Sie taten es aber nicht mehr im lange praktizierten 3-4-1-2, sondern in einem 4-4-2. Vor der Vierkette aus Marco Meyerhöfer, Michalski, Maximilian Dietz und Luca Itter setzte Haas auf eine zweite Viererkette aus Simon Asta, Sacha Bansé, Julian Green und Roberto Massimo, Noel Futkeu stürmte vorne neben Kapitän Branimir Hrgota - der aber auch unter Haas oft einen Freigeist und Zehner gab.
Die taktisch neuformierte Mannschaft brauchte ein paar Minuten, um ins Spiel zu finden. Den ersten Abschluss hatte der ehemalige weiß-grüne Aufstiegsheld Paul Seguin, der aus der Distanz aber deutlich über das Tor schoss (8.). In der 14. Minute kombinierten sich die Fürther, die sichtlich mehr Fußball spielen wollten als zuvor, schön nach vorne, Hrgota steckte durch auf Asta, dessen Hereingabe Tomas Kalas gerade noch vor dem einschussbereiten Futkeu klären konnte.
Zwei Minuten später suchte Bansé von rechts einen Abnehmer, fand mit seinem gut getimten Pass aber keinen Kollegen, weshalb der Ball einmal durch den Fünfmeterraum rollte. Auf der anderen Seite schoss Schalkes Taylan Bulut aus 18 Metern knapp vorbei (21.), Massimo kurz darauf aus 20 Metern mehrere Meter drüber.
Dann aber belohnten sich die Fürther für ein gutes Auswärtsspiel. Michalski köpfte den Ball beim Klären direkt nach vorne, wo Bansé Hrgota anspielte, der perfekt auf den durchstartenden Massimo durchsteckte. Der zuvor oft so glücklose Sommerzugang blieb frei vor Ron-Thorben Hoffmann cool und schoss das Kleeblatt mit seinem ersten Saisontor in Führung (23.). Vier Minuten später stand es 0:2: Green flankte einen Freistoß auf den Kopf von Michalski, der den Ball über Hoffmann hinweg ins Tor köpfte.
Auch nach langer VAR-Überprüfung zählte der Treffer. Die Menschen in der Arena waren außer sich, die Pfiffe wurden immer lauter - doch dann verstummten sie wieder. Einen Schuss von Bulut hielt Noll noch gut, nach der folgenden Ecke war er aber machtlos. Massimo verlor das Kopfballduell gegen Kalas, in der Mitte schaltete Max Grüger schneller als Michalski, Futkeu und Itter, die in der Nähe standen, aber nicht mehr eingreifen konnten (32.).
Mit dem Anschlusstreffer entwickelte die Schalker wieder deutlich mehr Wucht - bis der sehr auffällige Luca Itter einen wunderbaren Ball in die Tiefe auf Massimo spielte. An einem Tag, an dem plötzlich alles zu klappen schien, ließ der Fürther Offensivspieler seinen Gegner aussteigen und traf dann zum 1:3 ins lange Eck (39.). Nur drei Minuten später hätte Massimo sogar auf 1:4 erhöhen können, schoss aber Hoffmann an - was vor allem den vollkommen freien Futkeu ärgerte.
Kurz darauf war Pause. Das Kleeblatt führte tatsächlich eine Woche nach der historischen Schmach und einer turbulenten Woche mit 3:1 auf Schalke. Während die knapp 1100 mitgereisten Fürtherinnen und Fürther im Gästeblock ihr Glück kaum fassen konnte, verabschiedeten die Schalker ihre Mannschaft mit einem gellenden Pfeifkonzert in die Kabine.
Als diese nach der Pause wieder auf den Platz kam, da hatte die Nordkurve keine Lust mehr. Die treuesten Schalker Fans verweigerten ihren Spielern demonstrativ die Unterstützung - und erlebten kurz nach Wiederanpfiff den nächsten Rückschlag. Felipe Sanchez foulte Hrgota im Mittelfeld, sah dafür seine zweite Gelbe Karte und musste deshalb schon in der 48. Minute duschen gehen.
In Überzahl erspielten sich die Fürther weitere Chancen. Astas Schuss mit dem schwachen linken Fuß nach Zuspiel von Hrgota war genauso wenig ein Problem für Hoffmann wie der kurz darauf von Massimo. Doch in der 62. Minute hallte wieder ein lauter Jubelschrei durch die ansonsten gespenstisch stille Arena - in der vor einigen Jahren noch Champions League gespielt wurde. Itter setzte sich stark auf links durch und fand mit seinem Zuspiel den vollkommen freien Futkeu, der auf 1:4 erhöhte.
Den verunsicherten Schalkern gelang nach der endgültigen Entscheidung nicht mehr viel, das Kleeblatt nahm merklich das Tempo raus und ließ den Gegner spielen. Bei jedem schlechten Schalker Pass applaudierten die Fans höhnisch, als Paul Seguin einen Schuss beinahe in den Oberrang drosch, war das Klatschen lauter als jeder Gesang vorher.
Eine Viertelstunde vor Schluss verpasste es Massimo nach Außenrist-Pass von Green freistehend vor Hoffmann erneut, sein drittes Tor zu schießen - und vergab damit die zweite hochkarätige Chance. Direkt danach wechselte Haas erstmals und nahm Futkeu sowie Bansé vom Feld. Dennis Srbeny und Leander Popp sollten mithelfen, den Sieg über die Zeit zu bringen. Doch Seguin hatte noch keine Lust, sich aufzugeben und traf aus 16 Metern zum 2:4 (78.).
Eine Schalker Schluss-Offensive sah man danach aber lange nicht - in der 87. Minute wurde es trotzdem nochmal brenzlig. Noll kratzte einen Schuss von Moussa Sylla gerade noch von der Linie und hielt so den Sieg fest. Dachte man. In der Nachspielzeit verteidigten die Fürther nach vielen Wechseln nicht mehr konzentriert genug, sodass Bulut sogar nochmal auf 3:4 verkürzen konnte. Die Schalker warfen nun alles nach vorne, die Arena wachte wieder auf - doch um 14.57 Uhr stand der Fürther Auswärtssieg fest.
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