Komplett chancenlos

Der nächste Tiefpunkt: Erschreckend schwache Fürther verlieren 1:5 gegen den SV Darmstadt

Michael Fischer

Nürnberger Nachrichten

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2.11.2024, 14:52 Uhr
Hängende Köpfe, große Enttäuschung: Sacha Bansé (Mitte) und seine Kollegen ließen sich vom SV Darmstadt abschießen.

© Sportfoto Zink / Wolfgang Zink Hängende Köpfe, große Enttäuschung: Sacha Bansé (Mitte) und seine Kollegen ließen sich vom SV Darmstadt abschießen.

Am 28. Mai 2023 feierte ganz Fürth ein Fußballfest. Das 4:0 gegen den SV Darmstadt war ein schönes Ende einer zuvor oft wenig schönen Spielzeit. Am 34. Spieltag dieser lange kräftezehrenden und nervenaufreibenden Saison 2022/2023 zeigten sich die Fürther sehr spielfreudig, schossen gegen den Bundesliga-Aufsteiger vier sehenswerte Tore und machten sich und ihren Fans so Hoffnung auf eine weniger sorgenvolle und erfolgreichere Zukunft.

Die gab es in den eineinhalb Jahren danach hin und wieder, zuletzt aber kehrten die Sorgen wieder zurück nach Fürth und wurden mit jeder Woche sogar ein bisschen größer. Als der SV Darmstadt am Samstagnachmittag wieder im Sportpark Ronhof vorbeischaute, da feierten nur die Gäste auf und abseits des Rasens ein Fußballfest. Alle Fürther unter den 11.161 Zuschauern hatten spätestens ab dem 0:3 kurz vor der Pause "die Schnauze voll", nach 90 Minuten stand ein 1:5 auf der Anzeigetafel.

SpVgg Greuther Fürth mit drei Veränderungen in der Startelf

Vier Tage nach dem ernüchternden Pokal-Aus in Regensburg baute Leonhard Haas seine Mannschaft auf drei Positionen um. Abwehrchef Gideon Jung kehrte nach zweieinhalb Spielen verletzungsbedingter Auszeit in die Startelf zurück und gab erstmals den linken Innenverteidiger neben Damian Michalski. Noel Futkeu ersetzte Dennis Srbeny im Angriff, Nemanja Motika übernahm die linke Außenbahn vom angeschlagenen Roberto Massimo.

Auch mit verändertem Personal war dem Kleeblatt zunächst das Bemühen anzusehen, sauberen, gepflegten und kontrollierten Fußball zu spielen - ohne dabei phasenweise das hohe Pressing zu vernachlässigen. Die ersten Chancen hatten aber die Gäste: Nach drei Minuten ließ Isac Lidberg Luca Itter aussteigen, Jung konnte den Abschluss des Darmstädter Stürmers aber noch zur Ecke blocken. Drei Minuten später spielte Meyerhöfer im Aufbau einen Fehlpass, kurz darauf schoss Killian Corredor aus der Distanz aber deutlich drüber.

Auf der anderen Seite zwang Julian Green Marcel Schuhen im Tor des SVD mit einem wuchtigen Versuch zur ersten Parade (8.), nach etwas offensivem Leerlauf schoss abermals Green aus der Drehung deutlich drüber (21.). Es sollten für längere Zeit die einzigen Fürther Möglichkeiten bleiben. Stattdessen wurden die Gäste, der Tabellen.-13. der bisherigen Saison, immer gefährlicher.

Ex-Nürnberger Fabian Nürnberger schoss nach nach kurzer Konfusion in der Fürther Hintermannschaft drüber (22.), Matej Maglica flog nur wenige Millimeter an einer an Freistoßflanke vorbei (27.). Dann belohnten sich die Darmstädter: Vom eigenen Tor konnten sie sich ohne Gegenwehr über das ganze Feld kombinieren - und was dann passierte, war symptomatisch für die Situation des Kleeblatts: Sacha Bansé versuchte in höchster Not zu retten, köpfte aber Mitspieler Meyerhöfer an den Kopf, sodass der Ball Philipp Förster vor die Füße fiel, der ihn zum 0:1 über die Linie drückte (30.).

Auf der anderen Seite wollten die Fürther nach einem Foul von Kai Klefisch an Noel Futkeu einen Elfmeter, den Schiedsrichter Max Burda aber nicht gab - auch nicht nach kurzer Überprüfung im "Kölner Keller" (31.). Stattdessen stand es ein paar Minuten später 0:2. Nach einer Ecke des Kleeblatts spielten die Darmstädter schnell nach vorne, Lidberg brachte den Ball von links in die Mitte, wo sich der in der 29. Minute eingewechselte Fynn Lakenmacher um Itter drehen und quasi unbedrängt zum 0:2 einschießen durfte (40.).

In der 42. Minute tanzte Motika mehrere Gegenspieler aus, schoss aber links am Tor vorbei. Statt 1:2 stand es wenig später 0:3. Förster legte von links in den Strafraum, wo Itter über den Ball haute, sodass Lidberg keine größeren Probleme hatte, den Ball an Noll vorbei ins Tor zu schießen. Es war der Tropfen, der das berühmte Fass zum Überlaufen brachte: "Wir ham die Schnauze voll", schallte es von der Nordtribüne - nach kurzer VAR-Überprüfung und dem Wissen, dass der Treffer tatsächlich zählte, wurde der Unmut nochmal lauter. Deutlich lauter.

Als Schiedsrichter Burda direkt danach zur Pause pfiff, da pfiff der ganze Ronhof. So laut, wie man das schon lange nicht mehr gehört hat. Vielleicht sogar: noch nie gehört hat. Es war das eindrücklichste Zeichen der großen Krise beim Kleeblatt, die sich an diesem Samstagnachmittag mit jeder Minute verschlimmerte. Leo Haas reagierte zur Pause, nahm Motika sowie den erschreckend schwachen Asta vom Feld, brachte mit Leander Popp und Dennis Srbeny zwei weitere Stürmer - und stellte auf eine defensive Dreierkette um.

Der junge Popp übernahm dabei die linke "Schiene", Meyerhöfer die rechte. Doch stabiler wurden die Fürther damit nicht, wie man spätestens in der 51. Minute sah: Corredor ließ Meyerhöfer stehen, hatte plötzlich keinen Gegenspieler mehr vor sich und traf zum 0:4. Srbeny versuchte es kurz darauf aus 18 Metern und zwang Schuhen zu einer kleinen Flugeinlage, Bansés Schuss blockten die Gäste wenig später.

Nach einer Stunde wechselte Haas erneut zweimal - und bestrafte auch zwei Führungsspieler. Itter und Jung mussten Feierabend machen, ihre Plätze übernahmen mit Oualid Mhamdi und Reno Münz ein 21- und ein 19-Jähriger. Viel besser wurde es aber auch danach nicht: Lakenmacher verpasste in der 65. Minute das 0:5, offensiv gelang dem komplett verunsicherten Kleeblatt überhaupt nichts.

Stattdessen zerfielen die Fürther in der 77. Minute komplett. Sergio Lopez konnte den Ball ohne größere Gegenwehr über Noll hinweg zum 0:5 ins Tor heben. Selbst auf der Nordtribüne und der Haupttribüne jubelten die Menschen und beklatschten ihre völlig indisponierte Mannschaft mit hämischem Applaus. Die Darmstädter ließen den Ball auch danach ohne größere Gegenwehr laufen, das Kleeblatt war bemüht noch größeres Unheil zu verhindern.

Branimir Hrgota versuchte sich in der 90. Minute sogar noch an etwas Ergebniskorrektur und drosch den Ball zum 1:5 ins Netz. Danach hatte sogar der Schiedsrichter Mitleid und zeigte nur eine zweiminütige Nachspielzeit an. Um 14.52 Uhr pfiff Burda ein letztes Mal und erlöste aller Fürtherinnen und Fürther - auf und abseits des Rasens.

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