Platz zwölf in Nürnberg

Wetterkapriolen und eine demolierte Schürze: Wittmann misslingt der Norisring-Samstag

Andreas Pöllinger

Online-Redaktion, Sport

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6.7.2024, 15:00 Uhr
Ein Bild aus dem Vorjahr, gleichbleibende Skepsis: Der Norisring-Samstag war 2024 für Marco Wittmann kein erfreulicher.

© IMAGO/Andreas Beil Ein Bild aus dem Vorjahr, gleichbleibende Skepsis: Der Norisring-Samstag war 2024 für Marco Wittmann kein erfreulicher.

Einen starken Auftritt auf der Heimstrecke hat sich Marco Wittmann beim diesjährigen DTM-Highlight auf dem Norisring fest vorgenommen. Ein wesentliches Problem dabei hatte der BMW-Pilot jedoch bereits in Aussicht gestellt. "Unsere Hauptschwäche ist das Qualifying", sagte der Lokalmatador unserer Redaktion unlängst im Stadtzentrum. An einem erst sonnigen, urplötzlich regnerischen Rennsamstag wurde Wittmann in seiner düsteren Vorahnung bestätigt.

Fehlstart am Norisring: Schlechte Ausgangslage schon nach dem Qualifying

Platz zehn war es, von dem aus der zweimalige DTM-Champ, vor 34 Jahren in Fürth geboren und wenn nicht im weltweiten Renneinsatz auch dort zu Hause, den ersten Höhepunkt des Wochenendes im noch wolkenlosen Nürnberg in Angriff nehmen musste. Die Zeitabstände in Wittmanns Qualifying-Gruppe, die auf dem Stadtkurs den Anfang machte, waren am Samstagmorgen minimal. Die zweite Gruppe profitierte beim Herausfahren der Startpositionen vom zusätzlichen Grip. Die Ausgangslage für den hochmotivierten Franken machte das am Mittag nicht einfacher.

Wittmanns Startposition war eine Hypothek. Im Rennen wurde es für ihn nicht leichter. Ein Platz auf dem Podium oder gar ein Maximalerfolg im fränkischen Monaco blieb für den Vorzeigefranken auf der nur 2,162 Kilometer kurzen Strecke so in weiter Ferne. Ganz nach vorne auf dem spektakulären Stadtkurs, auf dem Wittmann 2018 nach Selbstauskunft den schönsten Sieg seiner Karriere eingefahren hatte, fuhr am Samstag René Rast im BWM.

In Zandvoort hatte Marco Wittmann nach seinem Sieg zum Saisonabschluss 2022 zuletzt wieder einmal gewonnen, sich damit aber zugleich selbst ein Zusatzgewicht aufgenötigt. Unfallfrei ging es für ihn im Gedrängel ein erstes Mal durch die Grundig-Kehre. Von der Startgerade kommend wird im Rennverlauf dort von über 250 km/h auf 50 km/h abgebremst. Bei Wittmann stockte es darüber hinaus. Wenig später war er zwei weitere Positionen zurückgefallen.

Nach dem Qualifying hatte sich der Motorsportfranke bereits einigermaßen ratlos über die Defizite seines BMW gezeigt. Abnehmen sollte Wittmanns Ratlosigkeit nach den ersten Runden nicht. Von vorne grüßte inzwischen Teamkollege Sheldon van der Linde, dessen Bruder Kelvin als Führender der Gesamtwertung im Audi nach gutem Start auf Platz vier vorgerückt war. Ein gutes Gefühl für die spezielle Strecke galt es auf den Straßen rund um die Steintribüne Runde für Runde zu entwickeln. Im engen Feld Routine, Sicherheit und damit an Geschwindigkeit zu gewinnen, ist eine Anforderung, die sich den Fahrern am Norisring stellt.

Gewitterwarnung und dichter Verkehr rund um die Steintribüne

Dass der Regen alsbald als weitere Herausforderung dazukommen sollte, kündigten Funksprüche ab 13.45 Uhr an. Es braute sich ein mächtiges Gewitter zusammen, näherte sich dem Dutzendteich und der Strecke rapide. Während Thomas Preinig, der amtierende DTM-Champ im Porsche nach einem Malheur beim Boxenstopp noch einmal in die Boxengasse musste, behauptete sich Wittmann in der Mitte des Feldes. Während Sheldon van der Linde vorneweg fuhr, steckte der Fürther im dichten Verkehr rund um die Steintribüne fest. Wittmanns Boxenstopp gelang, ehe kurz vor dem Schließen des Boxenfensters die ersten Tropfen vom Himmel fielen.

Als der starke Regen vollends eingesetzt hatte, begann das wilde Rutschen. Für die Rennfahrer, die an sieben Kilometer Leitplanken, zwei Kilometer Betonwänden und 27,8 Kilometer Zäunen vorbeisausten, machte das ein kompliziertes Rennen komplizierter.

Kollision in der Grundig-Kehre und ein ramponierter BMW

Während Audi-Fahrer Feller die Mauer touchierte, kollidierte Wittmann in der Grundig-Kehre mit dem Mercedes-AMG von Luca Stolz. Beim Überholmanöver demolierte der Franke, in solchen Situationen keinesfalls als Hasardeur bekannt, sein Fahrzeug vorne rechts. Stolz hatte die Tür zum Überholen erst auf-, dann wieder zugemacht. In der Boxengasse sah man das Resultat kurz darauf an Wittmanns froschgrünem BMW auch an der ramponierten Schürze.

Die Wetterkapriolen - während bei nachlassendem Niederschlag die Grundig-Kehre nass blieb, war es andernorts schon wieder trocken - beeinflussten das Rennen massiv. René Rast hatte gepokert, blieb auf den Pirelli-Slicks. Der BMW-Fahrer sparte sich so einen Boxenstopp und wurde nach vorne gespült. Bei seinem ersten Saisonsieg legte Rast immer mehr Distanz zwischen sich und den Rest des Feldes, der auf Regenreifen gewechselt war. Der lange Zeit führende Sheldon van der Linde hatte die falsche Reifenstrategie gewählt, musste Luca Engstler in einem weiteren Lamborghini Platz drei überlassen und wurde hinter Bruder Kelvin am Ende nur Siebter.

Für Marco Wittmann, der noch weiter gegen Stolz rangelte und als Zwölfter kurz vor Ende von Rast noch überrundet wurde, war der Tag da längst schon gelaufen. Vorgenommen hatte sich der Franke auf seiner Heimstrecke etwas ganz anderes. Mit entsprechender großer Wut im Bauch wird Wittmann den Sonntag in Angriff nehmen.

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