
3:2 nach Verlängerung
Mehr Drama geht nicht: Die Ice Tigers verlieren Barratt - schaffen aber trotzdem Ausgleich
Sehr spät am Dienstagabend nahm Christian Heljanko noch einen Schluck aus seiner Flasche und verließ seinen Torraum wie ein Sachbearbeiter der Schadensregulierung M bis Z seinen Schreibtisch. Für den Finnen war es ein ganz normaler Arbeitsplatz, alle anderen hatten zum ersten Mal gesehen, wozu Heljanko in der Lage ist. 42 Mal hatten die Ice Tigers auf sein Tor geschossen, 41 Schüsse hatte er abgewehrt. In Finnland hatte er so drei Meistertitel gewonnen, dreimal war er zum Torhüter der Liiga gewählt worden. Genau deshalb hatte ihn der ERC Ingolstadt im Februar in die Deutsche Eishockey-Liga geholt. In diesen Playoffs, das war seit dem 1:3 der Ice Tigers im zweiten Spiel der Viertelfinalserie klar, würde Heljanko ein entscheidender Faktor bleiben.
Aber als die Ingolstadt Panther am Sonntag in Nürnberg aufs Eis glitten, um sich für die vierte Aufführung aufzuwärmen, da fehlte Heljanko.
Beim aufregenden 6:5 der Ice Tigers am Freitagabend in Ingolstadt zum 1:2 in der Serie hatte Heljanko nicht mehr wie ein potenzieller Meistertorhüter ausgesehen. Dass sich Trainer Mark French danach für Devin Williams entschied und Heljanko herausnahm, um mit dem Franzosen Charles Bertrand einen Importspieler in den Sturm zu stellen, war eine Geschichte des Spiels - aber nur eine von vielen. Mit dem 3:2 (0:1, 1:1, 1:0, 1:0) nach Verlängerung glichen die Ice Tigers in der Best-of-Seven-Serie aus.
Ingolstadt dominiert, geht glücklich in Führung
Offenbar war es den Ice Tigers nicht leicht gefallen, den unerwarteten Torhüterwechsel nicht als Zeichen von Nervosität zu interpretieren. Wobei die Gastgeber nicht überheblich agierten. Aber nach einem frühen Icing konnten sich die Ice Tigers lange nicht mehr aus ihrem Drittel befreien. Erst in der achten Minute musste Williams zum ersten Mal eingreifen. Eine echte Herausforderung war das nicht. Trotzdem wäre es beinahe ein unglücklicher Auftakt für Ingolstadts Nummer zwei geworden, Eugen Alanovs Schlenzer aber touchierte den Außenpfosten (9. Minute) und Josef Ehams Schuss krachte an die Latte (14.).

Ansonsten gab es Offensive ausschließlich auf der anderen Seite zu sehen: Leon Hungerecker sammelte in seinem Privatduell mit Wojciech Stachowiak weiter Punkte. Als der Puck in Unterzahl aber unglücklich zurück vors Tor sprang, wo ihn Hayden Shaw nicht kontrollieren konnte, da war Nürnbergs Torhüter geschlagen - Wayne Simpson drückte die Scheibe über die Linie (17.). Die Ice Tigers mussten sich danach über Kleinigkeiten in dieses Spiel arbeiten. Nach und nach gingen mehr Zweikämpfe an Nürnberg. Aber nachdem es Evan Barratt gleich mit zwei Gegnern aufnehmen wollte, wurde es erstmals in dieser bis dahin harten, aber fairen Serie hässlich.
Und wer steht für die Nürnberg Ice Tigers bereit? Genau, Constantin Braun
Auf den ersten Blick sah es nach einem unglücklichen Zusammenprall aus, der dazu führte, dass Barratt blutend und benommen auf dem Eis liegen blieb. Die Schiedsrichter aber hatten den zweiten Blick und sahen: dass nicht Barratt, sondern ein zweiter Ingolstädter den Puck passte; dass sich Morgan Ellis allein in Richtung Barratts Kopf bewegte; und dass Ellis zunächst auch nur Barratts Kopf traf (21.). Die Schiedsrichter erhöhten ihre ursprüngliche Entscheidung trotzdem nur von null auf zwei Minuten. Im Power-Play traf dann auch Graber (22.). Nach einer kurzen Rückkehr (und zwei weiteren Checks) aber blieb Barratt in der Kabine. Dass mit Ellis der erfahrenste Gäste-Spieler zufällig auf den wichtigsten Spieler der Gastgeber getroffen war, könnte natürlich Zufall gewesen sein. Wahrscheinlich ist das nicht.
Ohne Barratt gaben die Ice Tigers die Kontrolle über das Geschehen wieder. Keating, Bodie und Hüttl trafen den Innenpfosten. Dann verabschiedete sich Julius Karrer auf die Strafbank und Agostino wiederholte, was ihm bereits am Dienstag zuvor gelungen war. Aus spitzem Winkel überwand er Hungerecker im Power-Play (38.). Nach den Spektakelspielen in Ingolstadt und dem dominanten 1:3 zu Hause schien es Nürnberg erstmals an der Energie zu fehlen. Erst Bertrand sorgte wieder für Energie in der ausverkauften Arena. Nach seinem Foul an Cole Maier war Nürnberg im Power-Play. Für Barratt schickte Mitch O‘Keefe den 37 Jahre alten Verteidiger Constantin Braun aufs Eis. Und wer war zur Stelle, als Williams einen Schuss von McKenna abprallen ließ (52.)? Genau.
Ingolstadt reagierte - mit einem weiteren schmutzigen Foul: Abseits des Pucks gab der zuvor allenfalls durch Puckverluste auffällige Sam Ruopp einen Cross-Check in die Hüfte mit. Auch Nürnbergs Kapitän musste ebenfalls in der Kabine behandelt werden, meldete sich aber wieder zurück. In der Verlängerung überstanden die Ice Tigers eine frühe Strafe wegen zu vieler Spieler auf dem Eis souverän. Dann verteidigten sechs Ingolstädter, beide Schiedsrichter zeigten eine Strafe an. Jeremy McKenna traf trotzdem und brachte die Arena zum Beben und die Ingolstädter. Die Panther wollten einen Pfiff gehört haben. Nach heftiger Diskussion beendete ein Schiedsrichter das wilde Spiel.
Am Mittwoch (19.30 Uhr/MagentaSport) wird es in Ingolstadt weitergehen, als wäre nie etwas passiert.
Nürnberg: Hungerecker; Karrer/Headrick, Weber/Haiskanen, Braun/Shaw, Böttner - Barratt/Graber/McKenna, Kechter/Stoa/Alanov, Gerard/Maier/Dove-McFalls, Heigl/Eham/Ustorf. - Tore: 0:1 Simpson (16:24/5-4), 1:1 Graber (21:47/5-4), 1:2 Agostino (37:08/5-4), 2:2 Braun (51:35/5-4), 3:2 McKenna (64:21). - Schiedsrichter: Kohlmüller/MacFarlane. - Zuschauer: 7672 (ausverkauft). - Strafminuten: 10 - 8.
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