0:9 gegen Bremerhaven

Das war peinlich: Der Vizemeister zeigt den Nürnberg Ice Tigers gnadenlos die Grenzen auf

Sebastian Böhm

Sportredaktion

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4.10.2024, 22:00 Uhr
Ach, wäre doch schon Feierabend: Will Graber (links), Kapitän Marcus Weber und alle, die es mit den Nürnberg Ice Tigers halten, erlebten kein schönes Heimspiel.

© Sportfoto Zink / Thomas Hahn Ach, wäre doch schon Feierabend: Will Graber (links), Kapitän Marcus Weber und alle, die es mit den Nürnberg Ice Tigers halten, erlebten kein schönes Heimspiel.

Am Mittwochabend, kurz vor zehn Uhr, hatte es so ausgesehen, als könnten die Ice Tigers mit den besten Mannschaften der Deutschen Eishockey-Liga mithalten. In Mannheim fuhren die Gäste immer wieder mit Leichtigkeit ins Drittel der Adler, führten Spielfreude und ein Selbstvertrauen vor, das Nürnberger Mannschaften auf diesem Eis nur selten ausgezeichnet hatte. Am Ende gab es für das 4:5 keine Punkte. Es blieb aber das Gefühl, dass in dieser Saison viel mehr als geahnt möglich sein könnte. Dieses Gefühl überdauerte keine 48 Stunden.

Den ultimativen Test, wo genau man sich in dieser Liga einordnen darf, bieten aber nicht die teuren Adler aus Mannheim, und derzeit wohl auch nicht die Meisterbären in Berlin, wo sich die Ice Tigers am Sonntag (16.30 Uhr) vorstellen. Die ernsthafte Prüfung auf Alltagstauglichkeit bieten seit Jahren die sogenannten Fischtown Pinguins aus Bremerhaven an. In der Vorsaison dominierte die seit ihrem Aufstieg in die DEL unterschätzte Mannschaft die Punkterunde, erst in der Finalserie erwiesen sich die Eisbären als tiefer und qualitativ hochwertiger besetzt. In der neuen Saison machen die Pinguins auch nach einem Trainer- und Manager-Wechsel einfach so weiter.

Die Nürnberg Ice Tigers werden vorgeführt, anders kann man das nicht sagen

In der Arena legten die Gäste von der Nordseeküste all jene Schwächen offen, die ob des Nürnberger Offensivspektakels zuletzt noch nonchalant weggelächelt worden waren. Anders als zuletzt die DEG aber nutzte das Kollektiv aus Slowenen, Nordamerikanern, Skandinaviern und sehr wenigen Deutschen so lange jeden Fehler mit einer Gnadenlosigkeit aus, dass die Ice Tigers mit jedem weiteren Gegentor ihr stolz erarbeitetes Selbstbewusstsein einbüßten. Beim 0:9 (0:2, 0:3, 0:4) wurden sie vorgeführt - anders kann man das nicht formulieren.

Die Gastgeber hatten zwar die erste aussichtsreiche Chance des Abends - Cole Maier verpasste nach einem feinen Pass von Samuel Dove-McFalls seinen fünften Treffer im dritten Spiel. Aber schon im Gegenzug verirrte sich der Puck an die blaue Linie, Anders Grönlund hatte viel Zeit für seinen Schlenzer und Markus Vikingstad viel Platz, um den Puck entscheidend abzulenken (5. Minute). Danach begann eine Phase, in der die Ice Tigers keinen entscheidenden Zweikampf mehr für sich entscheiden konnten. Und diese Phase dauerte lange. Nach einem Bully vor dem eigenen Tor begleiteten die Nürnberger ihre Gegenspieler, bis Grönlund frei zum Schuss kam. Diesmal traf der Schwede direkt (8.). Wie beim 0:1 auf dem Eis: die zuletzt so herausragende erste Sturmreihe der Ice Tigers.

Fischtown dominant: wie eine Jugend- gegen eine Männermannschaft

In Köln war die Mannschaft von Mitch O‘Keefe auch zurückgelegen, ebenso in Mannheim - immer wieder kam sie zurück. Doch die Pinguins boten den Ice Tigers nichts an, ganz im Gegenteil. Die Gäste dominierten auch das zweite Drittel, läuferisch, körperlich und spielerisch. Gegen Ende des Spielabschnitts versuchte Evan Barratt ein Zeichen zu setzen. Vladimir Eminger nahm die Einladung zum Faustkampf sogar an, hielt sich aber zurück und schickte den US-Amerikaner dennoch aufs Eis. Es passte zu diesem Abend, vor allem hatten Dominik Uher (nach einem Puckverlust von Will Graber; 25.), Jan Urbas (27.) und Christian Wejse (nach einem Puckverlust von Roman Kechter; 35.) da bereits auf 0:5 erhöht. Es sah aus wie der ungleiche Kampf einer Jugend- gegen einer Männermannschaft. Nürnberg hatte jegliche Kontrolle verloren.

Und gewann sie auch nicht wieder. Ins Schlussdrittel starteten die Ice Tigers in doppelter Unterzahl, was Bremerhaven ohne größere Gegenwehr zu Power-Play-Treffern durch Miha Verlic (41.) und Philip Bruggisser (42.) nutzte. Matthew Abt legte mit einem Slapstick-Treffer nach (47.). Beim 0:9 setzte sich Max Görtz alleine gegen vier Nürnberger durch (51.). Einzig die Reaktion der Fans auf den doch noch folgenden Torhüterwechsel war nicht peinlich: Leon Hungerecker, an den meisten Gegentreffern chancenlos, wurde mit Sprechchören aufgebaut.

Nürnberg: Hungerecker; Weber/Headrick, Braun/Haiskanen, Karrer/Shaw, Böttner - Barratt/Graber/McKenna, Gerard/Maier/Dove-McFalls, Eham/Stoa/Ustorf, Heigl/Kechter/Alanov. - Tore: 0:1 Vikingstad (4:41), 0:2 Grönlund (7:43), 0:3 Uher (24:10), 0:4 Urbas (26:29), 0:5 Wejse (34:11), 0:6 Verlic (40:32/5-3), 0:7 Bruggisser (41:26/5-4), 0:8 Abt (46:19), 0:9 (50:04)- Schiedsrichter: MacFarlane/Hunnius. - Zuschauer: 4679. - Strafminuten: 15 - 15.

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