
31:31 gegen Füchse Berlin
Eine Sekunde vor Schluss! Der HCE erkämpft sich einen Punkt gegen den Tabellenführer
Ob er sich mit Blick auf den Spielplan Sorgen mache, wurde Niko Link in Potsdam gefragt. Durch den hart erkämpften Sieg gegen den Tabellenletzten der Handball-Bundesliga hatte der HC Erlangen den Anschluss im Abstiegskampf wieder hergestellt, allerdings: Es drohte ein kurzes Vergnügen zu sein in Anbetracht der Aufgaben, die da auf den Abwehrchef des HCE und seine Kollegen warteten. Die Füchse Berlin, der SC Magdeburg, die MT Melsungen - der April hat es in sich.
Völlig egal, antwortete Link sinngemäß, er mache sich keine Sorgen, sondern empfinde „reine Vorfreude“, denn: „Wir haben genug in den Sand gesetzt, für uns ist es jetzt egal, wer kommt, wir müssen kämpfen und beißen um jeden Punkt, es ist absoluter Existenzkampf für uns.“
Am Samstagabend kam zunächst einmal: der Tabellenführer, inklusive frisch gewähltem Welt-Handballer. Dass es gegen Mathias Gidsel und die anderen Füchse nicht einfach werden würde, war absehbar, aber um die Klasse zu halten, muss der HCE das in Potsdam gewonnenene Selbstvertrauen im April konservieren, um mutig in die direkten Duelle im Tabellenkeller zu gehen.
Beim 31:31 (16:14) gegen die Füchse Berlin zeigte die Mannschaft von Johannes Sellin eindrucksvoll, dass ihnen das mit dem Konservieren gelingen könnte. Gegen den großen Favoriten zeigte der HC Erlangen seine wahrscheinlich beste Saisonleistung, lag dabei zwischenzeitlich sogar mit vier Toren vorne und feierte den Punktgewinn am Ende dennoch zurecht wie einen Sieg.
Ohne die verletzten Tobias Wagner und Christoph Steinert erwischten die Gastgeber dabei nicht einmal einen guten Start. Gidsel brachte die Gäste zuerst auf die Anzeigetafel, der HCE spielte im Angriff fahrig, nach knapp sechs Minuten knickte auch noch Milos Kos böse um und kam nicht mehr zurück. Als die Schiedsrichter dann auch noch den für Kos eingewechselten Marek Nissen etwas übermotiviert für zwei Minuten vom Feld schickten, schien sich ein komplizierter Abend anzudeuten aus Erlanger Sicht. Welch ein Irrtum.
Die Füchse Berlin agieren sorglos und motivieren den HCE zu seiner aufregendsten Viertelstunde der Saison
Nach zehn Minuten stand es 4:4, nach elf Minuten sogar 6:5 für Erlangen, weil die Berliner nach kräftezehrenden Wochen in Bundesliga und Champions League etwas sorglos agierten und so den HCE zu seiner aufregendsten Viertelstunde der bisherigen Saison motivierten. Kurz vor der Halbzeitpause standen alle in der Arena Nürnberger Versicherung. Weil Dario Quenstedt fantastische Paraden zeigte. Weil die Erlanger im Angriff die ganze Breite des Feldes und des Aufgebots nutzten. Weil die Schiedsrichter gleich mehrere zweifelhafte Entscheidungen aneinanderreihten. Und weil der HCE zwar einen zwischenzeitlichen Vorsprung von vier Toren wieder hergeben musste (18,/11:7), zur Pause aber trotzdem mit 16:14 führte.
Tatsächlich also: kämpfen und beißen - egal gegen wen. Und natürlich aber die bange Frage: Würde das nach dem Seitenwechsel so weitergehen?
Zunächst ja. Hampus Olsson erhöhte auf 18:15, zählte dann allerdings nach Kos und Metzner bald zu denen, die hinter der Ersatzbank behandelt werden mussten. Nach 36 Minuten glichen die Füchse aus und griff Sellin zu einer Auszeit, um seine Spieler wieder neu zu justieren. Das half, den Lauf der Gäste zu stoppen.
Hin und her ging es nun vor 7088 Zuschauerinnen und Zuschauern, immer wieder legte der HCE vor und glich Berlin aus. Mit in dieser Spielzeit bisher ungekannter Kreativität wurden die Außen, Nissen und vor allem der starke Maciej Gebala in Szene gesetzt, auf der anderen Seite brauchte es schon Gidsels ganze Geschmeidigkeit als Vollstrecker und Spielmacher, um dagegenzuhalten.
Teil-Sensation perfekt! Marek Nissen trifft mit dem Mut der Verzweiflung
Sechs Minuten vor dem Ende mochte erneut niemand mehr sitzen in der Arena, beim Stand von 29:29 lag eine Sensation in der Luft. Per Siebenmeter warf Nils Lichtlein das Team aus der Hauptstadt in Führung, wieder quittierte das spätestens jetzt schwer emotionalisierte Publikum zweifelhafte Entscheidungen der Unparteiischen mit lauten Pfiffen. Viggó Kristjansson scheiterte vom Siebenmeterstrich, 100 Sekunden vor Schluss ließ Sander Overjordet die Halle explodieren und traf zum 30:30. Erneut gingen die Füchse per Siebenmeter in Führung, noch einmal warf der HCE alles rein.
Als die Schlusssirene ertönte, hatte Erlangen tatsächlich einen Punkt gewonnen und war die Teil-Sensation perfekt. Mit dem Mut der Verzweiflung schleuderte Nissen noch einen letzten Wurf Richtung Berliner Tor und weil Lasse Ludwig den Ball nicht festhalten konnte, hüpfte dieser genau eine Sekunde vor Schluss über die Linie.
Der HC Erlangen muss, das stand bereits vorher fest, weiter kämpfen und beißen. Allerdings haben sie sich nun nach dem Unentschieden gegen Hannover ein weiteres Mal bewiesen, dass sie auch gegen die besten Mannschaften der Liga mithalten können. Sie dürfen auch die nächsten Aufgaben mit „reiner Vorfreude“ angehen.
Erlangen: Quenstedt, Zecher; Gebala 6, Kristjánsson 5, Nissen 4, Olsson 3, Bezjak 3, Overjordet 3, Bissel 3, Scheerer 1, Gömmel 1, Kos 1, Bialowas 1, Link, Büdel, Metzner.
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