
26:23 im Abstiegskampf
Achtsam beim Alternativlos-Sieg: Der HC Erlangen verteidigt sich in Potsdam erfolgreich
Für den HC Erlangen geht es darum, seine Erstliga-Zugehörigkeit im letzten Saisondrittel zu verteidigen. Beim 26:23 (12:10) gegen den VfL Potsdam gelingt den fränkischen Abstiegskämpfern die Selbstverteidigung beim ersten Auswärtssieg seit über 15 Monaten schon mal recht gut. Kann sich der Vorletzte im ersten Durchgang auf den treffsicheren Viggó Kristjánsson und eine starke Abwehr verlassen, sichern nach der Pause mehr Faktoren den Erlanger Maximalerfolg beim Schlusslicht. Die HCE-Gegenwart und Zukunft des Noch-Siebzehnten wirken seit Samstagabend nicht mehr ganz so düster entsprechend.
Die Abstiegsgefahr in Handballfranken war vor der Auseinandersetzung mit dem Achtzehnten spürbar gewesen. Anmerken ließ sich der HCE das zu Beginn des ersten Spielabschnitts vor dem eigenen Gehäuse nicht. Vor dem Brandenburger Tor folgte der Nachweis für Erlangens Nervenschwäche hingegen rasch. Nachdem die Abwehr um Maciej Gebala, den zu Wochenbeginn noch ein Infekt geplagt hatte, den Ball erobert hatte, scheiterte Kristjánsson mit einem völlig freien Wurf an VfL-Keeper Tomovski, der den Ball mit der linken Hand wegwischte. Die HCE-Führung war jedoch nur aufgeschoben: Nachdem Dario Quenstedt auf der Gegenseite ebenfalls erstmals pariert hatte, beförderte Kristjánsson, der die Hälfte aller Gäste-Treffer im ersten Durchgang markieren sollte, den Ball per Aufsetzer unters Tordach.
Der Abstiegskampf war für beide Seiten in der direkten Auseinandersetzung strapaziös, die Abwehrarbeit bestimmte die Verabredung in Brandenburg hüben wie drüben. Dass der HCE in den ersten 20 Minuten in der Defensive hervorragend arbeitete, war sein Trumpf. Bald nicht mehr verteidigen und angreifen durfte von der siebten Minute an allerdings Marek Nissen. Erlangens Rückraumlinker hatte Max Günther im Sportpark am Luftschiffhafen resolut aus dem überdachten Himmel geholt. Der Potsdamer war hart mit dem Rücken und dem Kopf auf dem Hallenboden aufgeschlagen. Und Nissen nach Videobeweisurteil kurz darauf mit Rot vom Feld.
Kristjánssons Klasse und Erlangens Abwehrkräfte, im Anschluss an einen guten Rückzug gestatteten die Franken dem VfL im Positionsangriff kaum etwas, sollten für das Team von Chefcoach Sellin auch im Anschluss wertvoll werden. Der dritte Treffer von Kristjánsson, gleichbedeutend mit dem 5:2 in der zwölften Minute, brachte Erlangen in einer torarmen Partie auf Kurs. Gegen die Qualität des Winterzugangs, der mit seiner Spielintelligenz, Präsenz und Abschlussstärke auftrumpfte, fand Potsdam kein Mittel. Vorne fanden die Brandenburger gegen konsequent und aufmerksam verteidigende Gäste nicht den Weg zum Tor. Auf einen für die bis dahin von Erlangen laufstark verhinderten Gegenstöße wesentlichen Akteur verzichten musste der VfL bald darauf überdies: David Cyrill Akakpo, der rüde und rücksichtslos in den nach vorne strebenden Nikolai Link hineingerauscht war, bekam nach langem Studium der Bewegt-und-Standbilder ebenfalls den tiefroten Karton vorgehalten.
Obwohl Martin Tomovski in der Gastgeber-Kiste dem HCE mit zahlreichen Paraden fortan einige Torerfolge vorenthielt, konnten sich die Erlanger nach und nach jetzt absetzen. Verantwortlich dafür: Dauertorschütze Kristjánsson und Gebala, der nach zweimaliger Weiterleitung des Spielgeräts unter Bedrängnis am Ende einer gekonnten Ballzirkulation auf 8:3 stellte (18.). Auf der anderen Seite der Platte zwang der HCE die Potsdamerebenso rigoros wie geschickt ins Zeitspiel oder dem VfL Stürmerfouls auf. Antonio Metzner, der Kristjánsson im rechten Rückraum eine Pause ermöglichte, gab den Hausherren die nächste unlösbare Aufgabe auf: Nach Diagonalanlauf pfefferte „Toni“ den Ball in den linken Winkel und recycelte damit Erlangens Fünf-Tore-Vorsprung.
Eine Vorentscheidung verpasste der HCE in den letzten zehn Minuten der ersten Hälfte im Anschluss im Abschluss. Kos und der bereits gegen Gummersbach unglücklich agierende Bissel scheiterten am Nerv-Keeper der Hausherren ebenso wie Olsson, der Schwede verzweifelte überdies am linken Lattenkreuz. Potsdam, das im letzten Heimspiel den ersten Saisonsieg gegen Stuttgart geschafft hatte, robbte sich wieder heran. Möglich war das, weil Erlangen zu viele Großchancen liegen ließ und auch darüber hinaus im Passspiel zu ungenau und kompliziert agierte. Über Maxim Orlov, der nun aufdrehte und per Siebenmeter den letzten Treffer des ersten Durchgangs erzielte, kam der VfL bedrohlich nahe. Zur Pause war Potsdam nur zwei Tore hinten.
Kompliziert sollte es auch im zweiten Durchgang aus Erlanger Sicht eine veritable Zeitlang bleiben: Der nächste verwandelte Orlov-Siebenmeter ermöglichte dem VfL nach Wiederbeginn den Anschluss zum 11:12. Nachdem ein Kos-Aufsetzer unter Bedrängnis hoch am Brandenburger Tor vorbeigesaust war und Bissel bei einem Durchbruch viel Tempo mit wenig Präzision gepaart hatte, hieß es bald darauf 12:12. Der Treffer von Tim Gömmel, der den HCE rasch wieder ins Vordertreffen setzte, war nach dem Ausgleich um so wichtiger. Weil nicht nur Tomovski, sondern im Keeper-Duell auch Quenstedt zusehends häufiger nun parierte, blieb Erlangen auch in der Folge vorne.
Kristjánsson traf weiter, mit isländischer Zielgenauigkeit auch vom Siebenmeterstrich. Metzner stellte überlegt und präzise auf 16:13, scheiterte kurz darauf aber an Tomovski. Weil der HCE nicht wegkam und Orlov, in der kommenden Saison in Hannover tätig, beständig traf, wurde die Partie vor 2075 Zuschauern ein rot-blauer Ritt auf der Rasierklinge. Nach einer Quenstedt-Parade und einem Gömmel-Treffer, der das 20:18 bedeutete, jubelten die mitgereisten HCE-Fans mit Erlangens Rechtsaußen um die Ecke. Das von Christopher Bissel erzielte 21:18 ließ Erlangen im Abstiegskampf weiter durchschnaufen.
Die Franken ließen jetzt keine Luft mehr jetzt an den elementar wichtigen Sieg. Quenstedt, der sich einem zweitstelligen Paradenwert rapide annäherte und Marko Bezjak, der seine Erfahrung in eiskalte Tore ummünzte, hielten den HCE-Vorsprung stabil. Als Link den Ball erhechtet und nicht mehr losgelassen hatte und Metzner und Gömmel weitere Mal getroffen hatten, schrien sich die Torschützen und die Anhänger der Gäste den Saisonfrust beim da bereits feststehenden Auswärtserfolg von der Seele. Quenstedt mit einer schönen Parade und Metzner mit einem schönen Tor hatten beim verdienten HCE-Sieg das letzte Wort. Vorbei war es damit noch nicht: Die Erlangen-Erlangen-Rufe der Fans sollten noch lange nach Spielende und der erfolgreichen Selbstverteidigung im Abstiegskampf durch die Arena am Luftschiffhafen hallen.
HC Erlangen: Quenstedt, Zecher; Kristjánsson 8, Metzner 5, Gebala 3, Bezjak 3, Gömmel 3, Kos 2, Bissel 1, Olsson 1, Wagner, Scheerer, Øverjordet, Nissen, Büdel, Link.
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