Herzstillstand des Dänen Eriksen

Club-Arzt Krutsch: Sind die Fußballvereine gewappnet?

Martin Schano

Fürther Nachrichten

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18.6.2021, 15:56 Uhr
Club-Arzt Krutsch: Sind die Fußballvereine gewappnet?

© Foto: AFP/Hannah McKay/Pool

Erleichterung macht sich breit nach dem Zusammenbruch des dänischen Fußballnationalspielers Christian Eriksen (29). Sein Selfie aus dem Krankenhaus verbreitete sich genauso schnell wie Tage zuvor die Bilder aus dem Stadion.


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Bisher weiß man nur, dass er einen Herzstillstand erlitten hatte, Kardiologen untersuchen weiterhin die Ursache. Die schnelle Hilfe, die ihm zuteil wurde, war wohl entscheidend für seine Lebensrettung, glaubt Professor Dr. Werner Krutsch, Verbandsarzt des BFV.

Herr Krutsch, ein Spieler bricht auf dem Platz zusammen – was schießt Ihnen als erstes durch den Kopf, was die Ursache sein könnte?

Als Mediziner denkt man nicht sofort an die Ursache, sondern ans sofortige Handeln: Sind Atmung und Herzschlag vorhanden, ist der Spieler bei Bewusstsein? Ich habe den Fall Eriksen genau verfolgt. Der dänische Mannschaftsarzt hat berichtet: Kurz nach dem Zusammenbruch war der Puls noch da, erst kurz darauf musste er mit der Reanimation beginnen.

Club-Arzt Krutsch: Sind die Fußballvereine gewappnet?

© Foto: privat

Oft gibt es solche Vorfälle im Profifußball nicht. Und auf den Sportplätzen der Amateure?

Als BFV-Verbandsarzt sammle ich solche Informationen: Jedes Jahr fallen auf bayerischen Plätzen Personen um. Die Ursachen sind unterschiedlich: Übermüdung, Dehydrierung, aber auch mal Herzstillstand. Es sind Gott sei Dank nur vereinzelte Fälle, die einen schlimmen Ausgang haben.

Erste Bürgerpflicht bei einem Umfaller

Sehen Sie Ihre bayerischen Amateurfußballvereine auf solche Szenarien gut vorbereitet?

Ja, schon. Prinzipiell ist erste Bürgerpflicht bei einem Umfaller: hingehen und Erste Hilfe leisten. Das Wissen darüber ist weit verbreitet. Es gibt aber einen Haken: Bei einem Herzstillstand und Kammerflimmern ist entscheidend, dass ein Defibrillator eingesetzt wird. Und da gibt es noch große Lücken auf den bayerischen Plätzen. So ein Gerät ist nicht ganz billig und hat eine Haltbarkeitsdauer. Das ist eine absolute Kosten-Nutzen-Frage, die es in solchen Fällen gar nicht geben kann. Statistisch passiert es ja selten. Aber was, wenn was passiert?

Das Gerät kam auch bei Eriksen zum Einsatz.

Ja, es war seine Lebensrettung. Alles andere, das Drücken und Reanimieren, sorgt dafür, dass weiterer Blutfluss die Organe und das Gehirn versorgt. Der Defibrillator sorgt dafür, dass der Rhythmus wiederhergestellt wird.

Auch wenn bei vielen Fußballern die Führerscheinprüfung noch nicht lange her ist, ist das Wissen aus dem obligatorischen Erste-Hilfe-Kurs schnell vergessen, oder?

Wir haben nicht ausreichend Einblick, wie genau die Kenntnisse in der großen Breite vorhanden sind. Alle haben sicher davon schon gehört oder einen Kurs gemacht. Eine Auffrischung ist in jedem Fall wirklich zu empfehlen. Ob man einen Re-Fresher zu diesem Thema als Teil einer Trainerlizenz oder auf privatem Sektor macht, ist egal. Es geht immer um die einfachen Prinzipien und dass man sich im Falle des Falles auch traut, das zu tun. Schon Kinder können solche Kurse machen, das ist sicherlich nicht falsch.

Was darf in keinem Sportheim fehlen?

Der Wirt (lacht). Nein, als Mediziner sage ich: Wünschenswert wäre bei diesem Thema der Defibrillator. Und ein gut gefüllter Erste-Hilfe-Koffer wäre sehr gut, weil er viele Dinge enthält, die wichtig sind bei Verletzungen und Notfällen, die viel häufiger auftreten als Herzstillstand. Man sollte an die vielen kleineren Unfälle denken wie ein ausgeschlagener Zahn und Brüche.

Richtig regenerieren, richtig trainieren

Was fragen die Fußballer den Verbandsarzt des BFV?

Ich kriege zu allen möglichen Bereichen Fragen – von Trainern, Funktionären und Spielern. Am meisten geht es um Prävention von Verletzungen und auch die Behandlung von Knieverletzungen, weil es mein Forschungsschwerpunkt ist. Trainer fragen: Was können wir im Training tun, wie managt man die Regeneration?

Wie antworten Sie in der Regel?

Während der Pandemie habe ich bislang viel gemailt, besonders zum Thema Corona und Hygiene, da ich in der Task Force Sportmedizin von DFL und DFB zu diesem Thema bin. Bei Trainerfortbildungen halte ich da dann zum Beispiel Vorträge zu Notfällen, aber wir haben auch schon Erste-Hilfe-Kurse angeboten.

Am Dienstag waren Sie beim Länderspiel Deutschland gegen Frankreich – in welcher ihrer zahlreichen Funktionen?

Ich bin im Tross der Uefa und seit einem Jahr Hygiene-Officer der Länderspiele unserer A-Nationalmannschaft und der Standort der Arbeit ist das Stadion. Ich entwickle die Hygienekonzepte mit und schaue vor Ort nach dem Rechten.


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Wie halten Sie es als Club-Arzt denn mit dem Rivalen aus Fürth?

Als A-Jugendlicher aus dem Club-NLZ habe ich mit den Fürthern mal verhandelt, ich bin bei Herrn Hack im Büro in Vestenbergsgreuth gesessen. Es hat damals nicht geklappt, ich ging zum VfB Stuttgart. Als Mediziner stehe ich besonders mit den Mannschaftsärzten der Spielvereinigung seit Jahren in sehr engem Kontakt.

Der Erste-Hilfe-Koffer für Fußballer

Der Verbandsarzt des BFV empfiehlt: Diese Dinge dürfen nicht im Erste-Hilfe-Koffer fehlen.

Wundversorgung: Desinfektionsmittel, sterile Kompressen, (Klammer-)Pflaster, Verband
Gelenks- oder Muskelverletzungen: Eisspray/Eis, elastische Bandage
Protektion: Tape, Universal-Schiene (zum Schutz der Arme und Beine), Dreiecksbinde (zum Schutz der Schulter), Halskrause (zum Schutz des Halses)
Zahnverlust: Zahn-Rettungsbox
Infektionen: Thermometer
Muskulatur/Rücken: Wärmesalbe
Füße/Zehen: Blasenpflaster
Wetter: Sonnenschutz, Flüssigkeit zum Trinken, Rettungsdecke
Sonstiges: Schere, sterile Handschuhe, Notfallnummern

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