Bogenschießen
Bogenschießen ist gesund für Kopf und Rücken
17.3.2021, 10:50 UhrMan kann es allein oder zu zweit machen, gut für den Rücken ist es auch – eigentlich wäre Bogenschießen der ideale Sport im Lockdown. Es ist klar, dass Christine Cainelli das sagt, denn sie ist die quirlige Gründerin und Vorsitzende der Bogenschützen Fürth (BSF).
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Doch die Tatsache, dass trotz des Sportverbots keines der 160 Mitglieder gekündigt hat, gibt ihr Recht. 2020 seien auf einen Schlag sechs neue hinzugekommen, berichtet Cainelli. "Man hat gemerkt, dass die Leute verzweifelt auf der Suche nach einer Sportart waren, die noch erlaubt war. Andere Vereine hatten teilweise schon ganz zu."
Im April wollen sie wieder loslegen, wenn die Inzidenz es zulässt. Sie haben während der Zwangspause sogar ihr Schießfeld vergrößert am Bogenplatz am Europakanal: für den zu erwartenden Ansturm während des Ferienprogramms an Pfingsten und im Sommer. In den vergangenen Jahren blieben immer ein paar Kinder hängen, die Mitglied wurden.
Die Hürde für den Einstieg ist nicht allzu hoch: Der Verein stellt zunächst die Ausstattung. Wer ein auf seine Maße abgestimmtes Einsteiger-Set kaufen will, ist mit 100 Euro für Kinder schon dabei. "Es ist wichtig, dass die Eltern zu uns kommen, bevor sie irgendeinen Plastik-Krempel kaufen", rät Cainelli, die dann bestimmte Händler empfiehlt.
Größe spielt keine Rolle
Acht Jahre sei das ideale Einstiegsalter, der älteste Fürther Bogenschütze ist 85 und – vielleicht auch deshalb – elastisch wie eine Bogensehne. Körperlich müsse man keine bestimmten Voraussetzungen erfüllen: Die Größe spielt keine Rolle, eine Beeinträchtigung auch nicht, wie sieben Mitglieder mit Handicap beweisen. Ihnen gehe das Training derzeit am meisten ab, berichtet Cainelli. Sie rattert diese Fakten am Telefon herunter, als ob sie das schon hunderte Male aufgezählt hat.
Cainelli ist als Vorsitzende auch PR-Managerin der BSF. Sie kann hartnäckig sein, wenn es um ihren Verein geht – das hat der Sportredakteur dieser Zeitung schon erleben dürfen, als er den jährlichen Hinweis zum Schnupperschießen einmal nicht zeitnah abgedruckt hat. Aber sie hat eine liebenswerte Art, zäh zu sein.
Sie selbst hat aus einem ganz bestimmten Grund diese Sportart gewählt: 1989, als damalige Chefsekretärin des Klinikums Fürth, habe sie einen mentalen Ausgleich zur Arbeit gesucht – und im Bogenschießen gefunden. "Als Schreibtischtäter macht es einen stabilen Rücken. Und ich konnte immer gut abschalten. Wenn Sie vom Kopf her nicht abschalten, dann wird das nix." Wobei sie unterscheidet: Man könne natürlich auch locker vor sich hinschießen. Aber um "ins Gold" zu treffen, "muss der Kopf frei sein".
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Anfängern stelle man die Scheibe deshalb auch nur in zehn Metern Entfernung auf – fürs schnelle Erfolgserlebnis. Bei ihr wurde aus dem Enthusiasmus der Anfangszeit bald sportlicher Ehrgeiz, "das ist wie Fieber". Mittlerweile ist es wie bei vielen Ehrenamtlern: Mit wachsendem Engagement im Vereinsleben bleibt zu wenig Zeit für den Sport an sich. Früher habe sie an der Bayerischen Meisterschaft teilgenommen. Jetzt heiße es: "Je mehr Verantwortung desto weniger Zeit. Aber ich brauche das. Ob man sportlich vorne mitmischt, ist sekundär für mich."
Vereine in Feucht und Fürth gegründet
Schließlich ging es von Anfang an um eine Mission. Ihr Lebensgefährte Alfred Jöckel, ein erfolgreicher Schütze, gründete 1968 den Bogenschützen-Verein in Feucht, Cainelli war dort zehn Jahre lang Vorstandsmitglied und Turnierorganisatorin. 1999 gründeten die beiden den Verein in Fürth. Mit Boxdorf sind das die einzigen drei reinen Bogenschießvereine in Mittelfranken und keine Abteilungen von Schützenvereinen. "Wir sind freischaffende Künstler", nennt sie das im Scherz.
Als ihr Partner 2009 starb, wählten die Mitglieder sie zur Vorsitzenden. Als "Kind der Fürther Altstadt" war ihr das ein Anliegen, ihren Sport auch hier groß zu machen. "Man wächst da hinein, man möchte den Bogensport vorwärts bringen – und der ist jetzt sehr gefragt." In den 80er-Jahren sei Bogenschießen "noch nicht so in" gewesen, erinnert sie sich.
Sie lebt in Oberfürberg, wo auch der Verein seit 2012 nach dem Umzug von der Paul-Keller-Straße an den Kanal bleiben durfte. "Das war damals schwierig, ein neues Gelände zu finden. Aber mit Unterstützung der Stadt und der Bauern hat es geklappt." Zum Glück für die Eltern der vielen Kinder, die keine größere Distanz zu bewältigen hatten, sowie für Cainellis patriotisches Herz: "Es sollte ein Fürther Verein bleiben."
Und aufgrund der Individualsportart ein ganz besonderer dazu. Cainelli ringt nach Worten, um das BSF-Gefühl zu beschreiben: "Wir haben ein Vereinsleben und doch kein Vereinsleben. Es ist eng und doch nicht eng." In einem weiteren Anlauf erklärt sie es so: "Zu uns kommen auch Menschen, die sagen: ,Ich wollte nie in einen Verein.’ Trotzdem sind alle eins, wenn es drauf ankommt." Und das sicher auch wegen Christine Cainellis Hartnäckigkeit.
Wenn es die Inzidenz zulässt, soll am 7. April, 16 bis 18 Uhr, das erste Training der Sportler und das erste Schnuppertraining für Interessierte steigen. Ort: Am Europakanal 75. Von da an immer mittwochs, Tagesversicherung und Material: fünf (Kinder) und zehn Euro (Erwachsene).
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