Viel Arbeit steckt in jedem Hummelkostüm: Bianca Hindel schneidert die Leinenjacken mit ihren typischen Stoffflecken und Glöckchen, Wolfgang Riehl schnitzt die schweren Holzmasken.
© Selina Yildiz
Viel Arbeit steckt in jedem Hummelkostüm: Bianca Hindel schneidert die Leinenjacken mit ihren typischen Stoffflecken und Glöckchen, Wolfgang Riehl schnitzt die schweren Holzmasken.

Faschingsumzug am Sonntag

Hummel, hau hie! So viel Arbeit steckt hinter dem Hummelremmidemmi in Pleinfeld

Ein grauer Leinensack liegt auf dem Tisch. Er ist betupft mit bunten Stoffflecken, Glöckchen und einem roten Männchen an der Rückseite. Tritt man näher heran, erkennt man: Es ist kein Sack, sondern eine Leinenjacke.

Sie ist erst vor Kurzem genäht worden und nun bereit für ihren großen Auftritt am Sonntag, 16. Februar. Ab 14 Uhr wird beim Hummelremmidemmi, dem Brauchtumsumzug in Pleinfeld, der ganze Ort wieder auf den Kopf gestellt. Doch woher kommt die "Hummel" eigentlich? Wie viel Arbeit steckt in so einem Brauchtumsverein? Und wie läuft‘s so mit dem Nachwuchs?

Der Verein Pleinfelder Hummel wurde 2003 gegründet, ist also noch relativ jung. Die Hummel als Figur geht allerdings bis ins 18. Jahrhundert zurück, als ein paar Pleinfelder des Frühjahrs in groben Säcken und hölzernen Masken mit Rutenpeitschen durch das Dorf liefen, um den Winter zu vertreiben. Wie viele andere Faschingsbräuche hat auch dieser seine Wurzeln vermutlich in vorchristlichen Fruchtbarkeits- und Naturritualen, die den Übergang von Winter zu Frühling markierten.

Der Hörnerbock und die Hummel mit dem dunklen Gesicht

Die Leinenjacke mit den bunten Stoffflecken und Glöckchen gehört fest zur Hummel-Kostümierung, erzählen Schneiderin Bianca Hindel, der ehemalige und langjährige Vorstand Hans Koller und der Schnitzbeauftragte Wolfgang Riehl. Am auffälligsten sind die Masken, "Figuren" genannt, von denen es in Pleinfeld zwei gibt: den Hörnerbock, der einem Teufel ähnelt, und die klassische Hummel, deren dunkle Gesichter mit roten oder gelben buschigen Augenbrauen versehen werden. Besonders freundlich wirkt keine der drei . . .

Wolfgang Riehl ist seit vielen Jahren im Verein aktiv und schnitzt die Masken für alle, die eine bestellen. Sie sind schwerer, werden aus Linden- oder Eschenholz gefertigt und innen ist ein Gestell befestigt, das das Tragen einer Brille hinter den Gucklöchern ermöglicht. Etwa sechs bis acht Stunden sitzt Wolfgang Riehl an einer Maske. "Jede wird ein bisschen anders, aber ich schnitze nach der Facette meines Vorgängers", erzählt er.

Hummel, hau hie: So lautet der Faschingsruf für den Brauchtumsverein der Pleinfelder Hummel.

Hummel, hau hie: So lautet der Faschingsruf für den Brauchtumsverein der Pleinfelder Hummel. © WT-Archiv

Bianca Hindel hat erst kürzlich zwei Masken bei ihm bestellt, ihre Söhne seien jetzt bereit für eigene. Im Verein ist sie erst seit einem Jahr, doch sie wurde bereits nach kurzer Zeit zur Näherin von Hummelanzügen auserkoren. Der Verein kauft regelmäßig große Rollen Sackleinen, 100 Meter reichen für etwa 40 Anzüge. Kinder, die noch wachsen würden, leihen ihre Anzüge meist.

Der Brauchtumsverein wächst stetig

Ja, die Hummel wachsen: In den letzten Jahren kamen jährlich acht bis zehn Mitglieder hinzu, die müssen erst einmal versorgt werden. Ein Hummelanzug braucht zehn bis zwölf Stunden, schätzt Bianca Hindel. Ihre bunten Tupfen sind besonders unterschiedlich: "Das sind meine Stoffreste, eigentlich mein Abfall von den Kinderklamotten, die ich nähe", erzählt sie.

Zum Hummelkostüm gehört auch eine Peitsche, aber der Umgang mit ihr hat sich verändert. In den 70er-Jahren sind die Hummel den Kindern mit Peitsche hinterhergerannt und haben sie ihnen über die Füße gezogen. Heute gibt es das nicht mehr: "Aweng erschrecken, aweng streicheln, aber keiner wird geschlagen", sagt Wolfgang Riehl bestimmt.

In Zeiten, in denen viele Vereine schrumpfen, ist es interessant, dass gerade ein so traditioneller Brauchtumsverein seit Jahren wächst. Jedes Jahr kommen neue Mitglieder hinzu, darunter viele junge.

"Weil sich einfach was rührt!"

Der Verein blickt alles andere als betrübt in seine Zukunft: "Unser Hummelremmidemmi ist natürlich die beste Werbung", sagt Hans Koller stolz. Warum heißt der große Umzug zur Faschingszeit eigentlich Remmidemmi? Alle überlegen. Dann sagt Koller: "Na, weil sich einfach was rührt!".

Und wie sich da was rührt in Pleinfeld. In den vergangenen Jahren waren immer um die 10 000 Zuschauer beim Remmidemmi, ein riesiges Hallo, 50 bis 60 Fußgruppen aus zahlreichen Orten, besonders aus dem Schwäbischen. Dorthin pflegt der Verein gute Kontakte und fährt regelmäßig auf Umzüge in die Stuttgarter Richtung. Dafür kommen Gruppen wie die Ellwanger Hexenzunft regelmäßig nach Pleinfeld.

"Wer einmal kommt, kommt immer wieder", sagt Hans Koller stolz. Am Tag des Remmidemmis sperrt die Feuerwehr den Ort ab, Polizei ist aber kaum unterwegs. Das liege auch daran, dass in Pleinfeld nur Fußgruppen unterwegs sind, keine Kutschen oder Wagen. Falls doch einmal etwas passiert, tragen alle Maskierten gut erkennbar eine Nummer auf ihrem Anzug, unter der ihre Personendaten hinterlegt sind.

"Ob Jung oder Alt, wir sind eine Familie"

Abseits davon beschränkt sich der Verein schon lange nicht mehr nur auf den Fasching: Regelmäßige Stammtische, ein Sommerfest, organisierte Fahrten in die irische Partnerstadt Killarney, Wanderungen, Spalier stehen, wenn die Jungen heiraten – das Vereinsjahr der Hummel ist rege durchzogen von allerlei Unternehmungen.

Der Verein bringt Ur-Pleinfelder mit Zugezogenen, Faschingsfans mit Brauchtumsbewunderern und manchmal gar Faschingsmuffeln (auch in Pleinfeld soll es die geben) zueinander – und leistet damit wichtige Arbeit. "Ob Jung oder Alt, wir sind wie eine Familie. Wenn du neu kommst, wirst du aufgenommen, als wärst du schon immer dabei. Jeder ist willkommen, jeder wird akzeptiert", sagt Wolfgang Riehl, und Bianca Hindel und Hans Koller nicken bekräftigend.

Das Pleinfelder Hummelremmidemmi am Sonntag, 16. Februar, ab 14 Uhr, im Ortskern statt. Die Hummelparty steigt am Samstag, 22. Februar, ab 19 Uhr im Pfarrheim.

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