Nach 15 Jahren als Coach
Die Ära Stephan Harlander geht bei den VfL-Baskets Treuchtlingen zu Ende
28.1.2023, 06:54 UhrGrund für diese Entscheidung ist vor allem die Tatsache, „dass mein Input bei der Mannschaft weniger Gehör findet“, wie Harlander sagt. Und weiter: „Ich glaube, es ist wichtig, dass hier künftig neue Impulse kommen.“ Als wichtiger Faktor kommt für ihn auch hinzu: „Alles hat im Leben seine Zeit.“ Harlander ist ein Verfechter dieses Mottos, und in den vergangenen Wochen sind in ihm mehr und mehr die Erkenntnis und das Gefühl gereift, dass für ihn die Zeit als Trainer beim VfL nach der Saison 2022/2023 ablaufen sollte.
Nach den Play-downs ist Schluss
Die anstehenden acht Spiele der Play-downs (Abstiegsrunde) in der 1. Regionalliga Südost werden noch unter der Regie des 54 Jahre alten Nürnbergers laufen. Anfang April ist dann aber Schluss. Mit der Entscheidung neigt sich eine Ära und Erfolgsgeschichte dem Ende entgegen, die im Sport ihresgleichen sucht. 15 Jahre lang hat Stephan Harlander den VfL Treuchtlingen trainiert – als absoluter Basketball-Experte, der aus dem Profisport kam, und als Integrationsfigur, die stets das Konzept des VfL als Amateurverein mit enger, ja familiärer Bindung zwischen Spielern, Zuschauern und sportlicher Leitung verkörperte.
Diese außergewöhnliche Geschichte heben auch der aktuelle Spartenleiter (und Leistungsträger) Stefan Schmoll sowie dessen Stellvertreter Josef Ferschl hervor. „Wir sollten alle mal reflektieren, was wir in der Zeit unter Harli alles erreicht und erlebt haben. Es ist eigentlich Wahnsinn, was alles geleistet wurde“, betont Schmoll. Seinen langjährigen Coach bezeichnet er als „großes Puzzleteil“ in der Entwicklung beim VfL. Klar habe der Coach auch von den Spielern profitiert. Harlander sei es aber stets gelungen, die Spieler richtig einzusetzen und zu integrieren. Zudem sei er stets für die Philosophie und das Zusammengehörigkeitsgefühl des VfL gestanden.
Ziel: Positiver Abschluss
In den kommenden Wochen, so Schmoll, gehe es in den Play-downs auch darum, der Amtszeit von Stephan Harlander ein „gebührendes Ende“ zu bereiten. So sieht das auch Josef Ferschl: „Wir wollen diese Saison gemeinsam noch äußerst erfolgreich zu Ende bringen, noch einmal alles geben und diese Erfolgsgeschichte mit einem positiven Ergebnis abschließen“, sagt Harlanders langjähriger Weggefährte.
Ferschl spricht von „äußerst erfolgreichen Jahren mit vielen Highlights“. Schon in der ersten Saison 2008/2009 führte Harlander die VfL-Baskets von der Bayernliga in die 2. Regionalliga. Ein Jahr später folgte der Durchmarsch in die 1. Regionalliga. Die Treuchtlinger nutzten damals als Tabellendritter die Chance nachzurücken. Ein richtiger Schritt, wie sich schnell zeigen sollte. Anfangs kämpfte der VfL zwar vorwiegend um den Klassenerhalt. Doch mehr und mehr kam das Potenzial zum Tragen, die Altmühlstädter entwickelten sich als Amateure zu einer festen Größe in der semi-professionellen 1. Regio und avancierten phasenweise sogar zu einem Spitzenteam.
„Große Fußstapfen“
Stephan Harlander hatte daran zweifelsohne riesigen Anteil. Das würde er selbst nie so sagen, weil es für ihn nie um Einzelne geht, sondern immer um das Gesamte. Insofern ist es wohl besser, die Ära Stephan Harlander von Josef Ferschl auf den Punkt bringen zu lassen: „Er hat uns als Trainer zu dem gemacht, was wir jetzt sind und wo wir jetzt stehen. Harli hinterlässt auf jeden Fall große Fußstapfen.“
Was Ferschl ebenfalls herausstellt, ist die Tatsache, „dass wir in einem sehr guten Miteinander auseinandergehen“. Für Harlanders Schritt zeigten beide Abteilungsleiter Verständnis. Durch diese Akzeptanz und letztlich auch durch die frühe Entscheidung haben die VfL-Baskets nun eine Planungsgrundlage für die kommende Saison. Die Nachfolgersuche werden die Treuchtlinger in Ruhe angehen, auch Harlander wird eingebunden sein. Ihm ist es wichtig, dass es bei „seinem“ VfL gut weiterläuft.
Der 54-Jährige selbst will erst einmal pausieren. Ein Jahr ist dabei für ihn fix. Es kann auch sein, dass er ganz mit dem Basketball aufhört, wie er im Gespräch mit unserer Zeitung erklärte. Ein gewisse Basketball-Müdigkeit ist herauszuhören, wenn Harlander erzählt, dass er seit 42 Jahren in seiner geliebten Sportart aktiv ist. Als Mathematiklehrer hat er da auch etwas genauer nachgerechnet: Etwa 950 Partien waren es als Spieler, 2100 Spiele als Trainer, und bei den Trainingseinheiten dürfte er auf rund 8500 kommen.
Spuren hat auch die Corona-Zeit hinterlassen. Aus „ethischer Haltung“ heraus fand es Harlander richtig, eine längere Pause einzulegen, um Ansteckungen zu vermeiden. Oder auch mal ein Spiel in Zeiten von hohen Inzidenzen abzusagen, wie vorige Saison in Schwabing. „Vielleicht habe ich die Mannschaft damals nicht professionell eingefangen“, sagt Harlander rückblickend. Im letzten Sommer habe man sich dann vorgenommen, ganz vorne mitzuspielen. „Das haben wir nicht geschafft, und als Trainer trage ich dafür die Verantwortung“, äußert sich der VfL-Langzeit-Coach selbstkritisch.
„Wow, ist das super hier“
Für ihn (wie auch für Schmoll und Ferschl) ist es aber wichtig, nicht nur das Ende, sondern vor allem die gesamte Zeit beim VfL im Blick zu haben. Und da kann Harlander nur eine Feststellung aus seiner Anfangszeit wiederholen: „Wow, ist das super hier“, hat er schon früh erkannt. Er habe schon in der ersten Saison gemerkt, „dass ein Haufen motivierter Spieler hier ist“. Und das hat sich eindrucksvoll fortgesetzt.
Nun, Anfang 2023, sieht er aber den Zeitpunkt gekommen, sich als VfL-Trainer zurückzuziehen. Er gehe natürlich mit einem weinenden Auge nach all den Jahren. Er gehe aber auch mit einem fröhlichen Auge aufgrund all dessen, was in den eineinhalb Jahrzehnten „Außergewöhnliches gewachsen ist“. Treuchtlingen will und wird Harlander weiter eng verbunden bleiben. Zum einen als Lehrer an der Senefelder-Schule, zum anderen als Zuschauer. „So gut es geht, will ich mir jedes Spiel anschauen“ – auch deshalb, weil seine sechsjährigen Zwillings-Buben so gerne beim VfL-Basketball dabei sind.
Neben der Nachfolger-Frage ist wie gesagt auch offen, ob Stephan Harlander überhaupt wieder ein Engagement im Basketball annimmt. Da muss sich erst mal einiges setzen, und für den Coach gibt es dabei auch eine entscheidende Frage: „Ich weiß nicht, ob ich je wieder so viel Herzblut herbringen kann wie für das VfL-Projekt.“ Dieser Satz sagt eigentlich alles über eine außergewöhnliche Geschichte im Sport.
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