Tuchmann Ausstellung
Wer kennt diesen Mann aus Schwabach? Jüdisches Museum Franken bittet um Hilfe
7.3.2024, 11:00 UhrWer kennt diesen Mann? Im Jüdischen Museum Franken in Schwabach ist derzeit die Ausstellung "Tuchmann verschwindet – Leben und Schicksal eines Schwabacher Fabrikanten" zu sehen. Es werden bisher unbekannte O-Töne zu Walter Tuchmanns Leben im Exil sowie noch nie gezeigte Fotografien, persönliche Dokumente und Objekte aus dem Drei-S-Werk gezeigt. Nicht alle Bildmotive konnten bis ins Detail ausgeforscht werden. So bittet das Museum zu einem spannenden Foto um die Mithilfe der Schwabacher Bürgerinnen und Bürger.
Die beinahe 100 Jahre alte Fotografie wurde um das Jahr 1930 herum in Schwabach vor dem Drei-S-Werk aufgenommen, so das Museum in einer Pressemitteilung. Sie zeigt einen Mann mit gut frisiertem, zurückgekämmten Haar, mit einem adretten Schnurrbart in einem Sport-Outfit. Sein Blick geht an der Kamera vorbei, richtet sich in die Ferne. An was denkt er? Er wirkt ausgeglichen und zugleich nachdenklich, ernst. Er hat ein Ziel. Aber welches? Für was hat er trainiert? Ist er auf dem Weg zu einem Sportevent? Ist er Läufer? Turner? Was wir sonst noch über ihn wissen: Er trägt einen Ring an der rechten Hand - vermutlich war er verheiratet.
Unbekannter Sportler vor dem Schwabacher Drei-S-Werk
Ein weiteres interessantes Detail ist sein Trikot: Er trägt auf seiner Brust Werbung für das Drei-S-Werk: "Für Schallplatten nur Burchard- Fürsten und Klingsor-Nadeln. Allen voran!" ist hier zu lesen. Zudem sind zwei Firmensymbole auf dem Trikot angebracht und man sieht kleine Grammophonnadeln mit Gesichtern und Beinchen, die sich in einem Rennen befinden.
Insgesamt existieren vier Bilder, die unseren Sportsmann vor dem Drei-S-Werk in Schwabach zeigen. Eines davon wird in der Ausstellung präsentiert. Das Jüdische Museum Franken interessiert sich für die Geschichte dieses Mannes: War er ein Schwabacher? Vielleicht ein Arbeiter des Drei-S-Werks? Wurde er von Walter Tuchmann, dem Fabrikinhaber, gesponsert? Bisher ist weder etwas von ihm, noch von dem Sportevent bekannt. Und deshalb stellt das Museum die Frage: Wer kennt diesen Mann?
Über die Hintergründe zu dem Motiv lassen sich interessante Erkenntnisse auch auf das Leben und Wirken von Walter Tuchmann schließen. Dieser erfolgreiche jüdische Schwabacher Fabrikant wurde von den Nazis zur Flucht gezwungen, er starb 1942 im Exil in Mexiko. Das Jüdische Museum hat ihm eine Ausstellung gewidmet, auch um stellvertretend zu zeigen, wie die Nazis Juden verfolgten.
Erfolgreicher jüdischer Geschäftsmann aus Schwabach
Walter Tuchmann betrieb für das Drei-S-Werk und seine Produkte eine erfolgreiche und geschickte Werbestrategie. Sie war für den Verkauf der Grammophonnadeln wichtig, da diese nicht für den alltäglichen Gebrauch benötigt wurden, sondern ein Freizeitluxusgut darstellten. Zudem gab es mit den anderen Herstellern in Schwabach, Nürnberg und Iserlohn starke Konkurrenten, die ihre Nadeln ebenfalls intensiv bewarben.
Das Drei-S-Werk warb mit Reklamedrucksachen, wie Anzeigen, Plakaten, Broschüren und Katalogen, und stellte jährlich auf Messen aus. Tuchmann ließ seine Fabrik- und Warenzeichen markenrechtlich schützen. Er erkannte die Zeichen seiner Zeit, ließ Werbefilme produzieren und nutzte kreativ verschiedene Möglichkeiten zur Werbung, wie zum Beispiel die Rückfenster von Automobilen oder - wie auf der Fotografie zu sehen ist - das Trikot eines Sportlers. Letzteres ist besonders interessant, da es damals noch nicht allgemein üblich war wie heute, dass Sportler oder Sportvereine von Unternehmen gesponsert wurden und daher Werbung auf dem Trikot abgebildet wurde.
Die "bunte Welt der Werbung" ist Teil der Ausstellung "Tuchmann verschwindet - Leben und Schicksal eines Schwabacher Fabrikanten" des Jüdischen Museum Franken in Schwabach. Die Ausstellung ist noch bis in den September zu sehen. Sie endet mit einer Finissage am 8. September 2024 um 11 Uhr, in der ein Sammelband mit Ausstellungskatalog vorgestellt wird. Um 14 Uhr findet eine Kuratorin-Führung statt.
Wer auf dem Bild seinen Vorfahren, Verwandten, Großvater, Urgroßonkel, ehemaligen Nachbarn oder Kollegen erkennt, darf sich gerne an das Jüdische Museum Franken wenden. Kontakt: info@juedisches-museum.org
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