Nach dem Hochwasser
Vor den Trümmern der Existenz: Was das Kriseninterventionsteam der Schwabacher Johanniter erlebte
17.6.2024, 05:00 UhrDas Kriseninterventionsteam (KIT) der Schwabacher Johanniter war in Reichertshofen und Baar-Ebenhausen (beides Landkreis Pfaffenhofen) im Einsatz. Beide Ortschaften waren stark vom Hochwasser betroffen. Nun werden die Schäden gesichtet und die Aufräumarbeiten laufen. Gemeinsam mit Johanniter-Teams aus Bamberg, Schwandorf und Wasserburg waren die Schwabacher Einsatzkräfte in den betroffenen Ortsteilen unterwegs.
Dabei galt es zum einen zu erkunden, wo noch konkrete Hilfe nötig war: Ist inzwischen wieder Strom und Wasser verfügbar? Gibt es Menschen, die sich aufgrund ihres Alters nicht mehr selber weiterhelfen können? Fehlt es an Lebensnotwendigem - und haben diejenigen, deren Häuser nicht mehr bewohnbar sind, jetzt ein Dach über dem Kopf?
An vielen Haus- und Gartentüren konnten die Schwabacher Johanniter dabei erfahren, dass die Nachbarschafts- und Familienhilfe sehr gut funktioniert. Überall waren helfende Hände mit dem Aufräumen beschäftigt. Nachdem das Hochwasser zum Teil kniehoch über die Straßen floss, waren in fast allen Häusern der betroffenen Straßenzüge die Keller komplett vollgelaufen. Möbel und Elektrogeräte sind nur noch Schrott. Teilweise kippten Öltanks und liefen aus, aufgequollene Hackschnitzel hatten Kellerwände eingedrückt.
Vor manchen Häusern türmten sich Möbeltrümmer, Fernseher und Kühlschränke - alles, was sich in einem normalen Keller eben findet - und was nun ein Raub des Wassers geworden war. Die Häuser dahinter waren zum Teil nicht mehr bewohnbar, weil tragende Wände zerstört sind oder ein schwerer Ölgeruch in der Luft lag.
Mühe, die Flutkatastrophe in Pfaffenhofen zu begreifen
"Aus den zunächst eher technischen Nachfragen ergaben sich dann an vielen Stellen längere Gespräche", berichtet Pfarrer Stefan Merz, Leiter des Kriseninterventionsteams der Johanniter in Mittelfranken und als Einheitführer im Einsatz. "Menschen, die im Sinne des Wortes vor den Trümmern ihrer Existenz standen, weil ihre Häuser nicht mehr bewohnbar waren, hatten auch eine Woche nach dem Unglück noch Mühe zu begreifen und in Worte zu fassen, was diese Katastrophe für sie bedeuten wird."
Auch hierfür hatten die Johanniter Zeit und offene Ohren. "Es war schon surreal", beschreibt Pfarrer Merz die Situation weiter. "Die Sonne scheint, Menschen sitzen im Garten, essen Kuchen, trinken Bier und Limo - und du weißt: Die erholen sich bloß kurz, denn 20 Meter weiter türmen sich durchnässte Möbel, vom Wasser zerstörte Elektrogeräte, und aus dem Keller des Nachbarhauses wird immer noch Wasser abgepumpt, das aus zwei Schläuchen auf die Straße läuft."
An den Gartenzäunen hängen noch die Treibgutreste, aber vom Wasser ist nichts mehr zu sehen. Für ihre Gespräche sind die Einsatzkräfte des Johanniter-KIT speziell ausgebildet. Gemeinsam mit der Notfallseelsorge der Kirchen bilden sie die "Psychosoziale Notfallversorgung" (PSNV), die Menschen in seelischen Ausnahmesituationen zur Seite steht. Nach den Schnelleinsatzgruppen "Information und Kommunikation" sowie "Transport", die bereits am Katastrophenwochenende im Raum Augsburg und Günzburg im Einsatz waren, ist das KIT nun die dritte Einsatzeinheit der Schwabacher Johanniter, die im Hochwassereinsatz war.
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