Wohnungsbau

"Wildwuchs" in Hilpoltstein: Nötiger Wohnraum oder Ortsverschandelung?

Harald Rödel

Roth-Hilpoltsteiner Volkszeitung / Schwabacher Tagblatt

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5.1.2022, 10:46 Uhr
Beispiele für wohnbaulichen Wildwuchs finden sich am Sandsteig in Hilpoltstein. Wo einst ein altes Haus mit Garten stand, steht jetzt ein Gebäudekomplex mit null bis wenig Gartenanteil und mehreren Geschossen. 

© Tobias Tschapka, NN Beispiele für wohnbaulichen Wildwuchs finden sich am Sandsteig in Hilpoltstein. Wo einst ein altes Haus mit Garten stand, steht jetzt ein Gebäudekomplex mit null bis wenig Gartenanteil und mehreren Geschossen. 

In ihrem aktuellen Verlautbarungsorgan namens „Weitsicht“ fordern die Freien Wähler (FW) Hilpoltstein dazu auf, den „Wildwuchs beim Geschosswohnungsbau zu verhindern“. Es gebe viele Investoren, so Michael Greiner von der Hilpoltsteiner FW-Stadtratsfraktion, die alte Einfamilienhäuser mit großen Grundstücken aufkaufen würden, um diese abzureißen und mit „überdimensionierten Mehrfamilienhäusern mit vielen Stellplätzen“ zu bebauen.

Das Problem: Für die meisten dieser Grundstücke gebe es gar keine Bebauungspläne oder veraltete. Die Konsequenz aus dieser Methode: Statt natürlich gestalteter Gärten gibt es nur noch Steinwüsten und Miniatur-Gärten. „Darunter leidet die Lebensqualität der Menschen“, ist im „Weitblick“ zu lesen.

Nach Ansicht der FW „hören wir vom Bürgermeister, dass wir nichts dagegen machen können“. Die Bauvorhaben würden sich in den vorhandenen Baubestand einfügen und den Vorgaben der Bayerischen Bauordnung entsprechen, zitieren die Freien Wähler Bürgermeister Markus Mahl.

Mehr grundsätzliche Regeln?

Unsere Frage an Michael Greiner: Wie kann man diesen Wildwuchs in puncto Bauvorhaben eindämmen? Nach dem Vorbild der Stadt Beilngries sollte man einen einfachen Bebauungsplan über das Stadtgebiet legen, „der nur ein paar grundsätzliche Dinge regelt“, antwortet Greiner. Dazu zählt er unter anderem die Zahl der zulässigen Geschosse und die Grenzdefinition. Bis dato sei in dieser Hinsicht allerdings noch nichts passiert.

Vom Grundsatz her spreche nichts gegen eine Nachverdichtung in Wohngebieten, erklärt Bürgermeister Markus Mahl. Doch gegen Wildwuchs, wie zum Beispiel am Sandsteig, gebe es kaum eine Handhabe. Solange sich die Projekte in den Baubestand einfügen würden und auch die bayerische Bauordnung eingehalten werde, sei man nahezu machtlos.

Natürlich kann man Wildwuchs teilweise einen Riegel vorschieben. Wenn kein Bebauungsplan da sei, könnte die Stadt einen „darüberlegen“ und damit einiges anders regeln als in der jüngeren Vergangenheit. Doch dies sei eine „Herkules-Aufgabe“, betont der Hilpoltsteiner Rathaus-Chef, die unter Umständen Jahre in Anspruch nehmen könnte.

Derzeit werde an einem Bebauungsplan für einen Teil der Lohbachstraße (von der Johann-Friedrich-Straße bis zum Boxershop) gearbeitet. Auch dieses Unterfangen gestalte sich langwierig, berichtet er. Denn hier sei ein relativ großes Gelände abzudecken.

Ambivalente Sicht

Christoph Raithel sieht dieses Thema „ambivalent“. Nachverdichtung sei angesichts des zunehmenden „Siedlungsdruckes“ in der Burgstadt absolut notwendig, sagt der Sprecher der CSU-Fraktion im Hilpoltsteiner Stadtrat. Schließlich könne es nicht angehen, dass Wohnbaugebiete ständig an den Ortsrand verlagert würden, um dem Wohnbedarf Herr zu werden. Aber es sei natürlich auch unschön, wenn in einem Wohnbaugebiet keine Grünflächen mehr übrig bleiben würden.

Für Raithel lautet der „Königsweg“ Bebauungsplan. Überall dort, wo kein Bebauungsplan vorliegt oder dieser aus grauer Vorzeit stammt, müsse ein Bebauungsplan erstellt werden, der Wildwuchs ausschließe. In dieser Hinsicht müsse man sich auch über den Bereich Eichendorff-Straße/Adalbert-Stifter-Straße Gedanken machen, meint der CSU-Chef im Hilpoltsteiner Stadtrat.

Benny Beringer, SPD-Fraktionsvorsitzender im Hilpoltsteiner Stadtrat, sieht nur eine Lösung den Wildwuchs in puncto Nachverdichtung auszubremsen und die lautet: „Dort, wo es keine Bebauungspläne gibt, müssen welche erstellt werden“. Dies sei vor allem in älteren Wohngebieten der Fall, erklärt Christoph Raithel.

Mehrgenerationen-Haus

Im „Weitblick“ vermelden die Freien Wähler auch, dass ein geeignetes Grundstück für ein geplantes Mehrgenerationen-Haus gefunden sei, das die Stadt in Erbpacht zur Verfügung stellen werde. Davon zeigte sich Bürgermeister Mahl überrascht. Zwar sei Erbpacht eine gute Sache; aber festgeschrieben sei in dieser Hinsicht noch nichts.