Eine Etage voller Verkleidungen
Kostümverleih im Faschingsmodus: Seit 70 Jahren werden die Rother dank ihr zu Clowns und Piraten
Seit 70 Jahren eine feste Faschings-Institution in Roth: Der Kostümverleih Streb feiert 2024 70. Geburtstag und blickt auf viele Highlights zurück.
Dabei existiert der Familienbetrieb laut eigener Pressemitteilung schon deutlich länger. Bereits vor über 100 Jahren schneiderten Familienangehörige der Familie Streb – damaliger Familienname Tschammerhöll – Kostüme für die Faschingszeit. In einem kleinen Textilladen mit Schneiderei im Sudetenland. Mit Ausbruch des Krieges und der Vertreibung 1945 kam die Familie nach Roth. Statt warmer Mäntel wurden Faschingskostüme in die einzig erlaubte Vertreibungskiste gepackt. So entstand in den folgenden Jahren der Kostümverleih Tschammerhöll in Roth.
Freundinnen bügelten körbeweise Kostüme
Als nach dem Krieg die Lust am Fasching wieder wuchs, standen die Rotherinnen und Rother im Kostümverleih Tschammerhöll Schlange. Alle bunten, handgearbeiteten Kostüme stapelten sich in einem einzigen Zimmer in der Wohnung. Vor allem Klassiker wie Harlekine, Maharadschas, Musketiere und Zauberer standen hoch im Kurs. Teilweise liehen sich die Rotherinnen und Rother am Faschingswochenende über 150 Kostüme aus. Für Familie Streb eine kaum zu bewältigende Nachfrage.
Kurzerhand wurden Freundinnen und Freunde mit eingebunden, die noch spät abends körbeweise Kostüme bügelten, sodass sie wenige Tage später wieder zur Verfügung standen. "Mein Mann ist den ganzen Tag hin- und hergefahren, hat Körbe eingesammelt und ausgefahren. Das waren Zeiten", erinnert sich Brigitte Streb.
Aus dem kleinen Zimmer wurde eine ganze Etage voller Kostüme. 250 Herren- und Damenoutfits finden in der Rosenweiherstraße 19 in Roth einen festen Platz. Ergänzt von über 150 Hüten, Perücken, Gürteln, Handschuhen, Visieren, Masken und Fächern.
Von Disney bis Steampunk
Neben den närrischen Klassikern geht der Verleih auch auf Trends ein. So finden sich Steampunk-Kostüme, Disney-Outfits und kunterbunte Hippiekleider in den Räumen. Jedes Jahr werden ausgediente Kostüme entsorgt und neue Verkleidungen angeschafft oder gestaltet.
Die Nachfrage hat sich verändert: Das Internet und weniger Faschingsbälle im Landkreis wirken sich aus. Dennoch wissen viele Rotherinnen und Rother den Kostümverleih Streb zu schätzen. Inzwischen wird er als Geheimtipp in Bayern gehandelt. Die Kundschaft kommt bis zu 100 Kilometer weit angefahren, um sich hier eine zweite Haut verpassen zu lassen.
Hinzukommen Anfragen aus ganz Deutschland. "Wir bieten nicht einfach leidenschaftslos Kostüme an. Wir beraten, lassen anprobieren und haben jede Menge Spaß an der Verkleidung", so Brigitte Strebs Tochter Petra Fischer.
Mit über 80: Brigitte Streb bügelt, wäscht und berät noch selbst
Brigitte Streb übernahm den Kostümverleih in dritter Generation und kümmert sich bis heute um die Geschäfte. Inzwischen bezeichnet sie ihren Laden als abwechslungsreiches Hobby. Dabei wäscht, bügelt und präpariert die Rentnerin die über 250 Kostüme nach wie vor allein. In der Faschingssaison wird sie von Tochter Petra und Enkel Simon Fischer unterstützt. Mit zwei einzigen Ausnahmen (1991 wegen des Kriegs im Nahen Osten und im Coronajahr 2022) hatte der Kostümverleih seit 70 Jahren in jeder Faschingssaison geöffnet.
Seit dem Bestehen hat die Chefin jede Menge Prominente ausstaffiert. Pfarrer, Oberbürgermeister, Stadträte, Autoren und Unternehmer deckten sich mit Kostümen ein. Selbst etliche Nürnberger Ice Tigers holten sich hier schon ihre Kostüme ab. "Uns fehlt nur noch Ministerpräsident Söder für seinen Besuch bei Fastnacht in Franken", lacht Brigitte Streb.
Auch das mediale Interesse für einen der letzten Familienbetriebe in ganz Bayern ist gewachsen. Pressedienste, Zeitungen, Magazine, YouTube-Kanäle und Onlinejournale berichteten schon über den Verleih, 2014 rückte der BR mit einem dutzend Techniker an, um live aus den Räumen zu berichten. Im Coronajahr erzählte Streb bei "Wir in Bayern" im TV über ihre Geschichte und den Verleih.
Für Strebs startet die Saison am 12. Januar. Dann sind die Türen in der Rosenweiherstraße immer freitags und samstags geöffnet.
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