Aufwändige Standortsuche
ICE-Ausbesserungswerk: Grüne wollen Hafen im Blick behalten
7.2.2022, 08:00 UhrIm Nürnberger Hafen könnte eines der beiden Becken teilweise zugeschüttet werden, um so Platz für zu gewinnen – allerdings nur drei Hektar. Der Flächenbedarf des ICE-Ausbesserungswerkes wäre nach derzeitigem Stand um mindestens den Faktor 12 größer. In der Folge hat das Unternehmen Bayernhafen bereits abgewunken.
Der CSU-Landtagsabgeordnete Karl-Freller sprach von "Wirklichkeitsverlust" des BN, auch DGB und Wirtschaft äußerten sich zurückhaltend. Murawski äußerte sich in der Folge in einer Pressemitteilung: "Wir stehen selbstverständlich zum Nürnberger Hafen als wichtigen Wirtschafts- und Arbeitsplatzstandort. Wenn aber von anderer Seite vorgeschlagen wird, dass das Gebiet teilweise für andere Zwecke genutzt werden könnte, stehen wir dem offen gegenüber. Vor allem wenn es um so wichtige Bahnprojekte wie das ICE-Werk geht, welches einen wichtigen Beitrag zur Verkehrswende darstellt."
Es bleibe bei der unbestreitbaren Tatsache, dass ein Eingriff von 35 bis 46 Hektar in den Bannwald für das Klima der an Grünflächen armen Stadt Nürnberg und die ganze Region ein verheerender Rückschlag wäre. Die thermische Abkühlungsfunktion und Kaltluftzufuhr aus dem Nürnberger Reichswald für die Stadt würde schwer geschädigt. Deshalb werde der BN gegen jeden Eingriff in den Bannwald entschiedenen Widerstand leisten. Der BN bleibe bei seiner Forderung, nach einem Wald- und Freiflächen schonenden Standort für das ICE-Wartungswerk außerhalb des Bannwalds zu suchen.
Nun haben sich auch die Grünen Bundestags- und Landtagsabgeordneten Sascha Müller, Verena Osgyan und Sabine Weigand eingeschaltet. Sie setzen sich dafür ein, diesen Alternativplan nun ernsthaft und ergebnisoffen zu prüfen.
Jetzige Alternativen ungeeignet
Sascha Müller, Bundestagsabgeordneter für Nürnberg-Süd und Schwabach und Sprecher der Bayerischen Landesgruppe, stellt dazu fest: "Der Vorschlag des Bund Naturschutz, das ICE-Werk auf einem Teilgebiet des Nürnberger Hafens anzusiedeln, hat es verdient, ernsthaft geprüft und nicht einfach vorschnell vom Tisch gewischt zu werden. Schließlich geht es nur um einen Teil des dort bereits vorhandenen Gewerbegebietes. Selbstverständlich müssten zuvor für die betroffenen Gewerbebetriebe gute Lösungen gefunden werden. Der Güterumschlag vom Binnenschiff auf Schiene oder Straße spielt nur noch für einen sehr kleinen Teil des Gewerbegebietes am Hafen eine Rolle. Unser Ziel ist und bleibt es, die Rolle des Bannwalds als Klimaregulativ der Region und wichtiges Naherholungsgebiet für die Bevölkerung zu erhalten. Gleichzeitig ist es selbstverständlich, dass wir das ICE-Werk als wichtigen Baustein der Verkehrswende benötigen."
Müller treibt die Sorge um, dass die drei Standorte, mit denen die Bahn ins Raumordnungsverfahren gehen will (Muna-Nord, Muna-Süd, Harrlach), sich am Ende als ungeeignet erweisen und das Projekt damit insgesamt scheitert. Dagegen hätte der Standort am Hafen den Vorteil, dass er ohne ein Raumordnungsverfahren auskommen würde.
Verena Osgyan, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen Landtagsfraktion, ergänzt: "Die Stärkung der Deutschen Bahn ist uns Grünen ein wichtiges Anliegen. Nur so kann die Verkehrswende effektiv vorangebracht werden. Aber dass in der Region dafür großflächig Bannwald geopfert werden sollte, können wir nicht akzeptieren."
Bei vielen Besuchen vor Ort an den drei bisher von der Bahn präferierten Standorten konnte sich Osgyan ein Bild von der Situation machen. "Wir müssen klar und deutlich sagen: weder Muna, Muna-Süd noch Allersberg-Pyrbaum-Harrlach halten unserer Ansicht nach den Kriterien stand, die im anstehenden Raumordnungsverfahren angelegt werden müssen. Mit solch großflächigen Eingriffen in den Bannwald würde nicht nur klar gegen das Bayerische Waldgesetz verstoßen, sondern es würden auch alle Bemühungen um Klimaschutz und Klimafolgenanpassung vor Ort massiv torpediert.
Hafen wäre "ein Ausweg"
Bei der Planung zukünftiger Projekte muss der Schutzstatus des Bannwalds als unwiederbringliches Ökosystem und Grüne Lunge für jetzige und künftige Generationen endlich gemäß geltenden Rechts berücksichtigt werden. Deshalb fordere ich auch von der bayerischen Staatsregierung und insbesondere von Ministerpräsident Söder als Nürnberger ein, sich als Anteilseigner des Bayernhafens konstruktiv in die Prüfung einer entsprechenden Alternative auf bereits versiegeltem Gelände einzubringen. Regieren heißt Verantwortung tragen, nicht wegducken."
Auch Sabine Weigand, Landtagsabgeordnete für Nürnberg-Süd und Schwabach, kam bei vielen Ortsterminen zum Schluss, dass die zuletzt für ein Raumordnungsverfahren vorgesehenen Standorte ungeeignet seien: "Es wäre ein echter Ausweg aus einer maximal verfahrenen Situation, wenn nun ein geeigneter Platz für den Bau des ICE-Werks gefunden würde. Für die Anwohnerinnen und Anwohner aller drei bisher genannten Standorte würde der Bau des ICE-Werks den Verlust wichtiger natürlicher Ressourcen und eine erhebliche Mehrbelastung durch Verkehrsströme, Lärm- und Lichtverschmutzung bedeuten.
Auch die Bewältigung der Zufuhr von Frischwasser und die Abwasserentsorgung würden die Gemeinden vor unzumutbare Herausforderungen stellen. Besonders gilt dies für das Dorf Harrlach, dessen Bewohnerinnen und Bewohner sich längst wie das kleine gallische Dorf im Kampf gegen Rom fühlen. Dass der CSU-Landtagskollege Freller nun per Pressestatement offenbar alle Bemühungen, Alternativen zu finden, bereits im Ansatz vom Tisch wischen will, ist für mich unverständlich. Und auch Ministerpräsident Söder sollte bedenken: Hier Bäume umarmen und dort die Vernichtung von Bannwald billigend in Kauf nehmen – das passt nicht zusammen. Das merken sich die Menschen."