Fall 23 von "Freude für alle"

Nürnberger übel per Messer attackiert: Nerv durchstochen - "er hat sein Bein für den Arm aufgegeben"

Max Söllner

Redaktion Neumarkt

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7.12.2023, 17:00 Uhr
Erst ein Faustschlag, dann ein Messerstich: Andrew N. aus Nürnberg ist übel attackiert wurden (Symbolbild).

© imago images/Gottfried Czepluch, NN Erst ein Faustschlag, dann ein Messerstich: Andrew N. aus Nürnberg ist übel attackiert wurden (Symbolbild).

An einem Vormittag im Sommer klingelt es plötzlich bei Familie N. (Namen geändert) aus Nürnberg. Eine der Töchter ist gerade mit dem Hund unterwegs. Über die Sprechanlage meldet sich ein Mann, der den Familienvater Andrew zuvor rassistisch bedroht haben soll. Dementsprechend vorgewarnt sind alle - und die Tür bleibt zu.

Weil die Tochter aber noch draußen ist, entscheidet sich Andrew, doch herunterzugehen. Ein Nachbar begleitet ihn, zur Sicherheit. Was dann geschieht, schildert die Familie so: Als der rund 30 Jahre alte Familienvater dem Mann begegnet, kassiert er von diesem sofort einen Faustschlag. Er wehrt sich. Dann holt der Angreifer ein Messer und geht erneut auf ihn los. Ein Stich trifft den Achselbereich. Er führt zu einer Verletzung - mit weitreichenden Folgen. "Dieser Schlag hat uns alle komplett aus der Bahn geworfen", sagt er eineinhalb Jahre nach der Tat.

Eine "Krallenhand", mit der er nur noch teilweise spürt

Doch zunächst erfährt der Familienvater gar nicht, wie schwer er verwundet ist. Erst einige Zeit später stellt sich heraus, dass der Stich unter die Achsel den Nerv zu zwei Fingern durchtrennt hat. Was erklärt, warum er mit ihnen nichts mehr spürt: er hat eine sogenannte Krallenhand. Eine komplizierte, zwölfstündige Operation wurde nötig - um ein Stück Beinnerv in den Arm zu transplantieren.

Ob der Eingriff ein halbes Jahr nach der Tat erfolgreich war, wird sich noch zeigen, wenn der Nerv im Arm hoffentlich nachgewachsen ist. Dafür ist nun ein Teil seines Beines taub. "Er hat sein Bein für den Arm aufgegeben", sagt seine Partnerin Mona. Andrew ist enttäuscht, wie er anfangs behandelt wurde, bei einer sofortigen Not-Operation hätte er vollständig genesen können, ist er überzeugt. So habe es ihm ein Arzt später gesagt, der über die seltene Verletzung meinte: "Das ist wie ein Sechser im Lotto, nur ein negativer."

Der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter steht erst noch bevor, weswegen Andrew bislang kein Geld nach dem Opferentschädigungsgesetz bekommt. Was das Motiv des Mannes gewesen sein könnte, weiß die Familie nicht. Im Kindesalter sei Mona mit dessen aktueller Partnerin befreundet gewesen. Ansonsten habe man sich gekannt, mehr nicht.

"Selbst wenn der Arm abfällt, ich will einen Job"

In der Zeit zwischen Attacke und Operation geht Andrew wie gehabt seinem Job in der Logistik eines namhaften Unternehmens nach und verdient rund 3000 Euro im Monat. Danach muss er, von der Transplantation geschwächt, pausieren. Schließlich unterschreibt er einen Aufhebungsvertrag. Eine Zeit lang bekommt er etwa 1000 Euro Krankengeld im Monat. Weil das für eine fünfköpfige Familie vorne und hinten nicht reicht, meldet er sich im September 2023 arbeitssuchend und schreibt zahlreiche Bewerbungen. "Selbst wenn der Arm abfällt, ich will einen Job", sagt er. "Ich kämpfe dafür, dass ich wieder arbeiten kann."

Doch bis heute hat Andrew weder eine neue Beschäftigung noch einen Cent an Arbeitslosengeld bekommen. Er versinke im "Papierchaos" mit den Behörden, ist er überzeugt. Seine Partnerin Mona kann derzeit wegen eines starken Schubes ihrer Darmerkrankung nicht arbeiten. Sie sagt, dass sie nach einem Saisonjob im Sommer ebenfalls im Ämter-Schriftverkehr festhängt - und gibt ein Beispiel: Wie soll sie, wie gefordert, eine Kündigung nachweisen, wenn der Vertrag von Anfang an befristet war und eine solche nie ausgesprochen wurde?

Fünf Menschen ohne regelmäßiges Einkommen seit bald drei Monaten: Das geht nicht gut. Der Dispo ist ausgereizt, hinzu kommen Energieschulden und offene Rechnungen. Eine Physiotherapie, die nach der Operation dringend notwendig wäre, hat Andrew abgebrochen, "weil ich sie mir nicht leisten kann". Derzeit lebt die Familie vom Geld ihrer Oma, genauer gesagt: der Mutter der Pflegemutter, die Mona großgezogen hat. "Weihnachtsgeschenke? Keine Ahnung", sagt Mona und fragt: "Ob es überhaupt ein Weihnachtsessen gibt?" Die Spendenaktion "Freude für alle" möchte mindestens das ermöglichen und bittet um Zuwendungen, auch für vergleichbare Fälle.

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