Fachkongress
Waldbrand: Forst, Feuerwehr und Bergwacht sind gefragt
22.4.2023, 15:15 UhrDazu machen sich nicht nur Forstspezialisten Gedanken, sondern auch Feuerwehr und Bergwacht. Sie brachte nun der IBG-Fachkongress zusammen. Einer, der den Waldumbau bereits seit Jahren – unter anderem in der Hersbrucker Schweiz – aus Gründen des Klimawandels und des Brandschutzes vorantreibt, ist der frühere Forstbereichsleiter und stellvertretende Behördenleiter im Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Hersbruck, Christian Kölling. Er beobachtet, dass seit 2018 Fichten und Kiefern aufgrund der heißen Dürreperioden sterben. „Ein neues Klima trifft alte Baumarten.“
Bis 2100 werde es in der Region etwa wie schon jetzt im Piemont und in Istrien sein, erklärte der jetzige Forstchef am AELF Fürth-Uffenheim. In dieser Zwillingsregion könne man sich die Probleme und Lösungen ansehen. „Unser Wald passt nicht zu diesem Klima.“ Klar würden Bäume von selbst wandern, aber dazu sei keine Zeit. Kölling ist bewusst, dass die „unterstützte Wanderung“ in Form vom Anreichern der Wälder mit neuen Arten vor allem Naturschützern ein Dorn im Auge ist. Aber: „Haben Sie Mut zum Abschied vom Gewohnten.“
Doch nicht nur der Waldumbau allein helfe beim Brandschutz, nahm Alex Held den Faden auf. Während Wetter und Topografie nicht beinflussbar seien, sei es die Biomasse eben schon: Er plädierte unter dem Motto „Kommando Biergarten“ unter anderem dafür, schattige, feuchte Zonen zu schaffen, Gras zu entfernen und Waldwege anzulegen, die wie Riegel fürs Feuer wirken. Außerdem regte er an, den Rehwildabschuss um 400 bis 500 Prozent zu erhöhen, um den Verbiss zu reduzieren.
Er und Daniel Kraus vom bayerischen Staatsforsten waren sich zudem einig, dass feines, brennbares Material eine Gefahr darstelle. Nicht aber Totholz generell: „Das ist ein Wasserspeicher und hat Einfluss auf die Bodenqualität.“ Tote Bäume durch Borkenkäfer solle man daher lieber stehen lassen, als sie aufzuarbeiten, so Kraus. Er wies auf die ökologischen Folgeschäden durchs Löschen hin und sprach sich deswegen für eine Eindämmung statt die Flächenbekämpfung aus – und zwar zum Beispiel durch Vor- und Gegenfeuer. Ein Vorgehen, das in alten Försterbüchern bereits als Praxis der Vorfahren beschrieben ist, sagte Kraus.
Kleine Wehren als Speerspitze
Damit schickten er wie Held einen Seitenhieb Richtung Politik, dass man das Thema Waldbrand nicht auf die Feuerwehr abwälzen dürfe, in dem man diese nur mit neuster Technik ausstatte, die oftmals nicht sinnvoll sei. Gerade auch die kleinen ortskundigen Wehren „als Speerspitze“ bräuchten zwar entsprechendes Handwerkszeug, aber auch eine gemeinsame Grundlagenausbildung „Vegetationsbrand“. „Diese ist nur ein Angebot“, konnte jedoch Thorsten Ohm von der Bundesakademie für Bevölkerungsschutz verkünden. Katastrophenschutz sei Ländersache.
Erarbeitet habe man dieses Programm unter anderem mit Vereinen wie „@fire“ und dem Waldbrandteam, von denen Thorsten Sprenger und Martin Engelskirchen Einblick in einige ihrer Einsätze und Arbeitsweisen gaben. So wirkungsvoll auch ein kontrolliertes Brennen von Flächen im Vorfeld, um einen möglichen Brand zu verlangsamen, oder ein Gegenfeuer – die Feuer laufen aufeinander zu und „fressen“ sich gegenseitig – sei, so verboten ist es nach deutschen Recht. Stichwort: Brandstiftung. Bislang gehe das nur mit viel Mut oder Ausnahmegenehmigungen, führten die beiden aus.
Ebenfalls sehr praxisbezogen stellte Birgit Süssner in einem hochspannenden Vortrag die Herausforderungen der Feuerwehr dar. „Wir sind Profis beim Gebäudebrand, aber im Wald …“, warf die Brandamtsrätin und Diplom-Forstingenieurin in den vollen, aufmerksam lauschenden Saal. Daher formulierte sie den Wunsch, dass der Forst ein Waldgebäude baue, an dem die Wehr mit Brandschutz ansetzen könne. Dazu seien der Austausch von Erreichbarkeiten („Ein Wald hat keine postalische Adresse, also wie wissen wir, wo wir genau hinmüssen?“), Zuständigkeiten (rund die Hälfte des deutschen Waldes ist privat) und Schutzzielen nötig.
Zugleich müsse sich aber auch die Feuerwehr mit dem Thema befassen, erkennen, ob Feuer am Boden, im Wipfel oder in der Erde brennt, das Brandverhalten von Pflanzen lernen oder Ausrüstung wie Schutzanzüge anpassen. Hier verdeutlichte Brandrat a. D. Thomas Keller von der IBG, dass Material für Vegetationsbrand bislang in der Bedarfsplanung weder bei den Kommunen noch bei den Landkreisen vorgesehen ist.
Bergwacht fürs Unwegsame
Eine Möglichkeit: im unwegsamen Gelände Spezialausstattung anderer Organisationen wie der Bergwacht Bayern heranziehen. Dass diese Zusammenarbeit gefragt ist, zeigte die Frage einer Wehr, wie sie ATVs, feuerfeste Seile und Personal anfordern könne. Diese beantwortete Jörg Häusler als Landesbeauftragter Katastrophenschutz und Fachberater Vegetationsbrand und nahm die Zuhörer dank vieler Bilder mit auf den beispielgebenden Einsatz in der Sächsischen Schweiz im Sommer 2022. Schluchten und Spalten führten vor Augen, dass Feuerwehrler beim Löschen („Feuer wird am Boden gelöscht.“) gesichert werden mussten.
Häusler, gebürtig aus Vorra, unterstrich dabei, dass die Bergwacht nur zur Unterstützung da sei und nicht selbst löschen wolle: „Dazu sind wir zu wenige und das ist nicht unsere Aufgabe.“ Helfen könne die Bergwacht nicht nur mit Material, sondern auch mit Dingen wie Drohnentechnik („Da könnten wir die Feuerwehrler per GPS-Tracking gezielt zum Brand lotsen.“) oder Programmen zur Wind-Wetter-Entwicklung. Und zwar grenzübergreifend. Bei einem Foto von einem Grenzstein meinte Jörg Häusler mit einem Schmunzeln: „Die Grenze hat alle interessiert – nur das Feuer nicht.“ Auch damit hob er noch einmal heraus, was alle über ihre Vorträge transportierten: „Am Ende geht es nur gemeinsam."