Von Feucht in Richtung Kriegsgebiet
1200 Kilometer ostwärts
3.4.2022, 16:04 UhrWenn nichts mehr dazwischen kommt, sind Till Bohnekamp und Marcel Ritter am späten Montagabend zurück in Feucht. Rund 2400 Kilometer werden die beiden Feuerwehrleute dann hinter sich haben. Im Hilfskonvoi der bayerischen Feuerwehren haben sie ein ausrangiertes Fahrzeug der Feuchter Feuerwehr bis nach Nisko gefahren - eine Stadt, rund 90 Kilometer Luftlinie von der polnisch-ukrainischen Grenze entfernt.
Das 26 Jahre alte Löschfahrzeug ist eines von neun Fahrzeugen, die Kommunen und Feuerwehren aus dem Freistaat gespendet haben. Und es ist laut Bohnekamp eines der jüngeren Exemplare, die da auf den Weg gebracht wurden. Außerdem ist es noch voll ausgestattet und funktionsfähig. Zum Equipment des LF 16/12 gehören unter anderem Spreizer und Schere. Mit diesen Werkzeugen drücken die Einsatzkräfte bei Verkehrsunfällen Türen auf und trennen Dächer ab, um eingeschlossene Personen zu retten. Außerdem an Bord: ein sogenannter Sprungretter. Einmal aufgespannt, kann man sich bei einem Wohnungsbrand durch einen Sprung auf dieses Polster aus dem ersten oder zweiten Stock retten.
Mit diesem Fahrzeug machten sich Bohnekamp als stellvertretender Kommandant und sein Kollege am Freitag auf den Weg: zunächst zum nordbayerischen Sammelpunkt in Lauf, wo Bayerns Innenminister Joachim Herrmann die Ehrenamtlichen verabschiedete, und von dort aus weiter nach Rohrdorf im Landkreis Rosenheim. Dort traf man sich mit dem Kontingent aus dem Süden und brach am Samstagmorgen um 5 Uhr Richtung Osteuropa auf. Anders als zunächst geplant ging es an diesem Tag nicht direkt nach Nisko, sondern nach Krakau. Denn das Lager für Hilfsgüter in Nisko war zu dieser Zeit bereits proppenvoll, wie Bohnekamp berichtet.
40 Fahrzeuge mit Blaulicht
Mit 70 Stundenkilometern auf dem Tacho und Blaulicht auf dem Dach machte sich der Tross auf die 850 Kilometer lange Etappe. Knapp 4,5 Kilometer Autobahn nahmen die 40 Fahrzeuge für sich in Anspruch. "Das war schon gigantisch", sagt Bohnekamp und berichtet von polnischen Autofahrern, die ihnen zuhupten und ukrainische Flaggen schwenkten. Die Unterstützung der Bevölkerung habe er in diesen Momenten deutlich gespürt.
Polnische Kollegen übernehmen das Fahrzeug
Nach einer Nacht in der Landesfeuerwehrschule in Krakau luden die gut 70 bayerischen Feuerwehrler die gespendeten Hilfsgüter ab und machten sich mit den neun abzugebenden Fahrzeugen auf den Weg nach Nisko, noch mal 230 Kilometer Richtung Grenze. Die Nähe des Kriegs konnten die beiden Feuchter nun zumindest erahnen. "Kurz vor Nisko haben wir einen Flughafen mit polnischer Flugabwehr gesehen", berichtet Bohnekamp. Vereinzelt sind ihm zudem Militärfahrzeuge aufgefallen. In Nisko angekommen, übergaben Bohnekamp und Ritter am Sonntagnachmittag Schlüssel und Papiere des Löschfahrzeugs, das noch knapp 20 000 Euro wert sein dürfte, an einen Kollegen der polnischen Berufsfeuerwehr. Der nimmt nun Kontakt in die Ukraine auf und soll dafür sorgen, dass das Gefährt dort ankommt, wo es am dringendsten gebraucht wird.
Nach einer weiteren Nacht in Krakau ist für Montag die Rückreise mit einem Bus der bayerischen Feuerwehr geplant. Am Abend soll der in Rohrdorf eintreffen, wo Kameraden der Feuchter Feuerwehr auf Ritter und Bohnekamp warten.