Kranzniederlegung am Hafenmarkt

Synagoge im Freilandmuseum wird Teil der Gedenkfeier zur Reichspogromnacht am 9. November 1938

7.11.2023, 15:02 Uhr
Die Synagoge im Fränkischen Freilandmuseum ist am 9. November Schauplatz der Gedenkfeier zur Reichspogromnacht (bei schlechten Wetter in der Scheune aus Betzmannsdorf).

© Stefan Blank Die Synagoge im Fränkischen Freilandmuseum ist am 9. November Schauplatz der Gedenkfeier zur Reichspogromnacht (bei schlechten Wetter in der Scheune aus Betzmannsdorf).

25 Tage nach ihrer Eröffnung im Freilandmuseum ist die Synagoge aus Allersheim am 9. November Schauplatz der Gedenkfeier zum 85. Jahrestag der Reichspogromnacht. Die Kranzniederlegung ist anschließend wie gewohnt am Hafenmarkt geplant. Der Zugang zu der Veranstaltung im Museum erfolgt über den im Westen des Geländes, gegenüber dem Freibad nahe der Westheimer Straße gelegenen Eingang. Dort gibt es auch auch Parkmöglichkeiten.

Dem Gedenken vorgeschaltet ist eine Führung durch die Synagoge mit Museumsleiter Dr. Herbert May (ab 18.30 Uhr). Die um das Jahr 1740 im unterfränkischen Allersheim errichtete Synagoge bereichert nach Abbau, Umzug und Wiederaufbau samt aufwendiger Rekonstruktion einst umgebauter Bereiche nun das Freilandmuseum. Dieses ist damit das einzige in Süddeutschland, das mit einer Synagoge aufwarten und damit zugleich der historischen Bedeutung des fränkischen Landjudentums gerecht werden kann.

Erst im Freilandmuseum, dann am Hafenmarkt

Gegen 19 Uhr wird der Historiker Ulrich Herz, seit jeher einer der Aktivposten der Initiative 9. November und seit zwei Jahren deren Leiter, die Teilnehmer der Feierstunde nach einem musikalischen Vorspiel des Posaunenchores unter der Leitung von Hans Rohm willkommen heißen. Von Grußworten des neuen Bezirkstagspräsidenten Peter Daniel Forster und des Bad Windsheimer Bürgermeisters Jürgen Heckel wird ein weiteres Musikstück überleiten zur Gedenkansprache. Die hält in diesem Jahr der Historiker, Autor und frühere Kommunalpolitiker Dr. Wolfgang Mück aus Neustadt/Aisch.

Seit 15 Jahren erinnert das Mahnmal auf dem Hafenmarkt an 40 in der Zeit zwischen 1933 und 1945 entrechtete, deportierte und ermordete Windsheimer Bürgerinnen und Bürger.

Seit 15 Jahren erinnert das Mahnmal auf dem Hafenmarkt an 40 in der Zeit zwischen 1933 und 1945 entrechtete, deportierte und ermordete Windsheimer Bürgerinnen und Bürger. © Günter Blank, NN

Den Schlusssegen spendet der evangelisch-lutherische Pfarrer Jürgen Hofmann – ebenfalls vor der Synagoge und nicht wie gewohnt in der Seekapelle. Die Gedenkfeier, die bei schlechtem Wetter in die Scheune aus Betzmannsdorf verlegt wird, beschließt der Posaunenchor mit dem Lied "Hevenu Shalom Alechem". Wer nun mutmaßt, die Stele am Hafenmarkt bliebe heuer unbeachtet, der irrt: Bürgermeister Heckel wird dort gegen 20.15 Uhr einen Kranz niederlegen. Hierzu ist die Bevölkerung ebenso eingeladen wie zur Gedenkfeier im Museum, betont Ulrich Herz.

Einstehen für die Demokratie

Die Bedeutung der Gedenkfeier steht für den Historiker Herz außer Frage, wie er gegenüber unserem Medienhaus deutlich macht: "Ich halte die Veranstaltung gerade in heutigen Zeiten, wo rechte Positionen immer häufiger und unverblümter geäußert werden, wo Rechtsextremisten auf dem Sturz unserer Demokratie hinarbeiten, für absolut wichtig, weil der 9. November 1938 schlaglichtartig zeigt, wie in einer Diktatur elementarste Menschenrechte bis hin zum Recht auf Leben mit Füßen getreten werden, wie ganze Bevölkerungsgruppen vogelfrei werden. Die Ereignisse rund um die Reichspogromnacht sollten deshalb uns allen wieder einmal klar machen, was für ein hohes Gut unsere freiheitliche Demokratie ist, für die es sich allemal lohnt einzustehen. Das kann jede und jeder am 9. November machen, indem sie oder er an der Gedenkveranstaltung teilnimmt."

Zum Abschluss wird Bürgermeister Jürgen Heckel einen Kranz auf dem Hafenmarkt niederlegen. Hier eine Aufnahme von 2021. Links im Bild Pfarrer im Ruhestand Alfred Maurer, der mehr als 20 Jahre lang an der Spitze der Initiative 9. November stand.

Zum Abschluss wird Bürgermeister Jürgen Heckel einen Kranz auf dem Hafenmarkt niederlegen. Hier eine Aufnahme von 2021. Links im Bild Pfarrer im Ruhestand Alfred Maurer, der mehr als 20 Jahre lang an der Spitze der Initiative 9. November stand. © Günter Blank, NN

Werner Conrad gab den Anstoß

Keine 25 Tage, sondern 25 Jahre sind vergangen, seit am Hafenmarkt in der Altstadt und damit in unmittelbarer Nähe der einstigen Synagoge auf Anregung des inzwischen verstorbenen Gewerkschafters Werner Conrad erstmals Menschen zur gemeinsamen Erinnerung an die Judenverfolgung zusammenkamen. Das lokalhistorische Fundament dazu wie zur Gründung der Initiative 9. November hatten wiederum Helmut Hofmann und Dr. Horst Steinmetz gelegt, die in akribischer Arbeit die Spuren Windsheimer Juden zurück verfolgt und die Ergebnisse ihrer Recherchen in dem Buch "Die Juden in Windsheim nach 1871" veröffentlicht hatten.

Im Jahr 2008 – die Leitung der Initiative lag da längst in den Händen des Bad Windsheimer Pfarrers Alfred Maurer – wurde im Beisein der letzten seinerzeit noch lebenden ehemaligen Windsheimer Juden die nach einem Entwurf des örtlichen Architekten Werner Spieler gefertigte Gedenkstele am Hafenmarkt enthüllt. Auf ihr finden sich die Namen jener 40 Bürgerinnen und Bürger, die laut der Inschrift des Mahnmals "zwischen 1933 und 1945 im Nationalsozialismus entrechtet, deportiert und ermordet wurden".