Vera Rapinski (rechts) und Sabrina Nickel zeigen Tablet und Visitenwagen, welche die früher handgeschriebene Fieberkurve ersetzen.
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Vera Rapinski (rechts) und Sabrina Nickel zeigen Tablet und Visitenwagen, welche die früher handgeschriebene Fieberkurve ersetzen.

Alle Daten auf dem Tablet

Digitalisierung im Krankenhaus: Das sind die Ziele der Kreiskliniken Neustadt/Aisch-Bad Windsheim

Herzinfarkt, es eilt. Mit Blaulicht braust der Krankenwagen in Richtung Klinik. Noch bevor der Patient in der Notaufnahme eintrifft, sind seine Daten beispielsweise aus dem Elektrokardiogramm schon da. Digital erfasst und verschickt, noch unter der Fahrt. So soll es in näherer Zukunft einmal sein. Noch steht die Digitalisierung in den Kliniken aber am Anfang.

So manches hat sich schon verändert. Die handgeschriebene Fieberkurve, in der alle Gesundheitsdaten eines Patienten erfasst werden, gehört in den Kreiskliniken der Vergangenheit an, zumindest fast überall. 2018 wurde die digitale Fieberkurve in Neustadt/Aisch eingeführt, 2021 auch in Bad Windsheim. Nur eine Station fehlt noch, die Geriatrische Reha, die aber aktuell aus Personalmangel und der Pandemie wegen geschlossen ist.

Ziel: Papierloses Krankenhaus

Ansonsten wird in den beiden Kreiskliniken zur Visite ein Wagen mit Bildschirm und Tastatur ins Zimmer gerollt und auch die Pfleger und Schwestern sind mit Tablet unterwegs. „Wir sind auf dem Weg zum papierlosen Krankenhaus“, sagt Alexander Wülk, der als Leiter Betriebssteuerung für die Digitalisierung zuständig ist.

Tablets und ein Visitenwagen mit Bildschirm sollen künftig in den Kreiskliniken genutzt werden

Tablets und ein Visitenwagen mit Bildschirm sollen künftig in den Kreiskliniken genutzt werden © Claudia Lehner, NN

Das hat Vorteile: Jeder, der die Fieberkurve braucht, kann auf sie zugreifen, auch von verschiedenen Abteilungen aus. Für die Krankenpflegerinnen Vera Rapinski und Sabrina Nickel gehört das Eintragen der Daten ins Tablet in der Bad Windsheimer Klinik schon zum Alltag. Sie finden die Digitalisierung gut. „Das erleichtert die Arbeit“, sagt Nickel. Besser wäre, wenn so manche Daten von Geräten automatisch übertragen würden. Daran wird noch gearbeitet.

Formulare schon zu Hause im Zugriff

Auch Sprachsteuerung würde die Arbeit weiter erleichtern, findet Wülk. Im Behandlungsprozess sei man jedoch mit der Digitalisierung schon recht weit, erklärt der ehemalige Pfleger. Folgen sollen noch Aufnahme- und Entlassprozess. Patienten sollen sich Formulare schon daheim im Internet besorgen können, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sollen – Pflicht ab Juli 2022 – beispielsweise direkt an die Krankenkasse und später auch an den Arbeitgeber gesendet werden.

Gefördert werden soll die Digitalisierung durch das Krankenhauszukunftsgesetz, bei dem der Bund seit 2021 drei Milliarden Euro bereitstellt: für moderne Notfallkapazitäten, Digitalisierung und IT-Sicherheit. Die Länder sollen weitere 1,3 Milliarden Euro aufbringen. 2,5 Millionen stehen laut Wülk für die Kreiskliniken zur Verfügung. Es gibt unterschiedliche Fördertöpfe.

Anfang bei der Intensivstation

Im Kommunalunternehmen Kreiskliniken betrifft der erste Schritt der weiteren Digitalisierung laut Wülk die Intensivstation und Intermediate Care (IMC), eine Stufe darunter, in Neustadt, die beide komplett papierlos werden sollen. Da die Prozesse auf der Intensivstation deutlich komplexer seien, werde dort stärker als auf den Normalstationen noch viel mit Papier gearbeitet.

Alexander Wülk leitet den Bereich Betriebssteuerung bei den Kreiskliniken Neustadt/Aisch und Bad Windsheim. 

Alexander Wülk leitet den Bereich Betriebssteuerung bei den Kreiskliniken Neustadt/Aisch und Bad Windsheim.  © Claudia Lehner, NN

„Das ist eine Herausforderung“, gibt er zu. Alles soll – bis zum Jahr 2025 – digital erfasst werden können: vom Behandlungsgrund bis zu den Medikamenten und den verschiedenen Befunden. Der Aufbau des Patientenportals wäre ein nächster Schritt.

Austausch der Daten unter Ärzten

An den Klinikmauern macht die Digitalisierung aber nicht halt. Die Vernetzung soll das ganze Gesundheitswesen umfassen. Und da sind noch nicht alle Partner gleich weit. Die Voraussetzungen für KIM, für die Kommunikation im Medizinwesen, seien an den Kreiskliniken schon geschaffen, sagt Wülk. Dabei geht es um den Datenaustausch zwischen Klinik und den Einrichtungen der ambulanten Versorgung: wie niedergelassenen Ärzten und Apotheken.

Arztbriefe, Befunde und andere Dokumente könnten über digitale Postfächer ausgetauscht werden. „Manche Ärzte haben es schon“, erklärt Wülk. Aber eben längst nicht alle. Austausch könnte teilweise auch über die elektronische Patientenakte auf der Gesundheitskarte erfolgen, die seit 2021 von Krankenkassen angeboten werden soll.

Notfallrechner steht parat

Und was passiert, wenn alles digital erfasst ist und der Strom ausfällt? Über eine Notstromversorgung verfüge das Krankenhaus natürlich und sollte die EDV streiken, erklärt Wülk, gibt es einen Notfallplan. Die Daten sind alle als PDF gesichert. Es gibt einen „Notfallrechner“ über den die Schwestern darauf zugreifen könnten.

Wenn alle Daten digital erfasst sind, dann könnten sie auch mit Hilfe des Computers analysiert werden: Stichwort künstliche Intelligenz. „Das ist, wo die Reise hingehen soll“, sagt Wülk. Das ersetzt keinen Arzt, sondern würde diesen unterstützen „wie beim Fliegen der Co-Pilot“.

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