Familienzentrum Neumarkt
Tobende Zweijährige: Dieser Kurs hilft im Umgang mit der schwierigen Trotzphase
5.10.2023, 11:00 UhrEmils Eltern sind ratlos. Schon morgens liegen die Nerven blank, wenn der Zweijährige sich für die Kita anziehen soll - stattdessen aber von einem Wutanfall in den nächsten taumelt. Auch Nachmittags entspannt sich die Lage nicht, das Stresslevel der Familie ist permanent hoch.
Auch, wenn diese alltägliche Szene ausgedacht ist, so lässt sie sich doch auf die Situation vieler junger Familien übertragen. Das weiß auch Jule Schraufl, die von Beruf Sozialpädagogin ist und privat zweifache Mutter. Sie weiß, wie es sich anfühlt, überlastet und kraftlos zu sein.
Sie zog die Reißleine, ließ sich in Sachen "Selbstbewusstsein" coachen und schulte sich in "bedürfnisorientierter Erziehung". So gewappnet stellte sie sich der sogenannten Autonomiephase, in der Kinder ab zwei Jahren beginnen, ihre eigene Identität erkennen und eigene Entscheidungen treffen.
Mit Leichtigkeit durch den Alltag
Die Lage in der Familie entspannte sich, wie Jule Schraufl zufrieden berichtet. Das Rezept zu mehr "Leichtigkeit durch den Alltag" will sie im gleichnamigen Kurs im Familienzentrum mit anderen Müttern und Vätern teilen. Am 23. Oktober geht es los, es sind noch wenige Plätze frei.
In ihrem Kurs tauschen sich die Teilnehmer aus und erhalten Informationen zu gewaltfreier Kommunikation. Und wie diese hilft, Konflikte auf Augenhöhe zu begleiten und mit Wut und Frust des Kindes umzugehen. Das Ziel: "Der Alltag als Familie soll sich mit etwas Leichtigkeit füllen."
Diese Leichtigkeit könne bei jeder Familie anders aussehen. Wichtig sei, im Gespräch herauszufinden, warum sie im Alltag verloren gegangen ist. "Oftmals haben Eltern eine zu hohe Erwartungshaltung an sich selbst und sind im Funktionier-Modus gefangen." Im Fokus steht, die Bedürfnisse der ganzen Familie zu berücksichtigen.
Und, auf eine spielerische Ebene auszuweichen, wenn es nicht so läuft, wie es sich die Erwachsenen vorstellen. Zum Beispiel: Aus dem Pflichtprogramm (Schuhe anziehen) ein Spiel machen. "Ja, das kostet Energie und Durchhaltevermögen. Aber auf lange Sicht lohnt es sich und die Kooperationsbereitschaft steigt. Davon profitieren alle", sagt Schraufl.
Ein wichtiger Schritt sei auch die Selbsterkenntnis und Selbstliebe. "Mutter oder Vater zu sein, bedeutet nicht, sich aufzugeben." Nur wenn die eigenen Bedürfnisse befriedigt sind und die Akkus geladen, kann eine Veränderung zum Positiven hin stattfinden.
Es braucht ein ganzes Dorf
Das bedeutet auch, dass die Last innerhalb der Familie verteilt wird. Wer hat gerade mehr Energie für die Kinder? Wer kann den Haushalt schmeißen? Wer möchte wie viel zum Haushaltseinkommen beitragen? Für diese Fragen gebe es keine pauschalen Antworten, "jede Familie muss einen guten Weg für sich finden und auch flexibel bleiben". Auch regelmäßige Hilfe von Großeltern oder Freunden schafft Freiräume zum Durchatmen.
Und wenn die Nerven dann doch einmal blank liegen, weil der Zweijährige seinen Wutanfall mitten im Supermarkt hat, rät Jule Schraufl: "Wut und Trotz sind normal in dieser Phase. Als Eltern darf man sich auch sagen: Es ist jetzt Okay, dass es jetzt laut und unangenehm ist. Die Gesellschaft hält das schon aus."
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