
"Politik muss sich zusammenraffen"
Strenge Grenzwerte, wenig Deponiekapazitäten: Das massive Problem mit Baugrubenaushub
Jeder Aushub aus Baugruben müsse grundsätzlich als belastetes Material behandelt werden, kritisiert die Neumarkter CSU-Bundestagsabgeordnete Susanne Hierl in einer Pressemitteilung zum Thema Wohnraum-Mangel. Das würde bedeuten, dass jeder Aushub automatisch auf der Deponie landet und nicht wiederverwendet werden kann. Ganz so ausschließlich stimmt das zwar nicht, stellt Roland Hadwiger von der Abfallwirtschaft im Landratsamt Neumarkt klar. Trotzdem würden die aktuellen Regulierungen für "massive Probleme" sorgen.
Also, was ist da los? Bei dem Bau eines neuen Gebäudes muss der Boden auf jeden Fall untersucht werden. Deponiert werde nur dann, wenn eine Verwertung nicht möglich ist. So weit, so sinnvoll, findet Hadwiger. Das Problem ist aber, dass die aktuell geltenden Grenzwerte extrem niedrig, also extrem streng sind. Das führt dazu, "dass teilweise unbelastetes Material die Grenzwerte bereits überschreitet". Denn auch natürlicherweise kommen in Böden manchmal Stoffe vor, die für die Regulierung bereits zu hoch sind.
"Wenn davor eine Tankstelle auf dem Grundstück war, dann ist es einleuchtend, dass der Boden dort belastet sein könnte", sagt Hadwiger. "Es wird aber auch sehr viel zum Problem, was vorher einfach Acker oder Wiese war", sagt Michael Gottschalk, Pressesprecher des Landratsamtes Neumarkt. Das könnten die Menschen und vor allem Betroffene laut Hadwiger schwer verstehen. Und es sei schade um so viel Erdreich, das wiederverwertet werden könnte. Ein großer Punkt für Menschen, die selbst ein Haus bauen wollen, ist vor allem die Kostenfrage. Denn die Baumaßnahme verteuere sich durch den Entsorgungsaufwand enorm, "ohne dass man einen wirklichen Sinn dahinter erkennen kann", wie Gottschalk anmerkt. Den Erdaushub für ein Einfamilienhaus zu entsorgen, könne eine fünfstellige Summe kosten.
Übers Ziel hinausgeschossen
"Seit zehn Jahren beklagen wir das schon", sagt Gottschalk, geändert habe sich aber nichts. Die Regelungen lägen bei Bund und Ländern, zwischen denen es auch eine Arbeitsgemeinschaft gebe. "Aber die müssen sich mal zusammenraffen und das wirklich angehen." Wie Hadwiger berichtet, gab es zum 1. August eine neue Mantelverordnung zu dem Thema, in der versucht wurde, alle unterschiedlichen Gesetzesteile aus unterschiedlichen Bereichen zusammenzufassen. Das sollte alles verbessern, ein Durchbruch sein, "die Folge ist momentan aber, dass sich niemand mehr auskennt und sich alle unsicher sind".
Dabei ist das Thema Verwertung in der Baubranche sowieso ein schwieriges und ein hochkomplexes. "Es gibt diese Idealvorstellung, dass es keine Abfälle mehr geben und alles verwertet werden soll. Nach den geltenden Werten gibt es aber sehr viel Abfall", erklärt Hadwiger. In der Baubranche bestehe außerdem recht wenig Bereitschaft, Material wiederzuverwenden.
Selbst Fachbehörden hielten sich noch bedeckt, wenn es darum geht, wie eine Verwertung konkret aussehen könnte. "Aber es besteht die weitgehende Einigkeit, dass mit den Grenzwerten über das Ziel hinausgeschossen wird." Etwas, das für diese strenge Regulierung spricht, sei aber natürlich der Bodenschutz. "Denn Bodenschutz ist nun mal etwas ganz Wichtiges."
Sowohl Hadwiger als auch Gottschalk rechnen nicht damit, dass sich in naher Zukunft etwas an der Höhe der Grenzwerte ändern wird. Dabei sind nicht nur die Kosten beim Bau ein Problem, sondern vor allem auch der Platz auf den Deponien. Weil so viel deponiert werden muss, fehlten laut Hadwiger die Deponiekapazitäten. "Es wird immer schwerer, geeignete Deponien bereitzustellen", sagt Gottschalk. "Da müssen sich die Damen und Herren von den zuständigen Stellen mal an die eigene Nase fassen."