Offener Brief

Mehr als 40 Verbände kritisieren Söders Exen-Machtwort: „Demokratisches Engagement im Keim erstickt“

27.9.2024, 14:55 Uhr
Ministerpräsident Markus Söder händigt Anna Stolz die Ernennungsurkunde aus. In seiner Entscheidung über das Festhalten an Exen zeigte er seiner Kultusministerin, wer das Sagen hat.

© IMAGO/Sven Simon Ministerpräsident Markus Söder händigt Anna Stolz die Ernennungsurkunde aus. In seiner Entscheidung über das Festhalten an Exen zeigte er seiner Kultusministerin, wer das Sagen hat.

Ein Bündnis von mehr als 40 Verbänden übt in einem offenen Brief scharfe Kritik am Machtwort von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zum Fortbestand von unangekündigten Tests an Bayerns Schulen. Das Forum Bildungspolitik wirft Söder vor, den notwendigen Diskurs zur Verbesserung des Bildungssystems zu untergraben.

Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) hatte einen Dialog mit Lehrer-, Eltern- und Schülerverbänden über die Prüfungskultur der Zukunft angekündigt. Dabei sollte es auch um die unangekündigten Leistungsnachweise gehen. Söder schloss eine generelle Abschaffung dieser sogenannten Exen kurz danach kategorisch aus - woraufhin Stolz zurückruderte und erklärte, an unangekündigten Leistungsnachweisen festzuhalten.

Das Forum Bildungspolitik wirft Söder vor, den von Stolz angestoßenen Dialog eigenmächtig untergraben zu haben. "Wir begrüßen und unterstützen den dialogischen Politikstil der Kultusministerin sehr", heißt es in dem Schreiben. Der angekündigte Dialog über den Umgang mit Prüfungen und Tests hätte einen wichtigen Schritt dargestellt, um gemeinsam Lösungen zur Sicherung der Bildungsqualität zu finden.

"Ihre Intervention hat diesen Prozess jedoch zunichtegemacht", werfen die Verbände Söder vor. "Es scheint, als würden Sie in zentralen Bildungsfragen im Alleingang entscheiden, ohne die Konsultation von Fachleuten und Experten und über die Fachministerin hinweg." Die Bildungsqualität im Freistaat könne nicht gewährleistet werden, wenn fachlicher Rat und wissenschaftlich fundierte Entscheidungen ignoriert würden. "Dies hat langfristige Auswirkungen auf den Bildungs- und Wirtschaftsstandort Bayern."

Vorwurf: Söder übergehe Petition einer Schülerin

Zudem habe Söder, so ein weiterer Vorwurf, einer von einer Schülerin angestoßenen Petition ("Schluss mit Abfragen und Exen!") vorgegriffen und diese untergraben, da der Ministerpräsident der Entscheidung des Bayerischen Landtags über die Petition vorgreife. "Einerseits möchten Sie durch eine Verfassungsviertelstunde Demokratiebildung und -bewusstsein fördern, andererseits ersticken Sie das Engagement der Schülerinnen und Schüler, mit demokratischen Mitteln für ihre Anliegen einzutreten, im Keim."

Dem Forum Bildungspolitik gehören mehr als 40 Organisationen an, darunter der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV), die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, aber auch der Bayerische Jugendring, der Deutsche Kinderschutzbund, der Landesverband Bayerischer Schulpsychologen und die LandesschülerInnenvereinigung Bayern. In einer eigenen Pressemitteilung hatte auch der Bayerische Elternverband (BEV) Söders Vorgehen abgelehnt. Andere Verbände, etwa der Philologenverband, halten an Exen fest.

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