
Neue Aufgaben, aber keine zusätzlichen Stellen
Land unter in der Wasserwirtschaft: Bayern spart trotz Hochwasser
Man kennt das ja. In vielen Wirtschaftsunternehmen werden Stellen gestrichen, Abteilungen zusammengeführt und gleichzeitig neue Aufgaben eingeführt. Die Erklärung der Entscheider für diese Maßnahmen: Damit werden Effizienz und Schlagkraft erhöht, schlankere Strukturen für leistungsfähigere Prozesse geschaffen und Workflows optimiert. Die Rest-Belegschaft kann das so dann meist nicht bestätigen.
6000 Stellen gestrichen
Nicht nur in der Wirtschaft ist das so, sondern auch beim Staat. Der große Sparer in Bayern war hierbei vor allem der ehemalige Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU), der nicht nur mit dem Transrapid in die Geschichte einging, sondern auch mit der im Jahr 2004 verabschiedeten Reform „Verwaltung 21“.
Dadurch wurden 6000 staatliche Stellen eingespart, Behörden zusammengelegt und Ämter aufgelöst. Die Angestellten sollten sich nur noch um die Kernaufgaben kümmern, andere Bereiche wurden an private Dienstleister ausgegliedert. Mit der Folge, wie viele Kritiker sagen, dass der Staat sich bald ziemlich aus der Fläche zurückzog und in viele Vorgänge keinen direkten Einblick mehr hatte.
Damit wurde natürlich auch viel Steuergeld gespart und ein in manchen Bereichen tatsächlich aufgeblähter Staatsapparat neu organisiert. Doch viel wurde schon darüber gestritten, ob das immer überall so sinnvoll war. So zum Beispiel auch in der Wasserwirtschaftsverwaltung, die von 3198 Planstellen im Jahr 2003 auf nur noch 2550 Stellen zusammenschrumpfte.
Kurierfahrten quer durch Bayern nötig
„Die Ämter werden natürlich nicht an Schlagkraft und Schnelligkeit gewinnen, sondern diese verlieren. Das wird nicht rund laufen“, meint ein Insider etwa zu den Plänen, die meisten der 17 Labore der Wasserwirtschaftsämter aufzulösen und durch wenige Zentrallabore (die Rede ist meist von zwei solchen Laboren) zu ersetzen. Bei plötzlich auftretenden Verunreinigungen oder Fischsterben dauere es etwa künftig länger, bis man die Ursache kenne oder Entwarnung geben könne.
„Durch die Konzentrierung der Labore werden viele zusätzliche Kurierfahrten quer durch Bayern nötig“, meint überdies der Grünen-Landtagsabgeordnete Martin Stümpfig, Sprecher für Energie und Klimaschutz seiner Fraktion. Täglich fallen in jedem Amt neue Proben an, die abgeholt werden müssen.
Das Bayerische Umweltministerium erwartet dagegen eine „Steigerung der Effizienz, indem automatisierbare Analyseverfahren in einer reduzierten Zahl an Laboren konzentriert werden“.
Doch auch im Ministerium selbst ist man in der Zwickmühle. Man sieht, wie die Kommunen den Wasserwirtschaftsämtern gerade mit Wünschen nach Sturzflut- und Rückhaltekonzepten oder Berechnungen von Überschwemmungsgebieten die Bude einrennen, wie lange Trockenheitsphasen zur Herausforderung für die Wasserversorgung werden, wie durch den Klimawandel zusätzliche Aufgaben hinzukommen und die bisherigen Angebote stärker nachgefragt werden.
1500 statt 600 Grundwasser-Messstellen
Wie zusätzlich das Grundwassermessnetz nach lautstarken Forderungen der Landwirtschaft von 600 auf 1500 Messstellen ausgebaut wird. Und das alles weiterhin unter der Maßgabe von „Verwaltung 21“.
„Aus meiner Sicht muss die Wasserwirtschaft erheblich gestärkt werden, um die Gesellschaft bei den unausweichlichen Veränderungen im Wassermanagement zu unterstützen“, meint denn auch Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler). Ein Ministeriumssprecher präzisiert: Ohne zusätzliche Ressourcen werden die vielen zusätzlichen Aufgaben nicht zu stemmen sein.
„Der unter Edmund Stoiber begonnene - und bis heute fortgesetzte - CSU-Irrweg in den Magerstaat muss jetzt beendet werden. Personalkürzungen und Sparpolitik zu Lasten des Bevölkerungsschutzes sind falsch und gefährlich", meint Florian von Brunn, Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion.
150 Stellen sollen noch wegfallen
Momentan leidet man noch unter dem Spardiktat. Kommunen müssen lange Jahre warten, bis ihr Hochwasserschutz konkret wird. Nach der Hochwasser-Katastrophe 2013 in Niederbayern wurden zumindest 150 Stellen, die eigentlich gestrichen werden sollten, vorübergehend aufrechterhalten. Sie sollen nun Ende 2024 endgültig wegfallen.
Die Kontrolle und regelmäßige Beprobung der 1500 statt 600 Messstellen soll durch Konzentrierungsprozesse ermöglicht werden. Eigentlich war dafür schon zusätzliche Stellen eingeplant. Doch diese wurden wegen der Corona-Pandemie dann doch den Gesundheitsämtern zugeschlagen.
Die Wasserwirtschaftsverwaltung versucht derweil, mit den vorhandenen Ressourcen die zusätzlichen Aufgaben so gut es eben geht durch interne Umstrukturierungen zu bewältigen und Prioritäten. Für mehr Personal könnte nur ein entsprechender Landtagsbeschluss sorgen. Ein solcher ist momentan noch nicht konkret in Aussicht.
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