Stromerzeugung: Wird Treuchtlingen zum Wasserstoff-Vorreiter?

13.2.2021, 07:04 Uhr
Aktuell beschäftigt sich die Stadt mit der „Zukunftstechnologie“ Wasserstoff – und hofft somit, dem Problem der Netzüberlastung in ein paar Jahren beizukommen.

© Honda Aktuell beschäftigt sich die Stadt mit der „Zukunftstechnologie“ Wasserstoff – und hofft somit, dem Problem der Netzüberlastung in ein paar Jahren beizukommen.

Bislang steckt das Projekt zwar noch in den Kinderschuhen. Es so zu nennen, ist im aktuellen Stadium fast schon gewagt. Und dennoch: Ende Januar hat die Stadt Treuchtlingen erstmals Pläne vorgestellt, wie sie künftig zur "Wasserstoff-Modellregion" werden könnte. Sie möchte damit in einem frühen Stadium Stadtpolitik und Bevölkerung mit ins Boot holen.

Bis dato hatte sich die Stadtverwaltung nur im kleinen Kreis Gedanken über die Möglichkeiten gemacht, wie man den Ausbau der erneuerbaren Energien in der Altmühlstadt weiter vorantreiben, dabei aber gleichzeitig die Energiegewinnung lukrativ und für die Treuchtlinger rentabel gestalten könnte. Zuletzt war im Oktober im Stadtrat öffentlich darüber diskutiert worden, dass das Treuchtlinger Stromnetz langsam aber sicher an seine Belastungsgrenze kommt.

Alternative zum Umspannwerk?

Kleine Erzeuger, beispielsweise Privathaushalte mit Photovoltaik-Anlagen auf dem eigenen Dach, können diese zwar weiterhin installieren, aber kommerzielle Großanlagen stellen schon jetzt eine zunehmende Herausforderung für das Stromnetz der Stadtwerke dar.

Die Stadt ist allerdings gesetzlich verpflichtet, die Einspeisung ins Netz zu ermöglichen. Notwendig werden könnte daher schon bald ein neues, rund 15 Millionen teures Umspannwerk samt zwei 110-Kilovolt-Kabeltrassen nach Weißenburg – außer man findet eine Alternative, um den gewonnenen Strom vor Ort zu speichern und zu nutzen.

Wie Bürgermeistern Kristina Becker nun erstmals im Werk- und Bäderausschuss vorstellte, gehen die Pläne der Stadt seit etwa sechs Monaten in genau diese Richtung. Vorstellbar wäre demnach ein Ausbau der PV- Freiflächenanlagen, verbunden mit der Speicherung des daraus gewonnen Stroms in Form von Wasserstoff.


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Dieser wird gewonnen, indem ein Elektrolyseur Wasser mit Hilfe von Strom in seine zwei Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff spaltet. Diesen könnte man dann beispielsweise zum Betanken von städtischen Bussen und Lastwagen größerer Unternehmen vor Ort verwenden. Die dabei entstehende Abwärme könnte man darüber hinaus in die umliegenden Nahwärmenetze einspeisen.

Lokale Wirtschaft und Bürger sollen profitieren

Die Firma Bright Advisor unterstützt die Stadt derzeit bei der Vernetzung mit anderen Unternehmen und berät über die Wasserstofftechnologie. Auch bei der Beantragung von Fördermitteln könnte sie künftig helfen. Ende Dezember fand mit etwa einem Dutzend Mitgliedern der Verwaltung ein Workshop zu dem Energieträger Wasserstoff statt.


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"Wir wollen auf den fahrenden Zug relativ weit vorne aufspringen und eine Vorreiterrolle in der Wasserstoff-Thematik einnehmen", formulierte es Rathauschefin Becker in der Sitzung. Wasserstoff soll demnach ein lokales Thema bleiben, von dem so weit möglich vor allem die Gemeinde selbst profitiert. Die Argumente dafür wirken überzeugend: Sogenannter "grüner" Wasserstoff, also jener, der aus erneuerbaren Energien gewonnen wird, wird von Bund und Land im Zuge der Klimaschutzpolitik in hohem Maß gefördert..

Gute Voraussetzungen für PV

Gemäß der EEG-Novelle 2021 fällt bei der Elektrolyse von "grünem Wasserstoff" auch die EEG-Umlage komplett weg. Außerdem stellt die Regierung insgesamt rund sieben Milliarden Euro an Fördermitteln bereit, in Bayern wird unter anderem der Aufbau eines Wasserstoff-Tankstellennetzes bezuschusst.


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Am Standort Treuchtlingen gibt es eine Menge Flächen, die für die Errichtung weiterer Photovoltaik-Anlagen grundsätzlich geeignet sind. Die Bürgermeisterin betonte allerdings auch, dass es wichtig sei, die Bevölkerung bei diesem Prozess mitzunehmen und eine hohe Akzeptanz für das Projekt zu schaffen, indem man in der gesamten Planung transparent handle, die Vorteile für die Bürger deutlich mache und darüber hinaus Formen von Bürgerbeteiligung etabliere.

Aus diesem Grund habe sich die Verwaltung auch bereits jetzt dazu entschieden, öffentlich über die aktuellen Überlegungen zu informieren. Demnächst wird das Thema dem gesamten Stadtrat präsentiert, konkretere Projektideen sollen in den nächsten Wochen und Monaten entwickelt werden.

Wer nimmt die Energie ab?

Bevor die tatsächliche Investition in Wasserstofftechnologie ansteht, will die Verwaltung allerdings prüfen, ob es genug Interessenten für die Erzeugung von Sonnenstrom auf der einen und Abnehmer von Wasserstoff auf der anderen Seite gibt. Dafür laufen derzeit Gespräche mit ortsansässigen Spediteuren und Firmen wie Altmühltaler oder Alfmeier, die perspektivisch ihren Schwerlastverkehr auf den Betrieb mit Brennstoffzellen umrüsten könnten.

Einzelne Ausschussmitglieder verwiesen im Anschluss an Beckers Vortrag darauf, dass man in den kommenden Jahren aufpassen müsse, nicht zweigleisig zu fahren und gleichermaßen Geld in Wasserstoff und in die Alternative dazu, das Umspannwerk, zu investieren. Denn, wie SPD-Stadtratsmitglied Sebastian Hartl sehr kompakt formulierte: "Beim Thema Umspannwerk drückt der Schuh aktuell."

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