Unterhaltsamer Abend

Sprachmächtiger Autodidakt: Das Volkstheater Wien erinnert an den Treuchtlinger Autor Ludwig Fels

31.12.2023, 06:00 Uhr
"Mit mir hast du keine Chance" - im Verlag Jung und Jung erschien erst vor Kurzem ein kleines Büchlein, das Gedichte aus den Jahren 1973 bis 2018 zusammenstellt.

© Verlag Jung und Jung, NN "Mit mir hast du keine Chance" - im Verlag Jung und Jung erschien erst vor Kurzem ein kleines Büchlein, das Gedichte aus den Jahren 1973 bis 2018 zusammenstellt.

"Lasst uns Ludwig Fels lesen, sonst ersticken wir an unserer Hybris und Megalomanie" - mit diesem Zitat aus der Frankfurter Rundschau beendete der Dramaturg Matthias Schreier seine Begrüßungsrede zum unterhaltsamen Fels-Abend mit dem Titel "Mit mir hast du keine Chance" am Wiener Volkstheater, so Friedrich Kugler, Vorsitzender der Ludwig-Fels-Gesellschaft, in einer Pressemitteilung.

Die renommierte österreichische Spielstätte hatte sich nämlich ein besonderes Geburtstagsgeschenk für den am 27. November 1946 in Treuchtlingen geborenen und am 11. Januar 2021 in Wien verstorbenen Schriftsteller ausgedacht. Auf dem Tag genau, an seinem 77. Geburtstag, widmete das Volkstheater auf der Kleinbühne in der Roten Bar dem Leben und Werk von Ludwig Fels einen Abend, begleitet von einer Auswahl seines umfangreichen literarischen Schaffens.

Nachdem eine Original-Audioaufnahme von Ludwig Fels den ersten Hauptteil eröffnete, las der Schauspieler Andreas Beck aus dem jüngst posthum erschienen gleichnamigen Gedichtband. Das schmale Bändchen, das Gedichte aus den Jahren 1973 bis 2018 präsentiert, belegte zwei Monate lang einen Spitzenplatz in den österreichischen Literatur-Bestenlisten und wurde von namhaften Feuilletons im gesamten deutschsprachigen Raum ausnahmslos äußerst positiv besprochen.

Beck brachte ausdrucksstark den richtigen Tonfall in die knapp zwanzig Rezitationen ein. Die Zärtlichkeit von "Ich möchte so gerne mit dir zusammen atmen" gepaart mit der auf den ersten Blick oberflächlichen Naivität im "Nächsten Sommer" wurden rhetorisch mit der Realitätschronik "Biergarten an einem Regentag" angereichert.

Anschließend bat "Conferencier" Matthias Seier zwei Weggefährten von Fels auf die Talk-Couch: den österreichischen Literaturkritiker, Schriftsteller und Fernsehmoderator Günter Kaindlstorfer sowie den ORF-Kulturjournalisten Robert Weichinger. Beide hatten Fels nach seinem Umzug nach Wien 1983 sowohl kennen als auch schätzen gelernt und die ganzen Jahre hindurch begleitet. Man lernte durch ihren Rückblick einen aufrichtigen, humorvollen, herzlichen und äußerst belesenen Menschen kennen.

Abschließend die Frage: Was wird von Ludwig Fels bleiben?

Beide waren unisono der Meinung, dass die große Zeit des Ludwig Fels eigentlich noch kommen wird.

Kolonialzeit in der "Hottentottenwerft"

Weichinger stellte dabei insbesondere den aktuellen Gedichtband "Mit mir hast du keine Chance" als Verdichtung seines lyrischen Schaffens sowie die beiden Romane "Der Himmel war eine große Gegenwart", worin Fels die Beziehung zu seiner Mutter verarbeitet, und "Hottentottenwerft", das die unrühmliche deutsche Kolonialzeit im heutigen Namibia und früheren Deutsch-Südwest-Afrika thematisiert, als nachhaltig wirkende Werke in den Vordergrund. Kaindlstorfer vertrat sogar die Ansicht, dass es in naher Zukunft so etwas wie eine Ludwig Fels Renaissance geben werde.

Im Anschluss an die Talkrunde nahm Andreas Beck wieder den Lesepart auf und präsentierte Auszüge aus der "Hottentottenwerft", dem vorletzten Fels-Roman. Hierbei wurde dem Publikum nochmal die Sprachmächtigkeit des Autodidakten, der zeitlebens eine kritische Distanz zum Literaturbetrieb hegte, eindrucksvoll nähergebracht.

Ludwig-Fels-Park an der Elkan-Naumburg-Straße geplant

In seiner Geburtsstadt Treuchtlingen soll natürlich etwas mehr von ihm bleiben als nur seine Bücher: Voraussichtlich im Frühjahr 2024 ist die Einweihung des Ludwig-Fels-Parks an der Elkan-Naumburg-Straße geplant, so Kugler. Vor allem soll damit, wie die Neue Zürcher Zeitung vor kurzem schrieb, nicht nur den "Treuchtlingern selber nähergebracht werden, dass in ihren engen Gassen ein bedeutender und vielfach ausgezeichneter Schriftsteller erste Lebens- und Leidenserfahrungen gemacht hat."

Die Realisierung, Ausarbeitung und Weitergabe eines solchen Potenzials könnten Treuchtlingen zur Fels-Stadt schlechthin machen: Denn Wien ist eigentlich schon randvoll mit namhaften Künstlern, so Kugler abschließend, der in Treuchtlingen in der Hauptstraße das Schallplattencafé "Vinylla Fudge" mitbetreibt.

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