Messerstecherei am Hafnermarkt
Leiche an Gleis 2: Soko mit 20 Beamten sucht Zeugen nach Gewaltverbrechen in Gunzenhausen
1.1.2023, 09:54 UhrDie schwarze Plane, die an einigen Bauzäunen festgemacht ist, flattert im Wind. Die Konstruktion direkt auf den Gleisen am Gunzenhäuser Bahnhof dient als Sichtschutz, denn dort haben am Samstagmorgen gegen 8.30 Uhr Bahn-Mitarbeiter eine grausige Entdeckung gemacht: Sie fanden eine Leiche.
Kein Bahnverkehr
Am Silvestermorgen fahren auf der Strecke Gunzenhausen-Pleinfeld keine Züge. Reisende stehen am Bahnhof, schauen verdutzt auf die Anzeige mit der Aufschrift "Zug entfällt" und tippen auf ihren Smartphones herum. Nur am äußersten Gleis 5 fährt ab und zu ein Zug in Richtung Ansbach oder Treuchtlingen.
Der Bahnverkehr auf den restlichen Gleisen ist eingestellt. Beamte der Ansbacher Kriminalpolizei und Polizisten aus Gunzenhausen sind auf den Schienen unterwegs. Sie laufen langsam und mit gesenktem Blick in Richtung Bahnhofsgebäude, suchen nach Hinweisen und Gegenständen, die mit der Tat zusammenhängen könnten.
Denn der 23-Jährige aus Gunzenhausen, dessen Körper leblos an Gleis 2 hinter dem Bauzaun liegt, ist vermutlich einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen, sagt Michael Petzold, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Mittelfranken. Der junge Mann weise Verletzungen auf, die auf "körperliche Gewaltanwendung durch Unbekannte" schließen lassen.
Lagebesprechung am Gleis
Drei Polizeifahrzeuge parken auf Stellplätzen am Ende des Bahnhof-Parkplatzes, im Gleisbereich dahinter liegt der Tote. Zahlreiche Beamte der Ansbacher Kripo, Vertreter der Staatsanwaltschaft und Polizisten der Gunzenhäuser Polizeiinspektion sind da, besprechen die Lage und das weitere Vorgehen.
Kurz drauf kommt eine Rechtsmedizinerin, um Fotos von der Auffindesituation zu machen. Ein älterer Mann parkt sein Auto auf dem Parkplatz und schaut neugierig über die Hecke. „Ist da einer vom Zug erwischt worden?“, fragt er. Bis in den Nachmittag hinein bleibt die Strecke Gunzenhausen-Pleinfeld gesperrt, denn die Mitarbeiter der Spurensicherung müssen ihre Arbeit tun. Die Bahn richtet für die Reisenden ab Mittag einen Schienenersatzverkehr ein. "Jeder hätte sich den Silvestermorgen anders vorgestellt", sagt Petzold.
Der leblose Körper am Bahnhof gibt den Ermittlern auch am Sonntag noch Rätsel auf. Sie prüfen, um es einen Zusammenhang gibt mit einem Vorfall, der sich gegen 6 Uhr am Silvestermorgen am Hafnermarkt zugetragen hat. Laut Polizeisprecher gab es dort, ungefähr vor der Kneipe "Holzwurm", eine körperliche Auseinandersetzung.
Kripo "Gleis" ermittelt
Ein 23-Jähriger aus dem Raum Gunzenhausen wurde dabei mit einem Messer schwer am Oberkörper verletzt. Er kam in ein Krankenhaus.
Gegen 8.30 Uhr fanden Bahn-Mitarbeiter dann die Leiche eines anderen 23-jährigen Gunzenhäusers. Ein Notarzt konnte nur noch den Tod des Mannes feststellen.
Die Ansbacher Kripo ermittelt nun, ob es einen Zusammenhang zwischen den Vorfällen gibt und hat dafür die Soko "Gleis" gegründet. "Darin sind 20 Beamte, die am Samstag bis spät in die Nacht gearbeitet und auch am Sonntag weitergemacht haben", sagt Polizeisprecher Petzold am Sonntag auf Nachfrage des "Altmühl-Boten".
Sie gehen Hinweisen von Zeugen nach, die nach einem Aufruf der Polizei inzwischen eingegangen sind. Außerdem prüfen die Ermittler laut Petzold die Lebensumstände des Getöteten, zum Beispiel, wo sein Ankerpunkt war, was er gemacht und wen er getroffen hat. Auch müssten die Beamten eine Vielzahl an Personen befragen, die am Samstagmorgen im Bereich des Hafnermarkts unterwegs gewesen waren, wo der 23-Jährige aus dem nördlichen Landkreis mit einem Messer schwer verletzt wurde.
Termin für Obduktion
Der Verletzte konnte inzwischen im Krankenhaus vernommen werden, er befinde sich in einem stabilen, nicht lebensbedrohlichen Zustand, sagt Petzold. Der Tote von Gleis 2 soll am Montag in der Rechtsmedizin obduziert werden.
Bislang habe die Polizei noch keinen konkreten Tatverdächtigen und auch keinen Zusammenhang zwischen den Vorfällen ermitteln können, sagt der Pressesprecher. Auch die Suche nach Zeugen gehe weiter: Wer hat am Silvestermorgen gegen 6 Uhr eine körperliche Auseinandersetzung am Hafnermarkt beobachtet? Wer hat in den frühen Morgenstunden einen Auseinandersetzung am Gunzenhäuser Bahnhof bemerkt?
Wer hat den getöteten 23-Jährigen zwischen 4 und 8.30 Uhr in Gunzenhausen gesehen? Nach Polizeiangaben trug er eine blaue Jogginghose der Marke "Lacoste" mit auffallend breiten grünen Streifen an den Beinaußenseiten, weiße Turnschuhe mit roten Applikationen und eine beige Jacke.
Streit im Drogenmilieu?
Hinweise nimmt die Ansbacher Kriminalpolizei unter Telefon 0911/21123333 oder der Polizeinotruf unter Telefon 110 entgegen.
In der Bevölkerung ist der Gunzenhäuser Bahnhof als Drogenumschlagsplatz bekannt. Könnte es sich bei den Vorfällen, falls sie denn zusammenhängen, um einen Streit im Milieu gehandelt haben? Polizeisprecher Petzold hält sich dazu bedeckt: "Wir schließen gar nichts aus."
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