Gunzenhausen möchte "Fairtrade-Town" werden
1.10.2020, 05:59 UhrZunächst aber sah es in der jüngsten Sitzung des Stadtrats so aus, dass die Grünen mit ihrem Antrag, dass sich Gunzenhausen um dieses Siegel bewerben solle, auf ganzer Linie scheitern würden. Als "schlichtweg überflüssig" bezeichnete Sigrid Niesta-Weiser (FDP) dieses Ansinnen und Dr. Werner Winter (Freie Wähler) hielt einen solchen Beschluss für nicht notwendig, schließlich gebe es in Gunzenhausen bereits eine Agenda-21-Gruppe, in deren Arbeitsfeld genau dieses Thema falle. So sah es auch Friedrich Kolb (CSU) und sein Fraktionskollege Arno Dernerth befand, dass das "nicht Aufgabe der Stadt" sei. Wobei alle betonten, dass Fairtrade als solches natürlich wichtig und unterstützenswert sei.
Die Stadträte, die den Grünen-Antrag gerne abgeschmettert hätten, hatten allerdings die Rechnung ohne den Einzelhandel und den Bürgermeister gemacht. So hielt Erika Gruber (CSU) ein eindringliches Plädoyer für den Grünen-Antrag. Sie erlebe es in ihrem Geschäft immer öfter, dass die Kunden nach Waren mit Fairtrade-Siegel fragen. Es gebe ja nicht nur fairen Kaffee, auch Textilien oder Kosmetika werben mit diesem Siegel für sich. Die sozialen, ökonomischen und ökologischen Kriterien des Siegels ermöglichten, dass Kleinbauern für ihre Waren einen guten Preis erzielen, das sei zu unterstützen.
Durch "Fairtrade-Town" interessantes Angebot in den Geschäften
Zuvor hatte sich auch schon Julia Braun (Freie Wähler) positiv geäußert. Es gebe, so die Einzelhändlerin, mittlerweile eine "richtiggehende Bewegung", das sollten "wir als Stadt wahrnehmen". Dass der Titel "Fairtrade-Town" nicht nur bedeutet, dass beispielsweise im Rathaus Fairtrade-Kaffee ausgeschenkt wird, das hat Julia Braun in Murnau selbst erlebt. Der Ort beteiligt sich seit Mai 2015 an der Aktion, Fairtrade ist in der ganzen Stadt präsent und dadurch gebe es auch ein interessantes Angebot in den Geschäften.
Gunzenhausen könnte hier eine "Vorreiterrolle" übernehmen, ist Peter Reitmaier (Piraten) sicher und auch die SPD-Fraktion befürwortete den Antrag der Grünen. Die Stadt vergebe sich nichts, wenn sie hier "ein Zeichen" setze, so Angela Schmidt.
Für den Titel "Fairtrade-Town" muss die Stadt fünf Kriterien erfüllen, wie Ingrid Scala bei der Vorstellung des Antrags erläutert hatte. So braucht es einen Beschluss des Stadtrats, dass bei allen seinen Sitzungen, in denen der Ausschüsse und im Bürgermeisterbüro Kaffee und ein weiteres Produkt aus fairem Handel angeboten wird, gleiches gilt für Schulen, Vereine und Kirchen, die zudem entsprechende Bildungsangebote machen sollten. Auch der Einzelhandel und die örtliche Gastronomie sollte solche Produkte ins Sortiment nehmen.
Schließlich braucht es eine lokale Steuerungsgruppe, die die Aktivitäten auf dem Weg zur Fairtrade-Stadt koordiniert. Sie war es auch, die den Gegnern ein Dorn im Auge war, schließlich habe die Verwaltung und auch der Stadtmarketingverein wichtigere Aufgaben, wahrzunehmen. Doch die beiden müssen in der Gruppe gar nicht vertreten sein, vielmehr sind laut Ingrid Scala Einzelhandel, Gastronomie, Schule, Kirchen und natürlich die Agenda-21-Gruppe gefragt.
Steuerungsgruppe soll Ablehnung verhindern
Einen Vorschlag zur Güte machte schließlich der Bürgermeister, um zu verhindern, dass der Antrag abgelehnt wird. Er regte an, dass – umgekehrt zum normalen Vorgehen – zuerst eine Steuerungsgruppe gebildet wird, um die Aktivitäten vor Ort anzuschieben. Erst wenn die notwendigen Kriterien erfüllt sind, soll der Titel beantragt werden. Geleitet wird die Gruppe von Stadträtin Ingrid Scala, die Zusammenarbeit mit der Agenda-21-Gruppe hat ihre Fraktionskollegin Kerstin Zels zugesagt.
Diesem Vorgehen konnten sich alle Stadträte anschließen. So könnte es sein, dass sich neben Oettingen, Ansbach, Eichstätt, Roth oder Herrieden auch bald Gunzenhausen den Titel "Fairtrade-Town" ans Ortsschild heften darf.
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