Saisoneröffnung mit "Moby-Dick"

Ein Spektakel auf der Bühne: Die Jagd auf den weißen Wal begeisterte in der Gunzenhäuser Stadthalle

21.10.2024, 15:00 Uhr
Das Münchner ensemble persona zeigte in der Gunzenhäuser Stadthalle eine Bühnenversion des bekannten Werks "Moby-Dick" von Herman Melville.

© Manuel Grosser/Manuel Grosser/Stadt Gunzenhausen Das Münchner ensemble persona zeigte in der Gunzenhäuser Stadthalle eine Bühnenversion des bekannten Werks "Moby-Dick" von Herman Melville.

Manchmal braucht es den Tod, um Leben zu entfachen. Es ist kaum vorstellbar, doch Herman Melvilles 1851 erschienenes Werk "Moby-Dick" war anfangs ein richtiger Flop. Der amerikanische Autor musste erst sterben, damit seine packende Geschichte die Welt erobern konnte. Wie sich das ungleiche Duell zwischen dem rachsüchtigen Misanthropen, dem Schiffskapitän Ahab, und dessen naturgewaltigen Erzfeind, dem Walfisch Moby-Dick, auf der Theaterbühne schlägt, das konnten Gunzenhäuser Theaterbesucher zum Auftakt der Saison nun in der Stadthalle erleben. Dort tauchte das gewohnt experimentierfreudige Münchner ensemble persona tief in das lebensverneinende System der Walfischjagd ein.

Regisseur Tobias Maehler wählt sich in der Regel drei Schwerpunkte des Plots aus und stellt diese ins Zentrum der Aufführung. Der Restinhalt wird zum Füllmaterial oder Fragment. Seine Moby-Dick-Story konzentrierte sich auf das Rachemotiv, auf das Walfanggeschäft und auf die lange Zeit auf See.

Kapitän Ahab ist zunächst nur ein Schreckgespenst in den Köpfen der Matrosen - und Zuschauer

Kapitän Ahab erhebt er zur unheimlichen Präsenz, welche die ersten 30 Minuten nur als Schreckgespenst in den Köpfen der Matrosen existiert. Allein das dumpfe Klopfen seines Holzbeins zeugt von seiner Anwesenheit an Bord der Pequod. Er und Moby-Dick, sie sind eins, eine Entität, die der Besatzung körperliche und seelische Schmerzen zufügt. Tonal symbolisiert durch den traurigen Gesang eines Wales legt er einen Mantel des Schreckens über die Crew. In einer beeindruckenden Szene schließen Kapitän und Besatzung einen Pakt. Die Matrosen versprechen Ahab ihre Seelen.

Unter dem jähzornigen Kapitän zu dienen, ist Arbeit bis zur Selbstaufgabe, es kostet Schweiß und Speichel, am Ende vielen gar das Leben. Die Schauspieler Nick-Robin Dietrich (Ismael), Luca Rouven Schmitz (Queequeg), Anna März (Starbuck) und Sophia Lahme (Stubb) sind ständig in Bewegung, sie rennen, schreien und schleppen schwere Fässer – das raue Leben auf See, konzentriert auf der Theaterbühne.

Der Kampf mit den Naturgewalten und dem weißen Wal kostet am Ende Ahab und fast seiner gesamten Mannschaft das Leben.

Der Kampf mit den Naturgewalten und dem weißen Wal kostet am Ende Ahab und fast seiner gesamten Mannschaft das Leben. © Manuel Grosser/Stadt Gunzenhausen

In der literarischen Vorlage heißt es, dass Walfänger "so nah wie möglich an das Wasser heran" müssen. Das Ensemble kehrte diese Aussage um und ging mit dem Publikum punktuell auf Tuchfühlung. Der Raum zwischen den Stuhlreihen wurde kurzerhand zur erweiterten Theaterbühne. Apropos Bühne: Das von einigen Besuchern vorher als Kindergartenklettergerüst verspottete Bühnenbild entpuppte sich in seiner konstruktiv-kreativen Einfachheit als der große Wurf. Die zwei in tiefem rot gehaltenen Elemente waren Hafen, Schiff und Aufenthaltsraum zugleich.

Im Vergleich zur Vorlage bleibt Kapitän Ahab (Peter Kempkes) ein wenig blass. Außerdem hat das einem perfiden Perpetuum mobile gleichende Hasskonstrukt mit den Bestandteilen Crew, Kapitän und Wal seine Schwächen. Tyrann und Untergebene bedingen sich in wechselseitiger Abhängigkeit, der Wal jedoch müsste allerdings außerhalb rationaler Überlegungen stehen. Im Stück wird dem Tier ebenfalls Rachsucht unterstellt, dabei ist es Ahab, der töten will.

Tatsächlich in Szene tritt der weiße Wal nur im fantastischen Finale - alsScherenschnittelement im Rahmen eines Schattentheaters. Der Dreimaster ist versenkt und mit ihm der Kapitän und die meisten Crewmitglieder. Ahab wird für sein sündhaftes Verhalten bestraft. Zuerst verfällt er dem Wahnsinn, später ereilt ihn neben dem psychischen auch der physische Tod. Sein Tod vollendet den Reinigungsprozess. Wie selbstverständlich lässt Moby-Dick einen Zeugen (Ismael) am Leben. Dieser kann nun vom ewigen Kampf und der Vendetta berichten.

Die Gunzenhäuser Theaterspielzeit findet am Samstag, 7. Dezember, mit der Bestselleradaption "Achtsam morden" seine Fortsetzung. Nähere Informationen und Karten gibt es über die städtische Tourist Information und das Kulturbüro unter (09831) 508-109 oder per E-Mail an kulturamt@gunzenhausen.de.

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