Verantwortliche des Naturparks
Delegation aus dem Südschwarzwald studiert Unwetterschutz: Maßnahmen in Altmühlfranken im Fokus
11.9.2024, 15:00 UhrAus dem Südschwarzwald sind Verantwortliche des Naturparks nach Westmittelfranken gereist, um sich Maßnahmen im Hinblick auf Unwetterschutz anzuschauen. Das Amt für Ländliche Entwicklung Mittelfranken unterstützt mit der Initiative "boden:ständig" Regenrückhalte, Gewässerrenaturierungen oder naturnahe Verlegungen von Bächen oder Flüssen. Es geht darum, Wasser in der Fläche zu halten, um nach Unwettern das Abfließen über Felder zu verhindern.
Der erste Tag führte die zwölf Gäste an den Hahnenkammsee im Landkreis WUG, der zweite nach Hechelbach im Landkreis NEA. Der Naturpark Schwarzwald ist mit knapp 4000 Quadratkilometern der zweitgrößte in Deutschland. In Zeiten des Klimawandels steht die vielfältige Landschaft vor Herausforderungen – auch was Flächenbewirtschaftung und Tierhaltung betrifft.
Überschwemmungen bis in die Dörfer
Viele Jahre hatte der Hahnenkammsee mit Blaualgen zu kämpfen. Nach Unwettern kam es immer wieder zu Überschwemmungen im Rohrachtal – zum Teil bis in die Dörfer hinein. Vor zehn Jahren startete "boden:ständig Hahnenkammsee" als Pilotprojekt in Mittelfranken. Mit dabei das Amt für Ländliche Entwicklung Mittelfranken, das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Roth-Weißenburg sowie das Wasserwirtschaftsamt Ansbach. Schlüssel zum Erfolg ist die Zusammenarbeit der Behörden und Menschen vor Ort – wie die Besitzer der Flächen, die sie bereitstellen oder die Landwirte, welche die Felder bewirtschaften. Viele Hände greifen bei "boden:ständig" ineinander, wie Projektbegleiter Jakob Meier vom Amt für Ländliche Entwicklung den Gästen erklärte.
Am Hahnenkammsee entstand ein Regenrückhalte-Becken mit einem Volumen von rund 650 Kubikmetern. Dafür wurden "lediglich" die Baggerstunden eingekauft. Das spart Kosten. Vier hintereinanderliegende Becken mit einem Fassungsvermögen von rund 1000 Kubikmetern verlangsamen oberhalb von Hechlingen am See den Wasserfluss und ermöglichen ein Absetzen der Sedimente. Die Kosten für die elf Baumaßnahmen bisher schätzt das Amt für Ländliche Entwicklung auf rund 100.000 Euro, die Förderung liegt bei 85 Prozent.
Ausgezeichnete "Käseschätze"
In Hechelbach – einem Ortsteil der Marktgemeinde Obernzenn – ging es für die Gäste am zweiten Tag auf den Hof der Familie Schwarz-Wittigschlager, die 120 Milchkühe hat. Belinda Schwarz-Wittigschlager stellt Käse her, den sie im Hofladen in Hechelbach und auf dem Wochenmarkt in Uttenreuth (östlicher Landkreis ERH) verkauft. Schon zweimal gab es dafür aus den Händen von Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber in den letzten beiden Jahren eine Auszeichnung beim Wettbewerb "Käseschätze". Ehemann Michael Wittigschlager kümmert sich mit seiner Frau ums Milchvieh und eine kleine Biogasanlage.
Der Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim gehöre zu den trockensten in Deutschland, stellte Ex-Landrat Helmut Weiß fest. Aufgelassene Güllegruben oder ehemalige Kläranlagen stehen als Wasserspeicher zur Verfügung. "Wir als Gemeinde waren in den Jahren 2016 und 2021 besonders vom Hochwasser betroffen", so Obernzenns Bürgermeister Reiner Hufnagel. "In 18 Stunden sind über 200 Liter heruntergekommen. Die ‚boden:ständig‘-Maßnahmen passen thematisch wunderbar zusammen, da der Landkreis auf dem Weg ist, klimaresilient zu werden."
Es mache auf jeden Fall Sinn, im Vorfeld die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen, sagte Abteilungsleiter Markus Dohrer vom Amt für Ländliche Entwicklung Mittelfranken: "Gemeinsam ist die Überschrift." In Obernzenn habe es Flächentäusche gegeben, so Dohrer. Dadurch haben die Landwirte die Möglichkeit, ihre Felder quer zum Hang zu bewirtschaften – Unterstützung bekamen die drei Landwirte vor Ort von Umsetzungsbegleiter Hans Koch. "Das Wasser, das wir bei uns halten, kommt in Trautskirchen oder Nürnberg gar nicht an", stellte Landwirt Michael Wittigschlager fest. Außerdem setzt der Bauer auf die Bewirtschaftung mit Zwischenfrüchten und nutzt Kalk als Bodendünger.
"Kalk gibt Stabilität"
"Kalk ist für den Boden so wie Backpulver für den Kuchen – er gibt Stabilität", erklärte Projektbegleiter Jakob Meier. Und die Gäste? Sie waren am Ende alle voll mit neuen Eindrücken und satt. Belinda Schwarz-Wittigschlager hatte ein paar ihrer Käseköstlichkeiten aufgetischt.
"Wir schauen mit ganz neidischen Augen rüber nach Bayern, bei uns gibt es kein Amt für Ländliche Entwicklung Mittelfranken. Wenn wir für Maßnahmen Unterstützung benötigen – fachlich oder finanziell – dann haben wir mit ganz unterschiedlichen Behörden zu tun, was es komplizierter macht", stellte Geschäftsführer Roland Schöttle vom Naturpark Südschwarzwald fest. Deswegen ist für 2025 ein weiterer Austausch mit den Akteuren aus Mittelfranken und Baden-Württemberg geplant – und zwar auf politischer Ebene, warf Jakob Meier den Blick voraus.
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