Dieses Archivbild von 2023 zeigt streikende Lehrkräfte in Sachsen. Laut einer Befragung der Erziehungsgewerkschaft GEW sind auch Bayerns Schulleitungen am Limit.
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Dieses Archivbild von 2023 zeigt streikende Lehrkräfte in Sachsen. Laut einer Befragung der Erziehungsgewerkschaft GEW sind auch Bayerns Schulleitungen am Limit.

"Strukturelles Problem"

GEW-Vorsitzende aus Nürnberg: Viele Schulleitungen gehen krank zur Arbeit

Bayerns Schulleitungen und auch ihre Stellvertretungen kommen häufig krank zur Arbeit. Das sagt Martina Borgendale, Nürnberger Landesvorsitzende der Erziehungsgewerkschaft GEW. "Dieser Wert ist bei Lehrkräften allgemein schon deutlich höher als bei anderen Berufsgruppen, und bei den Schulleitungen nochmals signifikant über dem Wert der Lehrkräfte." Borgendale bezieht sich bei den Zahlen auf eine Befragung von 700 Schulleitungsmitgliedern durch die Freiburger Forschungsstelle für Arbeitswissenschaften.

Dieser "Präsentismus" sei in den Grund- und Mittelschulen besonders ausgeprägt - und genau diese Schularten litten seit Jahren unter Lehrkräftemangel. 80 Prozent der Antwortenden gaben demnach in der Umfrage an, dass sie oft oder immer den ganzen Tag in hohem Tempo arbeiten. 70 Prozent können selten oder nie ihre Pausenzeiten einhalten. Die Häufigkeit von Burnout-Symptomen bei den Schulleitungen sei gegenüber anderen Berufen deutlich erhöht, fasste der ebenfalls aus Nürnberg kommende stellvertretende Landesvorsitzende Florian Kohl die Umfrageergebnisse zusammen.

Martina Borgendale erklärt weiter, dass Schulleitungen neben ihrer originären Aufgabe, der Schulentwicklung, zu viel Verantwortung für zu viele Bereiche tragen müssten. Im Vergleich zu anderen Schularten müssten Rektorinnen und Rektoren von Grund-, Mittel- und teilweise auch Förderschulen häufiger selbst unterrichten, Verwaltungsmanagementaufgaben übernehmen und sogar Sorge für den Gesundheitsschutz ihrer Lehrkräfte tragen.

So müssten Schulleitungen etwa die berufliche Wiedereingliederung einer Lehrkraft übernehmen, was viel Zeit in Anspruch nehme. Gleichzeitig nimmt die Zahl langzeitkranker Lehrkräfte zu. Das hat zur Folge, dass auch die Wiedereingliederungsmaßnahmen steigen. Deshalb fordert die Gewerkschaft sowohl mehr Leistungsfreistellungen als auch mehr nicht-pädagogische Unterstützung für Schulleitungsteams, etwa durch Betriebsärzte oder Fachkräfte für Arbeitssicherheit.

Verantwortlich für Gesundheitsschutz der Kollegen

Die Gewerkschaft kritisiert konkret das bayerische Dienststellenmodell, das auf betriebsärztliche und arbeitssicherheitstechnische Fachkräfte verzichte und den Leitungen die Verantwortung für den Gesundheitsschutz des Personals übertrage. "Wir brauchen dringend die vorgeschriebenen Gefährdungsbeurteilungen auch bei den Schulleitungen", forderte GEW-Expertin Angelika Altenthan. "Es kann nicht sein, dass die Schulleitungen selbst für den Arbeitsschutz des inneren Schulbetriebes zuständig sind, sich aber niemand um sie selbst kümmert."

Das zuständige Arbeitsmedizinische Institut für Schulen (Amis) sei laut GEW nicht ausreichend. "Wir brauchen konkret vor Ort ein Instrument für den Arbeitsschutz an Schulen, um dort die Überlastungssituation ermitteln zu können", sagt Kohl. Lehrkräften und Schulleitungen das Gefühl zu geben, sie müssten sich nur ausreichend coachen und fortbilden, ginge in die falsche Richtung. "Es läuft strukturell viel falsch", kritisieren Borgendale und Kohl. "Ich empfehle jedem das Buch ,Kinder - Minderheit ohne Schutz‘ des Erziehungswissenschaftlers Aladin El-Mafaalani. Er beschreibt, was uns erwartet, wenn wir nicht handeln", sagt Florian Kohl.

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