Ein Blick aus glücklichen Zeiten: Timo Strotmann trägt seine Frau auf dem Rücken. Inzwischen hat der Long-Covid-Erkrankte aus Adelsdorf dazu keine Kraft mehr.
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Ein Blick aus glücklichen Zeiten: Timo Strotmann trägt seine Frau auf dem Rücken. Inzwischen hat der Long-Covid-Erkrankte aus Adelsdorf dazu keine Kraft mehr.

"Ich gebe nicht auf"

Long-Covid-Kämpfer aus Raum Erlangen: Timo Strotmann hofft auf Hilfe zu seinem Geburtstag

Die Erschöpfung lähmt ihn seit Jahren. "Ich gebe nicht auf", sagt Timo Strotmann trotzdem. "Dieses Versprechen habe ich vor allem meiner Frau gegeben, die sich in den letzten Jahren aufopferungsvoll um mich gekümmert hat." Denn der 32-Jährige leidet seit 2022 an Long Covid. Er hatte keine Vorerkrankungen, war geimpft und hatte einen milden Verlauf. Dennoch liegt das Leben von Timo Strotmann in Trümmern - er hat schon mehrere Zehntausend Euro ausgegeben in der Hoffnung auf Heilung.

Allein bis zu einer Diagnose ist es ein langer Weg. Um herauszufinden, was ihn aus dem Alltag katapultiert hat und um mögliche Medikamente zu finden, hat er im Erlanger Klinikum an Studien teilgenommen. Doch schon die Voruntersuchungen haben ihn körperlich weit zurückgeworfen - einfach, weil er über seine Grenzen hinausgegangen ist.

Bittere Wahrheit und Kampf mit Long Covid in Adelsdorf und Wachenroth

Denn auch das ist die bittere Wahrheit. "Ich bin Fußballer und war es gewohnt, mich auch mal durchzubeißen", sagt er. "Wenn ich so was heute tue, verschlechtert sich mein Zustand dauerhaft immens." Das berichten ihm auch viele Kranke, die an Reha-Maßnahmen teilnehmen. Diese bringen keine Verbesserung, im Gegenteil.

Sportlich: Timo Strotmann vor seiner Erkrankung bei einer Fahrradtour.

Sportlich: Timo Strotmann vor seiner Erkrankung bei einer Fahrradtour. © Strotmann

Inzwischen weiß Timo Strotmann: Er leidet an ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom) - einer schweren neuroimmunologischen Erkrankung, "die mit einer extrem niedrigen Lebensqualität verbunden ist", wie er es formuliert. Phasenweise kann er nur im abgedunkelten Zimmer liegen. Über Monate tun ihm jeden Tag Muskeln und Gelenke weh - eine Zeit lang musste er im Rollstuhl sitzen. Er ist arbeitsunfähig, kann nicht lange genug stehen, um zu kochen, leidet unter Schlafstörungen. "Dinge, die früher selbstverständlich waren – Fußball, Reisen oder einfach nur ein Abend mit Freunden – sind für mich unmöglich geworden", bekennt der Adelsdorfer, der inzwischen in Wachenroth lebt.

ME/CFS tritt häufig nach Infektionen auf und führt zu einer anhaltenden Erschöpfung, die durch körperliche oder geistige Anstrengung verstärkt wird. "In Deutschland sind über 500.000 Menschen betroffen", meint Strotmann - andere Quelle sprechen von noch mehr Kranken. Fakt ist: Es sind mehr doppelt so viele wie bei Multiple Sklerose. Dennoch ist ME/CFS bis heute wenig erforscht, "und es gibt keine zugelassene Therapie".

Das hat unter anderem einen Grund: "Die Betroffenen", sagt Timo Strotmann, "verschwinden einfach aus dem Leben." Er erzählt von einer jungen Frau aus Ansbach, die seit drei Jahren nur in einem abgedunkelten Raum liegen kann. "Sie denkt über Sterbehilfe nach, weil sie so verzweifelt ist." Der 32-Jährige hat sich im Jahr 2022 mit anderen Betroffenen zusammengetan. Unter dem Hashtag #nichtgenesen posten sie Bilder von sich auf Instagram und geben Eckdaten zu ihrem Krankheitsverlauf bekannt. "Wir wollen leben, nicht überleben."

Inzwischen erlaubt es sein Gesundheitszustand dem Adelsdorfer nicht mehr, sich in der Initiative zu engagieren, die aktuell anlässlich des internationalen Long-Covid-Awareness-Days am 15. März zu einer stillen Visualisierungsaktion in die Münchener Innenstadt einladen hat. An manchen Tagen kann er sein Handy gar nicht in die Hand nehmen - zu viel Reiz und Schmerz.

Im Rahmen seiner Möglichkeiten kämpft Strotmann trotzdem weiter. Zu seinem 33. Geburtstag sammelt er Spenden für die ME/CFS Research Foundation. "Die Stiftung setzt sich für dringend benötigte biomedizinische Forschung ein, und jeder gespendete Euro fließt zu 100 % direkt in die Forschung", schreibt er in seinem Aufruf auf der Plattform Gofundme. Über 1300 Euro hat er dort schon gesammelt (Stand 12.3.).

"Ich bin Realist", sagt Strotmann, "es gibt zwar Einzelfälle, wo Betroffene wieder genesen sind - aber es braucht mehr Forschung. "Eine Spende schenkt mir sowie Millionen anderer Betroffener weltweit ein Stück Hoffnung."

Der Spendenaufruf ist online hier zu finden: https://gofund.me/ff5e63d0. Wer seine Spende steuerlich absetzen möchte, kann auch direkt an die ME/CFS Research Foundation überweisen.

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