Siebenbürgische Jugendtanzgruppe
Die "Herzis": Folklore ganz modern
19.10.2021, 10:25 UhrJedes Mal, wenn ein Junge oder ein Mädchen den Raum betritt, ist ein großes Hallo. Gelächter weht durch den Raum. Die Erleichterung, sich endlich wieder treffen, endlich wieder gemeinsam tanzen zu dürfen, ist deutlich spürbar. Denn natürlich musste auch die Siebenbürgische Jugendtanzgruppe während der Corona-Pandemie pausieren.
Gelöste Atmosphäre
Jetzt aber geht es wieder los, unter den gestrengen Augen von Brigitte Krempels. Obgleich die Leiterin gar nicht so streng ist. Alle duzen sich, die Atmosphäre ist gelöst.
Bereits 1995 haben Brigitte Krempels und ihr Mann gemeinsam mit einigen Freunden und Bekannten die Siebenbürgisch-Sächsische Volkstanzgruppe Herzogenaurach gegründet. Im Jahr 2000 folgte eine Kindergruppe (ab drei Jahren bis ca. elf Jahre) und 2003 schließlich eine Jugendgruppe (ab zwölf Jahren), die heute auch einfach "Herzis" genannt wird. All diese losen Gruppierungen agieren unter dem Dach des Kreisverbandes der Siebenbürger Sachsen in Nürnberg.
Offen für alle
Haben die Mitglieder zwar überwiegend siebenbürgische Wurzeln, so sind heute auch nichtsiebenbürgische Jugendliche willkommen. "Wir sind offen für alle", betont Brigitte Krempels.
Und dann wird getanzt. Los geht es mit einem Nagelschmied - einem flotten, lebendigen Tanz aus der Schweiz. "Die Schweizer Bewegung hat neue Tänze kreiert, die sich inzwischen etabliert haben und ideal für die Jugendlichen sind. Denn die Choreografien der alten siebenbürgischen Volkstänze sind oft sehr getragen." Brigitte Krempels will auch gar nicht so sehr von "Volkstanz" sprechen, das klinge so angestaubt. "Folklore aus dem deutschsprachigen Raum" sei der bessere Begriff.
Unvergleichlicher Gruppenspirit
Tatsächlich ist bei dem Herumwirbeln der Jugendlichen nichts Angestaubtes zu entdecken, vielmehr Spaß und Freude an der Bewegung und am Beisammensein. Und genau das macht die Siebenbürgische Jugendtanzgruppe auch aus: die Gemeinschaft. "Der Gruppenspirit ist unvergleichlich", sagt die 19-jährige Stephanie Thiess aus Vestenbergsgreuth, die gemeinsam mit ihrer 16-jährigen Schwester Isabelle da ist. Und: "Es ist die Lust, als Gruppe gemeinsam etwas erreichen zu wollen." Denn natürlich sorgen anstehende Auftritte für die nötige Trainings-Motivation. Etwa für das alljährliche Kronenfest - ein großes Ereignis in Herzogenaurach.
Freundschaften in ganz Europa
Auch Besuche bei und der Austausch mit anderen Tanzgruppen stehen auf dem Programm. "Wir sehen viel von der Welt und knüpfen überall Kontakte." Zum Beispiel auch bei der Europeade, einem jährlich stattfindenden, unabhängig organisierten Fest mit Musik und Volkstänzen aus ganz Europa, das immer woanders stattfindet - Belgien, Portugal, Schweden, Italien etc.
Die Thiess-Schwestern sind mit dem Siebenbürgischen Tanz groß geworden, denn schon ihre Mutter tanzte begeistert. "Ich kann es mir gar nicht anders vorstellen", sagt Stephanie und Isabelle nickt zustimmend. Aus Nürnberg sind Marc Pall (13) sowie Maximilian (16) und Karolin (13) Scheel dazugestoßen. Sie alle haben tanzbegeisterte Eltern und haben sich nach der Kindertanzgruppe in Nürnberg der Jugendgruppe in Herzogenaurach angeschlossen.
"In die Gruppe verliebt"
Doch nicht immer ist die Mitgliedschaft ein "Familiending". Die 19-jährige Anna Hußenether ist eine waschechte Mittelfränkin ohne siebenbürgische Wurzeln. Eine Freundin hat sie 2016 mit zum Tanzen genommen. "Ich hatte gar keine Vorstellung, was mich erwartet", erzählt sie. Aber dann sei es so schön und lustig gewesen, die anderen hätten sie so freundlich und offen aufgenommen, "dass ich mich in die Gruppe verliebt habe". Heute hilft sie nebenbei auch noch bei der Leitung der Kindertanzgruppe mit.
Freilich geht es auch um Tradition und um Pflege und Erhaltung des alten Kulturgutes. "Ich versuche, Spaß und Freude am Volkstanz zu vermitteln, und wir wollen die siebenbürgische Gemeinschaft erleben und pflegen", sagt Brigitte Krempels. Auftritte finden deshalb auch in den verschiedensten traditionellen Festtrachten statt - nicht unbedingt einheitlich, da auch früher die Trachten regional sehr unterschiedlich ausfielen.
Aber was muss man denn nun mitbringen, wenn man mittanzen möchte? "Ausdauer und Disziplin", meint Anna Hußenether. "Man muss sich darauf einlassen und auch dranbleiben, sonst bringt's nix."
"Taktgefühl", bringt Stephanie Thiess ins Spiel. "Und man muss sich dafür begeistern können." Der Lohn seien unter anderem eine bessere Koordination und ein besseres Körpergefühl", meint Brigitte Krempels.
Aber über allem steht: "Das gemeinsame Tanzen macht einfach Spaß", bringen es die Gruppenmitglieder unisono auf den Punkt, bevor sie zu den Klängen einer Sternpolka wieder im Kreis wirbeln.
INFO: Neue Mittänzerinnen und Mittänzer sind willkommen. Die Kindertanzgruppe trifft sich jeden zweiten Freitag (in den geraden Kalenderwochen, außer in den Ferien) um 18 Uhr im Generationen.Zentrum in Herzogenaurach, die Jugendtanzgruppe trainiert im Anschluss ab 19.30 Uhr. Nähere Informationen erteilt Brigitte Krempels unter Telefon 0174 - 3260914.
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