30 Betroffene in Deutschland

Extrem seltener Gendefekt: Kann der kleine Mark aus Franken jemals laufen oder sitzen?

Stefan Blank

Region/Bayern

E-Mail zur Autorenseite

6.12.2023, 13:00 Uhr
Der kleine Mark in seiner Wippe. 

© Stefan Blank Der kleine Mark in seiner Wippe. 

Der kleine Mark lächelt. Doch der Junge hat es alles andere als leicht. 22 Monate ist der im mittelfränkischen Bad Windsheim lebende Mark alt. Sitzen, laufen oder einige Worte sprechen, wie andere in seinem Alter, kann er aber nicht. "Marki kann noch nicht einmal seinen Kopf selber halten", erzählt seine Mutter Maria K. mit trauriger Stimme. Der Bub leidet unter einem seltenen Gendefekt. Die Hoffnung der Eltern ruhen nun auf einer Studie der Uniklinik Köln.

GNAO1 - das ist die Bezeichnung des Gendefektes. Wie Dr. Moritz Thiel, Kinderarzt an der Uniklinik Köln, erklärt, sind nur knapp 30 Fälle in Deutschland bekannt, rund 300 weltweit. Die älteste Betroffene in der Bundesrepublik ist 29, der jüngste ist Mark. "Er hat eine sehr schwache Muskulatur, kann nicht alleine essen", erzählt seine Mutter.

Krampfanfälle und Entwicklungsverzögerungen

"Durch die meist spontane und zufällige Neumutation im sogenannten GNAO1-Gen beim ungeborenen Kind, wird bei den betroffenen Kindern eine meist schwere neurologische Erkrankung ausgelöst", erklärt Moritz Thiel. Die Betroffenen leiden unter schweren Entwicklungsverzögerungen, dazu kommen in einigen Fällen Krampfanfälle und eine schwere Bewegungsstörung.

Probleme sind auch sogenannte Dyskinetische Krisen und Epilepsie. "Der Körper bewegt sich dabei unwillkürlich und ohne Pause. Nur mit vielen starken Medikamenten können die Bewegungen unterbrochen werden“, erklärt Maria K.

Als Mark etwa drei Monate alt war, merkten seine Eltern, dass etwas nicht stimmen kann. "Er lag einfach nur da", erinnert sich die 32-Jährige Maria K.. Als der Junge ein halbes Jahr alt war, plädierte auch der zuständige Kinderarzt für Maßnahmen der Frühförderung, doch die Angebote im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim sind begrenzt.

Untersuchung von Rückenmarks-Flüssigkeit

Im Oktober 2022 wurde bei einer MRT-Untersuchung eine Zyste im Kopf gefunden, erzählt Maria K.. Nach dem Weihnachtsfest 2022 musste Mark ins Krankenhaus, wegen eines geschwollenen Lymphknotens. Die erste Diagnose eines Mediziners vorher war noch Hand-Mund-Fuß-Krankheit, als Mark Fieber bekam, gaben die Ärzte Antibiotika. Doch Mark schrie immer wieder vor Schmerzen, andauernd und langanhaltend.

Es ging weiter.Im Januar wurde Mark zwei Wochen in der Uniklinik Würzburg behandelt. Rheuma, Polyarthritis wurde festgestellt, ehe eine Analyse von Rückenmarks-Flüssigkeit im August 2023 den Gendefekt zu Tage brachte.

Maria K. suchte Hilfe in Sozialen Medien, fand Mütter, deren Kinder ebenfalls unter GNAO1 litten. Ein Verein für betroffene Eltern stecke in der Gründungsphase, "GNAO1 - gemeinsam nicht allein" soll dieser heißen. Über dieses Netzwerk kam die Familie zu einem Spezialisten an der Uniklinik Köln, Moritz Thiel.

Zink soll helfen

"Die medikamentöse Therapie ist bisher rein symptomatisch und bei vielen Patienten nur wenig wirksam", sagt der Kinderarzt der Uniklinik Köln. Hoffnung macht nun eine Studie, bei der über ein halbes Jahr untersucht werden soll, ob eine tägliche Zink-Einnahme sich positiv auf den Krankheitsverlauf auswirken könnte. Thiel macht aber auch klar: "Zink wird die Krankheit nicht heilen, könnte aber den Verlauf deutlich abmildern." Das Ziel sei die Bewegungsstörungen zu mildern.

Die Studie baut auf einer am Tiermodell auf, die laut Thiel vielversprechend verlief und im Herbst 2022 von einer Schweizer Forschungsgruppe veröffentlicht wurde. "Fruchtfliegen, die einen GNAO1-Gendefekt haben, hätten durch die Anreicherung der Nahrung mit Zink deutlich bessere motorische Fähigkeiten gezeigt, als andere Fliegen mit GNAO1 Gendefekt, die kein Zink erhielten", erklärt Thiel, der aber auch zugibt, dass es Gründe für und gegen einen positiven Effekt gebe. Um die Studie umsetzen zu können, braucht es aber Spenden, erklärt die Mutter des kleinen Mark, die mit weiteren Betroffenen Spendenaufrufe bei dem Fundraising-Portal GoFundMe gestartet haben.

Spenden sammeln für die Studie

Für die Betroffenen und ihre Angehörigen ist es trotzdem ein Hoffnungsschimmer. Bis dahin kümmert sich auch seine vierjährige Schwester um ihn, trägt Maria K. ihren Sohn herum, füttert ihn und geht mit ihm zu Therapie-Sitzungen. "Mark übt wirklich fleißig, er hat wöchentlich Ergotherapie und Physiotherapie. Bald werden auch andere Therapien gestartet", erzählt Maria K., die sich einen Therapiestuhl für ihren Sohn wünschen würde.

"Wir wissen nicht, wie es weitergeht", sagt Maria K.. "Wir wissen nicht, ob Mark jemals laufen kann, jemals sitzen kann, jemals seinen Kopf alleine halten kann. Wir hoffen einfach auf ein Wunder."

Das Spendenkonto für die Durchführung der Studie zu GNAO1 ist: Universitätsklinik Köln (AöR) Bank für Sozialwirtschaft, IBAN: DE04 3702 0500 0008 1500 00, Verwendungszweck: 8002-9371-0006.

Keine Kommentare