Bei den Corona-Hilfen leer ausgegangen

30 Millionen für kleine Tourismus-Betriebe: Aiwanger schüttet Geld über Franken aus

Martin Müller

Redaktion Metropolregion Nürnberg und Bayern

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26.10.2021, 11:23 Uhr
Bei seinem Besuch auf dem Ferienhof Scheckenbauer im Fränkischen Seenland achete Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger auf die richtige Sitzordnung ("lassts die Frauen in der Mitte sitzen"). Hier ist er mit Dietmar, Maria, Antonia und Lukas Kahn von der Besitzerfamilie vor dem alten Bauernhaus mit den Ferienwohnungen zu sehen.

© Martin Müller, NN Bei seinem Besuch auf dem Ferienhof Scheckenbauer im Fränkischen Seenland achete Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger auf die richtige Sitzordnung ("lassts die Frauen in der Mitte sitzen"). Hier ist er mit Dietmar, Maria, Antonia und Lukas Kahn von der Besitzerfamilie vor dem alten Bauernhaus mit den Ferienwohnungen zu sehen.

Es war ein außergewöhnliches Ereignis, von dem die Familie Großmann noch lange erzählen wird. Zum siebten Mal machen die Erzgebirgler nun schon Herbst-Urlaub auf dem Ferienhof Scheckenbauer in Fiegenstall in der Gemeinde Höttingen (Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen), doch so etwas haben sie noch nie erlebt.

"Das ist das, was wir unter Urlaub verstehen"

Vier Stunden lang waren sie im Stall dabei, als eine Sau insgesamt zehn Ferkel auf die Welt brachte. Immer und immer wieder gesellte sich ein weiteres blutverschmiertes Neugeborenes zu seinen Geschwistern im Stroh. Die vier Kinder der Großmanns waren begeistert, Vater Markus Großmann hielt alles auf Dutzenden von Fotos fest.

Das Medieninteresse war groß bei Hubert Aiwangers Besuch im Fränkischen Seenland.

Das Medieninteresse war groß bei Hubert Aiwangers Besuch im Fränkischen Seenland. © Martin Müller, NN

Jedes Jahr aufs Neue kommen die Großmanns hierher ins Fränkische Seenland. „Das ist das, was wir unter Urlaub verstehen. Das hat eine große Natürlichkeit, der Kontakt zur Besitzerfamilie ist sehr angenehm. Hier kommt man einfach zur Ruhe und die Kinder können viel erleben“, erzählt Markus Großmann.

Da werden auf dem Öko-Betrieb Esel, Ziege und Katzen gestreichelt, nachmittags die Eier der 220 Legehennen aus dem mobilen Hühnerstall geholt, und abends können die Kinder bei der Schweinefütterung mithelfen – oder sogar eine Ferkelgeburt erleben.

Zehn Ferkel und ein Wirtschaftsminister

So einen außergewöhnlichen Urlaub wie diesmal hatten die Großmanns bisher aber noch nie im Seenland: Zuerst die Geburt der zehn Ferkel, und dann schaute auch noch Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger auf dem Hof vorbei, um dort Bayerns 30 Millionen Euro starkes Förderprogramm für kleine Übernachtungsbetriebe mit bis zu 25 Betten vorzustellen.

Fernab von Impf-Diskussionen und Corona-Fällen im Landtag ist der niederbayerische Bauernsohn Aiwanger auf dem Hof voll in seinem Element, duzt sofort jeden gnadenlos, zeigt sich jovial, umgänglich und gelöst. Die versammelten Journalisten macht er erst mal arbeitslos, indem er die Besitzerfamilie Kahn und Höttingens Bürgermeister Hans Seibold kurzerhand selbst interviewt. „Fraali machmer des Foto“, sagt er immer wieder, spielt Platzanweiser für die Fotografierten und muss dabei selber immer wieder auf den nötigen Abstand hinweisen.

All diese Volksnähe kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Förderprogramm für die Kleinbetriebe auch dringend nötig ist, schließlich fielen diese bei den Corona-Sofort- und Überbrückungshilfen bisher durchs Raster, die Besitzer fühlen sich arg benachteiligt.

Dringend nötig nach Aus für Center Parcs

„Nachdem wir mit der Ablehnung des Center-Parcs-Projekts eine schwierige Entscheidung im Seenland hatten, ist das jetzt genau das Richtige für unsere Anbieter. Das Förderprogramm sollte unbedingt fortgesetzt werden“, wünscht sich Hans-Dieter Niederprüm, Geschäftsführer des Tourismusverbandes Fränkisches Seenland.

In der Nachbarschaft kamen Investitionen zu spät. Vor zwei Jahren hat in Fiegenstall das Dorfwirtshaus schließen müssen. „Da müsst's ihr euch unbedingt was einfallen lassen mit dem Wirtshaus“, appelliert Hubert Aiwanger zwar. Doch der Zug ist längst abgefahren, das Gebäude verkauft, ein Lichttechnik-Betrieb steht in den Startlöchern.

Ein bisschen zur Versorgung der Feriengäste beitragen kann immerhin der kleine Hofladen, den die Kahns betreiben und in dem sie unter anderem Eier, Nudeln, Mehl und Getreide aus eigener Produktion anbieten.

Bis zu 15.000 Euro Förderung pro Betrieb

„Fördergelder sollen nicht nur in ein paar große Hotelkomplexe fließen“, betont Aiwanger. Einige Hundert Anträge liegen beim Ministerium bereits vor, das Programm läuft gut an. Gefördert werden Investitionen in die Zukunftsfähigkeit und die Digitalisierung. Der Freistaat übernimmt 50 Prozent der Ausgaben in Höhe von höchstens 30.000 Euro. Maximal werden also 15.000 Euro ausgezahlt. Zusätzlich gibt’s Geld für Ladesäulen für Elektroautos und E-Bikes.

Die Kahns schöpfen die Maximalsumme dabei ziemlich aus. Sie machen aus einem ehemaligen Tank- einen Wohnraum, erneuern eine der beiden Ferienwohnungen im alten Bauernhaus, legen neue Böden in die Räume und erneuern die Dusche. Auch die Außen-Sitzplätze werden ansprechender gestaltet, eine Ladesäule für Elektroautos kommt hinzu.

Mit 100 und 130 Quadratmetern Fläche sind die beiden Ferienwohnungen außergewöhnlich groß. „Das ist unser Alleinstellungsmerkmal. Große Familien tun sich sonst sehr schwer, passende Ferienwohnungen zu finden“, verdeutlicht Dietmar Kahn, der zusammen mit seiner Frau Maria die Wohnungen betreibt.

"Lasst's euch nicht verrückt machen"

Aiwanger schaut sich derweil noch fix die Hühner an („wenn ihr scho Viecher habt's zum Herzeigen“) und verabschiedet sich dann mit einem Satz, der wohl auch seiner eigenen momentanen Gefühlslage recht nahe kommt: „Macht's weiter so und lasst's euch nicht verrückt machen.“