Inseln des ewigen Frühlings
Azoren: Stressfreies Urlaubsparadies mitten im Atlantik
Die Sonne geht langsam im Osten über dem Atlantik auf. Landwirt Antonio Soares ist in seinem Pickup auf dem Weg zu seinen Kühen auf der Weide. "Sie stehen das ganze Jahr über im Freien", sagt Soares. Einen Stall braucht es hier nicht, denn es wird niemals richtig Winter.
Vor über drei Millionen Jahren ist die erste Insel der Azoren im Atlantik zwischen drei Kontinentalplatten aus dem Ozean gewachsen. Die von den Portugiesen im 15. Jahrhundert entdeckte Inselgruppe liegt buchstäblich im Herzen des Atlantiks. Wie grüne Smaragde ragen sie aus dem unendlichen Blau des Ozeans.
Hinter der malerischen Fassade verbirgt sich eine reiche Geschichte und ein faszinierendes und gleichwohl fragiles Ökosystem.
Die Geschichte der Azoren beginnt im 15. Jahrhundert, als portugiesische Seefahrer, die unbewohnten Inseln entdeckten. Schnell entwickelten sich die Azoren zu einem strategischen Knotenpunkt für den Handel zwischen Europa, Afrika und der Neuen Welt. Auf Terceira, der drittgrößten Insel, zeugt die Altstadt von Angra do Heroísmo, ein UNESCO-Weltkulturerbe, von dieser bewegten Vergangenheit.
500 Jahre nach den ersten portugisischen Siedlungen sind die Azoren den meisten Menschen vor allem durch das "Azorenhoch" ein Begriff. Dieses Wetterphänomen, das sich, wie der Name schon vermuten lässt, über den Azoren ausbildet, versorgt uns auf dem europäischen Festland regelmäßig mit schönem Wetter. Auf den Azoren ist das Klima das ganze Jahr über mild und warm.
Eben deswegen heißen sie die "Inseln des ewigen Frühlings". Das ist auch der Grund, warum sich die Wirtschaft auf den Azoren vor allem vom Tourismus trägt - und von der Landwirtschaft.
Familie Soares lebt auf der Insel Teceira seit Generationen von der Landwirtschaft. Wie ein Schachbrett-Muster ziehen sich die flachen Mäuerchen aus Vulkangestein über die Insel. Sie ziehen die Grenzen durchs Weideland zwischen den einzelnen Parzellen der Bauern. António Soares sagt, dass auf den Azoren mehr Kühe als Menschen leben würden, rund 300.000. Seine Tiere sollen nicht in Massentierhaltung, sondern mit viel Platz unter freiem Himmel leben dürfen.
An jedem Straßenrand legt sich ein grün-buntes Blütenmeer über den Boden. "Typisch tropisch" wirkt die Flora jedoch nicht. Vielmehr wie ein bunt gemischter Botanischer Garten. Reiseführerin Emmanuela Lehmann schaut bei der Busfahrt über die größte Azoren-Insel, Saõ Miguel, aus dem Fenster ins Grün. Sie erklärt: "Gerade einmal fünf Prozent der Pflanzen auf den Inseln sind endemisch, heißt ursprünglich auf den Azoren beheimatet."
Die ersten Siedler setzten auf den Inseln verschiedene Pflanzen aus. Neben Monokulturen wie Orangen, Weizen oder Indigo breiteten sich nach der Besiedlung auch viele invasive Pflanzen auf den Inseln aus. Markant ist der Zieringwer, der fast überall aus dem Boden schießt. Eigentlich kommt dieser aus dem Himalaya, dort reguliert jedoch Frost den Wildwuchs. Auf den Azoren gibt es aber bekanntlich keinen Winter, also breitet sich die Pflanze immer weiter aus.
Nicht nur auf dem Festland, sondern auch im Ozean zeigt sich, wie fragil das Ökosystem "Azoren" ist. Bei Meeresforschern und Hobby-Tauchern ist das Meer rund um die Inseln für einen atemberaubenden Artenreichtum bekannt. Blauwale, Pottwale, Delfine und Haie ziehen das ganze Jahr über an den Inseln vorbei. Doch die Lebensräume der meisten dieser Tiere ist bedroht. Durch Überfischung, Schiffsverkehr, Überfischung oder nicht nachhaltigen Tourismus. Deshalb setzen auch auf den Azoren einige Anbieter von Wal- und Delfin-Beobachtungstouren auf mehr Rücksicht auf die Natur. Bedeutet: mehr Abstand zu den Tieren, keine Sonar-Systeme und kein Füttern. Seit 1984 ist der Walfang auf den Azoren auch verboten.
Längst sind die Azoren kein Geheimtipp mehr und trotzdem hat der Massentourismus die Atlantik-Inseln noch nicht erreicht. Und das ist auch gut so, denn die neun Inseln müssen zwischen harscher Natur, Urlaubern und dem Leben auf dem Archipel ständig einen Balanceakt eingehen.
Neben ihrer Geschichte beeindrucken die Azoren vor allem durch ihre Natur. Auf São Miguel, der größten der neun Inseln, wird der vulkanische Ursprung der Azoren sichtbar. Die Fumarolen, das sind kleine Dampf-Vulkane, und heißen Quellen von Furnas qualmen und zischen aus dem Boden – ein beeindruckendes Zeugnis der Kräfte, die diese Inseln formten. Doch auch die großen Vulkane, von denen es auf den Azoren allein 26 aktiv sind, lassen sich heute als malerische Orte bestaunen: Kraterseen wie der Lagoa do Fogo oder Ilhéu de Vila Franca do Campo, eine kleine Insel vor der Küste São Miguels, mit einem kreisrunden Vulkankrater. Umrahmt von üppigem Grün wirken diese Orte wie Fenster in eine andere Welt.
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