Fahrlässiger Umgang mit Fakten

Von wegen Haustierverbot: Söders CSU kommt den Methoden von Donald Trump gefährlich nah

Alexander Jungkunz

Chefpublizist

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24.10.2024, 14:19 Uhr
Zwei, die mit der Wahrheit teils fahrlässig umgehen: CSU-Generalsekretär Martin Huber und Parteichef Markus Söder.

© Peter Kneffel/dpa Zwei, die mit der Wahrheit teils fahrlässig umgehen: CSU-Generalsekretär Martin Huber und Parteichef Markus Söder.

Wir erleben eine gefährliche Entwicklung: Auch deutsche Wahlkämpfer beobachten sehr genau, was sich in den USA abspielt - mit dem gar nicht so unwahrscheinlichen Ergebnis, dass Donald Trump wieder Präsident wird. Zu beobachten ist, wie Trump noch mehr lügt, schwadroniert, droht und schimpft als bisher. Aber: Es schadet ihm nicht, im Gegenteil. Bei seinen Anhängern kommt das offenbar an. Die Trump-Fans scharen sich um ihren Helden - egal, was der sagt.

Das sehen deutsche Politiker mit gemischten Gefühlen. CSU-Chef Markus Söder etwa sagte uns im Interview, dass man Antworten finden müsse auf Fake News. Er zeigt sich besorgt angesichts dessen, was da alles auf uns zukommt - oder längst schon angekommen ist: Propaganda etwa aus russischen Troll-Fabriken oder mit KI.

Und zugleich duldet Söder, dass CSU-Generalsekretär Martin Huber nun ein krasses Beispiel für einen fahrlässigen, auf jeden Fall böswilligen Umgang mit Fakten geliefert hat. Er sagte mit Blick auf ein angeblich drohendes Aus für die Zucht von Haustieren: "Die Grüne Jugend möchte das verbieten und euch einen treuen Freund wegnehmen. Was für ein herzloser Irrsinn!"

Da spitzt einer derart zu, dass es zum Lachen wäre - es ist aber zum Weinen. Denn es ist unverschämt, eine fünf Jahre alte Aussage eines Jung-Politikers, der nun im Vorstand des Grünen-Nachwuchses sitzt, so zu verdrehen. Jakob Blasel sagte 2019: "Meiner Meinung nach sollte es verboten werden, Tiere unnötig zu züchten." Man könne stattdessen ja Tiere aus dem Tierheim nehmen. Davon, dass die Grünen Haustiere "wegnehmen" wollen, war da keine Rede. Das konstruiert Huber hinein.

Und Söder verteidigt ihn, weil er selbst immer wieder Fakten so zuspitzt oder ausdeutet, dass es grenzwertig wird. Und gern von angeblichen Verboten der Grünen redet (oder postet).

Dabei gilt bisher auch bei der CSU, was bei Trump zu erleben ist: Solche Methoden schaden ihren Anwendern nicht (mehr). Söder ist unangefochten die Nr.1 in der CSU, die ohne ihn kaum so erfolgreich wäre. Wagt da einer mal Widerrede, wird er rasch abgestraft: Als kürzlich Manfred Weber - immerhin ein Stellvertreter Söders - dessen frontale Absage an die Grünen kritisierte, wurde das als "Mindermeinung" abgekanzelt.

So schleicht sich auch bei uns ein, was die Demokratie gefährdet: Der zusehends bewusst fahrlässige, teils absichtlich falsche Umgang mit Fakten beschädigt den seriösen Diskurs. Denn wer ernsthaft streiten will - und das geschieht zu wenig -, der muss dies auf der Basis von Fakten tun, nicht mit Halb- oder Unwahrheiten.

Zudem befeuert die CSU ein Feindbild: Der Absturz der Grünen hat gewiss sehr viel mit deren Fehlern zu tun - aber ihr permanentes Bashing forciert diesen Trend. Weil etwas hängen bleibt in den Köpfen vieler Wähler - auch wenn das gar nicht stimmt. Demokraten müssen sich hart, aber fair streiten, nicht verächtlich machen. Darüber freuen sich nur ihre Gegner.

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