Merz macht Weg frei

Von Null auf Hundert: Schafft es das BSW im Herbst gleich in zwei Landesregierungen?

Harald Baumer

Korrespondent Berlin

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16.7.2024, 15:00 Uhr
Sahra Wagenknecht, Bundesvorsitzende des gleichnamigen Partei, bei einer Rede im Parlament.

© Hannes P Albert/dpa Sahra Wagenknecht, Bundesvorsitzende des gleichnamigen Partei, bei einer Rede im Parlament.

Das hat es in der bundesdeutschen Geschichte noch nicht gegeben: Eine Partei, die erst vor wenigen Monaten gegründet wurde, könnte sofort eine Chance erhalten, zur Regierungspartei in zwei Bundesländern zu werden. Sahra Wagenknecht und Friedrich Merz machen es möglich.

Rein rechnerisch wird es in Sachsen und Thüringen, wo gleich nach der Sommerpause Wahlen stattfinden, schwierig mit der Koalitionsbildung. Denn die herkömmlichen Lösungen mit den etablierten Parteien fallen möglicherweise weg. SPD, Grüne und FDP müssen sogar um das Überschreiten der Fünf-Prozent-Hürde zittern. Selbst wenn sie es schaffen, sind sie zu schwach für eine Mehrheit.

Sachsen und Thüringen: Es fehlt an Alternativen

Im Wesentlichen bleiben in den Landtagen nur noch drei mehrheitsfähige Kräfte übrig: CDU, AfD und BSW (in Thüringen ansatzweise noch die stark geschwächten Linken). Die Christdemokraten wollen aber nicht mit der AfD zusammenarbeiten und eigentlich auch nicht mit den Linken. Da muss man kein Mathematikstudium abgeschlossen haben, um zu wissen, dass vieles auf CDU und BSW hindeutet.

Sahra Wagenknecht hat sich schon seit längerem dazu bereit erklärt, wenn sie gewisse Inhalte durchsetzen kann. Und nun hat auch noch Friedrich Merz den Weg frei gemacht, indem er es in seinem Sommerinterview den ostdeutschen Landesverbänden überließ, ob sie mit dem BSW koalieren oder nicht.

Für die Bundesebene schloss Merz eine Zusammenarbeit aus. Eine solche wäre alleine schon wegen der Frage des Ukraine-Krieges und der Haltung zu Putins Russland undenkbar. Union und Bündnis Wagenknecht trennen da Welten.

In Erfurt und Dresden wird nicht über den Krieg entschieden, weswegen sich das schwierigste aller Themen schon mal erledigt hat. In landespolitischen Angelegenheiten ist eher eine Einigung zu finden, zumal die thüringische Spitzenkandidatin Katja Wolf als Pragmatikerin gilt und zwölf Jahre lang Oberbürgermeisterin der Stadt Eisenach war.

Sahra Wagenknecht: Ein Grauen für viele Konservative

Ob es den möglichen Partnern gut tut, sich aufeinander einzulassen, ist fraglich. Die wütenden Protestler innerhalb des BSW können vermutlich der CDU nichts abgewinnen. Und vielen Konservativen dürfte es ein Grauen sein, in einem Atemzug mit Sahra Wagenknecht als früherem Leitungskader der Kommunistischen Plattform innerhalb der Linkspartei genannt zu werden.

Doch letztlich entscheiden es nicht die Parteien, was an Regierungen möglich ist oder nicht, sondern die Wählerinnen und Wähler. Die Politik muss in irgendeiner Form darauf reagieren, was ihr am Wahlabend an Ergebnissen und damit an Koalitionsmöglichkeiten vorgesetzt wurde.

Die Annäherung an das BSW ist der Preis dafür, die AfD von Regierungsämtern fern zu halten. Und den wird man wohl bezahlen müssen, falls das Wahlvolk in den verbleibenden zwei Monaten nicht noch umschwenkt und andere Mehrheiten möglich macht.

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