Die Ergebnisse der Juniorwahl in Schulen spiegelt die Tiktok-Realität junger Menschen wider: Die Linken und die AfD lagen nahezu gleichauf auf Platz zwei und drei - diese beiden Parteien sind auf der Social-Media-Plattform besonders präsent.
© Mark Johnston/VNP
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Die Ergebnisse der Juniorwahl in Schulen spiegelt die Tiktok-Realität junger Menschen wider: Die Linken und die AfD lagen nahezu gleichauf auf Platz zwei und drei - diese beiden Parteien sind auf der Social-Media-Plattform besonders präsent.

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Vergessene Jugend: Die ignorante Politik alter Menschen für alte Menschen

Zumindest eines ist auch schon kurz vor der Wahl sicher: Egal wer gewinnt, weiterhin werden alte Menschen Politik für alte Menschen machen. Eine provokante These? Die Fakten sprechen für sich: Die größte Altersgruppe in Deutschland bilden mit 23,2 Prozent Menschen ab 70, zählt man die ab 60-Jährigen hinzu, kommt man auf 42,1 Prozent der Bevölkerung. In Zahlen: 22 Millionen Menschen sind 60 Jahre und älter, das ist mehr als jeder vierte Deutsche. Und die demografische Entwicklung sagt: Diese Gruppe wird weiter wachsen. Wen wundert’s, dass laut Prognosen die Orientierung vieler Wählerinnen und Wähler lautet "Früher war alles besser".

Eine Zukunft hat dieser Blick aber nicht. Themen, um auch der jungen Bevölkerung ein attraktives Leben in Deutschland zu ermöglichen, stehen nicht hoch im Kurs. Bildung, Kinderbetreuung, soziale Gerechtigkeit, Digitalisierung, Klima- und Umweltpolitik - was interessieren die Probleme der Heranwachsenden in 10, 20 und 30 Jahren? Lieber Wahlversprechen etwa über eine sichere Altersversorgung machen, die in Wahrheit kein Mensch einhalten kann, weil bald die Zahl der arbeitenden Menschen die Zahl der Rentner finanziell nicht mehr tragen kann. Und seitens des Wählers lieber diese Versprechen glauben, bevor man sich der unschönen demografischen Wirklichkeit stellt: Immer mehr Menschen werden immer älter - und kosten das System immer mehr Geld.

In Deutschland haben Kinder und Jugendliche keine Lobby, erst recht nicht solche aus prekären Verhältnissen. Doch auch diese Gruppe wächst, tausende Kinder werden täglich vernachlässigt, so viele wie nie zuvor. Die Zahl der Heranwachsenden mit Verhaltensauffälligkeiten steigt. Laut Daten des Statistischen Bundesamts muss alle 13 Minuten ein Minderjähriger in Deutschland zu seinem eigenen Schutz aus der Familie genommen werden. Gleichzeitig spitzt sich die Situation in den Einrichtungen zu, die diesen Kindern Sicherheit bieten sollten. Erzieherinnen, Lehrkräfte und Sozialarbeiter schaffen die Belastungen nicht mehr. Das Netz, das junge Menschen auffangen soll, hat immer größere Löcher. Doch weder für diese Kinder und Jugendlichen, noch für diejenigen, die behütet aufwachsen, wird derzeit Politik gemacht. So unterdrückt eine Mehrheit der Alten die Entfaltung der Jungen.

Das ist sozialer Sprengstoff, der auch Älteren um die Ohren fliegen wird. Werden sich junge Menschen, deren Belange nicht wahrgenommen werden, zu sozialen, verantwortungsbewussten, kritischen, resilienten und reflektierten Erwachsenen entwickeln? Niemand sollte vergessen, dass die Jugend, die jetzt im Stich gelassen wird, bald die Geschicke dieses Landes bestimmt. Kurzfristiges Heischen nach Stimmen im Wahlkampf ist normal. Und mit Bildung und Klimawandel ist derzeit zu wenig zu holen. Doch wer als Politiker ab Montag die kommenden Generationen weiter vernachlässigt, handelt verantwortungslos.

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