Auch wenn die Wahlkampfrhetorik anderes vermuten lässt: Eine erneute Koalition aus Union und SPD gilt nach der Wahl als wahrscheinlichste Option.
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Auch wenn die Wahlkampfrhetorik anderes vermuten lässt: Eine erneute Koalition aus Union und SPD gilt nach der Wahl als wahrscheinlichste Option.

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Trotz Wahlkampfgetöse stehen die Zeichen auf Wiederauflage der GroKo

Letzte Sitzungen leben meist von einer Portion Nostalgie. Fällt der Blick doch zurück auf die vergangenen Jahren, wird ab und an auch manches Geschehen verklärt. Die letzte Sitzung des Bundestags vor der Wahl am 23. Februar kam (fast) ohne Weichzeichner aus - vielmehr ging es ordentlich zur Sache. Das ist gut so: Wer sich ein wenig für Politik interessiert, weiß spätestens jetzt, woran er ist.

Grob gesagt und stark vereinfacht sind es drei Lager, die sich abzeichnen. Ganz außen die Rechtspopulisten der AfD, die monothematisch auf radikale Zuwanderungsbegrenzung setzen und die Einbettung der Bundesregierung in EU und Nato sowie die vorbehaltlose Unterstützung der Ukraine kritisieren. Stand heute verspricht dieser Kurs das beste Ergebnis in der Geschichte der in Teilen rechtsextremen AfD, 20 Prozent und mehr sind möglich.

Lager zwei bilden Union und FDP, beide mit Wirtschaftskonzepten, die auch und gerade Vermögende steuerlich entlasten. Und, das ist seit Aschaffenburg deutlich erkennbar, beide setzen auf einen knallharten Migrationskurs. Mit unterschiedlichen Perspektiven: Die Union steht vor der Regierungsübernahme, die FDP fliegt womöglich aus dem Bundestag.

Schließ´lich bleibt Lager drei: SPD, Grüne und kleinere linke Parteien. Ihnen geht es um soziale Gerechtigkeit, den Grünen zudem um Klimaschutz. Am Ende sollen vor allem kleinere und mittlere Einkommen entlastet, die Sozialsysteme gestärkt werden.

Kurz vor dem Wahltermin sieht es nach einer Koalition zwischen Lager zwei und drei aus, favorisiert wird Schwarz-Rot. Umso spannender, wie Kanzler Olaf Scholz und CDU-Chef Friedrich Merz verbal übereinander herfallen, sich gegenseitig Unfähigkeit attestieren und somit den Preis für eine Bündnis nach oben treiben.

Dennoch muss es möglich sein, rasch, vielleicht sogar bis Ostern, eine neue Bundesregierung zu schmieden. Die Wahlkampfrhetorik verraucht schnell und es gibt keine sinnvolle Alternative. Zumindest keine, die unsere Demokratie in ihrer jetzigen Form unangetastet ließe.

Noch ist Deutschland ein stabiles Land

Die Parteien der Mitte wissen das und werden zusammenfinden, notfalls dient Österreich als warnendes Beispiel. Doch selbst bei einer reibungslosen Regierungsbildung gilt: Es liegen vier schwierige Jahre vor Deutschland.

Wie diese erfolgreich gemeistert werden können, zeigt kurioserweise der Rückblick auf die zu Ende gehende Sitzungsperiode des Bundestags. Denn es lief beileibe nicht alles schlecht in den Jahren 2021-2024. Deutschland hat eine Zeitenwende moderieren müssen und dies am Ende erfolgreich getan, die Energieversorgung der Bevölkerung war nie gefährdet, die Bündnisfähigkeit des Landes stand nie infrage.

So viel Nostalgie darf sein - auch wenn die aufgeregte Tonlage im Bundestag dem zu widersprechen scheint. Noch ist Deutschland ein stabiles Land, allen Unkenrufen, die kurz vor der Wahl zu hören sind, zum Trotz.

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