Wird Verfassungsgericht angerufen?

Trotz aller Risiken: Warum inzwischen viel für ein Verbotsverfahren gegen die AfD spricht

Michael Husarek

Chefredakteur Nürnberger Nachrichten

E-Mail zur Autorenseite

1.10.2024, 15:38 Uhr
Wird das Bundesverfassungsgericht, im Bild Präsident Stephan Harbarth, über ein Verbot der AfD entscheiden müssen?

© Uli Deck/Uli Deck/dpa Wird das Bundesverfassungsgericht, im Bild Präsident Stephan Harbarth, über ein Verbot der AfD entscheiden müssen?

Es ist sattsam diskutiert: Ein Parteiverbotsverfahren gegen die AfD, wie es nun einige Bundestagsabgeordnete anstreben, birgt mannigfache Risiken in sich. Die größte Gefahr: Der Prozess scheitert und die Rechtspopulisten lassen sich dann feiern - und feixen weiter ungeniert gegen das verhasste "System" und die "Altparteien".

Das wäre fatal, denn schon heute lässt die selbsternannte Alternative keine Gelegenheit aus, den Staat vorzuführen. Kürzlich bei der konstituierenden Sitzung des Thüringer Landtags war dies zu beobachten.

Also lieber kein Verbotsverfahren? Dann ginge es einfach so weiter, von Wahl zu Wahl würden die Rechtsaußen womöglich zulegen und irgendwann in einem Bundesland die Regierung stellen. Nicht auszudenken, was danach folgen könnte - und Historiker eines Tages zur Frage verleiten mag: Wie konnte das passieren?

Fraglos steckt die politische Mitte in einem veritablen Dilemma. Warnungen vor einem Verbotsverfahren sollten deshalb nicht leichtfertig abgetan werden - es geht um viel, es geht um die Zukunft eines freiheitlich-demokratischen Staates namens Bundesrepublik Deutschland.

Gerade weil es um so viel geht, bleibt am Ende wohl keine andere Wahl, als Karlsruhe anzurufen. Das Bundesverfassungsgericht, darauf darf vertraut werden, würde einen solchen Antrag sehr sorgfältig prüfen, die Richterinnen und Richter sind sich ihrer Verantwortung als Hüter der Verfassung bewusst.

Wie lange sind die Provokationen der AfD noch zu ertragen?

Und um diese Verfassung geht es: Wie lange ist es noch erträglich, von einer Partei, in deren Reihen nicht wenige von einer anderen Verfasstheit unseres Landes träumen, provoziert zu werden? Wie lange halten das unsere Institutionen, Bundestag, Bundesregierung, Länderparlamente, aus, ohne Schaden zu nehmen?

Eines der Argumente, das einen Verbotsantrag in früheren Jahren zu Fall hätte bringen können, lautete sinngemäß formuliert so: Wenn eine Partei ohnehin keine realistischen Chancen hat, politisch mitzureden, sei ein Verbot womöglich eine zu scharfe Waffe.

Angesichts der jüngsten Erfolge der AfD, die im Osten Deutschlands bei rund 30 Prozent der Wählerstimmen angelangt ist, kann davon keine Rede mehr sein. Die AfD ist auf dem Weg, eine der stärksten politischen Kräfte zu werden.

"Deutschlandretter24" nach Recherchen unseres Medienhauses offline

Wenn Verfassungsschützer etliche Landesverbände als gesichert rechtsextrem einstufen, geschieht dies nicht leichtfertig. Es ist also Zeit zu handeln. Erst vor wenigen Tagen wurde ein Online-Spiel, in dessen Verlauf die Nutzer millionenfach Migranten abschieben sollten, nach Recherchen unseres Medienhauses aus dem Netz genommen.

Die Junge Alternative, die als rechtsextrem eingestufte Nachwuchsorganisation der AfD, hatte das Spiel zuvor beworben - und freut sich nun darüber, dass es wieder online gegangen ist. Dies sei ein Triumph über die "Zensur". Es ist auch die Vielzahl solcher Sticheleien, die ein Verbotsverfahren wohl unumgänglich machen.

Dieses Thema hat Sie besonders interessiert? In unserem Newsletter "Aus dem Newsroom" erfahren Sie alles Wichtige über die Arbeit der Redaktion und erhalten exklusive Einblicke. Hier kostenlos bestellen. Freitags um 6 Uhr in Ihrem Mailpostfach.

1 Kommentar