
Kommentar
Streit um das „C“: Söders Drohung gegen die Kirchen markiert eine Zeitenwende
Eigentlich erstaunlich, dass Markus Söder und Hermann Imhof so lange in der gleichen Partei waren. Inhaltlich trennen die beiden oft Welten. So war es fast logisch, dass der langjährige Nürnberger CSU-Abgeordnete nun die Christlich-Soziale Union verließ.
Diese beiden Adjektive - christlich und sozial - fand Imhof nämlich immer weniger in der CSU. Beide C-Parteien kehren momentan zurück zu ihren konservativeren Wurzeln. Bezeichnend, dass es kaum mehr namhafte Sozialpolitiker bei CDU und CSU gibt. Alois Glück war so einer, natürlich Barbara Stamm, bei der CDU Norbert Blüm, auch Heiner Geißler, heute Karl-Josef Laumann. Aber sie haben keine profilierten Nachfolger.
Kühl bis herablassend reden sie über Schwache
Das zeigt sich auch in der Tonlage, mit der gerade Merz und Söder über soziale Themen sprechen. Eher kühl, oft herablassend gegenüber jenen, die - nicht immer, aber oft - in Not sind und Hilfe brauchen. Ja, es gibt Missbrauch beim Bürgergeld. Aber man wünschte sich jenen Ehrgeiz auch bei anderen Formen des Betrugs - etwa bei der Steuerhinterziehung.
Die C-Parteien und die Kirchen - das war lange eine innige Beziehung. Katholische Würdenträger riefen in Hirtenbriefen reichlich unverblümt dazu auf, doch die "richtige" Partei zu wählen. Inzwischen haben sich beide verändert - die Kirchen und die Union. Vor allem die Protestanten melden sich zu allen möglichen (und, wie Kritiker meinen, auch unmöglichen) Themen zu Wort. Ihre Einmischung in die Tagespolitik geht manchen zu weit - vor allem Konservativen. Denn oft widersprechen die Kirchen den C-Parteien.
Das war nun der Fall, als ein Kirchenpapier den Asyl-Vorstoß von Merz kritisierte. Eine sachliche Debatte kam leider nicht zustande. Auch manche Kirchen-Vertreter gingen auf Distanz, die frühere CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer trat aus dem Zentralrat der Katholiken aus.
Am schärfsten ging Söder die Kirchen an - mit einer kaum verhohlenen Drohung. Der Freistaat bezahle die Gehälter vieler Kirchen-Bediensteter. Das ist so, das tun aber alle Länder bis auf Bremen und Hamburg. Und das Geld ist keine milde Gabe, sondern Folge von alten Staatsverträgen. Es kommt von allen Steuerzahlern.
Wer zahlt, schafft an? So klang es bei Söder
Wer zahlt, schafft an? So klang Söder, der sein Christsein selbst immer wieder betont. Er sagte auch: "Nicht vergessen, wer am Ende noch an der Seite der Kirche steht. Das sind nämlich wir. Nicht, dass man irgendwann ganz plötzlich allein steht. Denkt mal darüber nach!"
So sieht die Reaktion eines Parteichefs aus, dem es nicht passt, wenn Kirchenvertreter tun, was ihres Amtes ist: Stimme der Schwachen, auch der Fremden zu sein. Söder weiß, dass er für seine Kirchenschelte Rückenwind bekommt. Denn der Zeitgeist dreht sich weltweit: Es punkten die Lauten, die mehr Härte wollen, auch in Stil und Wortwahl. Wer gegenhält wie die Bischöfin, die Trump ins Gewissen redete, wird rüde angegangen. Schlechte Zeiten für Zwischentöne - die es daher aber mehr denn je braucht.
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