Im Wahlkampf hat CSU-Chef Markus Söder (rechts) größtmögliche Distanz zu den Grünen gehalten und insbesondere Robert Habeck (links) massiv angegriffen. Gefreut hat es vor allem die AfD.
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Im Wahlkampf hat CSU-Chef Markus Söder (rechts) größtmögliche Distanz zu den Grünen gehalten und insbesondere Robert Habeck (links) massiv angegriffen. Gefreut hat es vor allem die AfD.

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Söders Taktik des Grünen-Bashings ist nur zum Teil aufgegangen - genutzt hat sie der AfD

Die Wandlungsfähigkeit von Markus Söder ist so beeindruckend wie für einen (Macht-)Politiker hilfreich. Eben hat er die Ampelparteien in Bausch und Bogen niedergemacht. Jetzt präsentiert er sich als Mittler zwischen Union und SPD. Wären die Grünen im Rennen geblieben, er hätte vermutlich auch da den Job übernommen.

Daran ist zunächst wenig verwerflich. Wahlkampf hat seine eigenen Regeln. Und Söder ist stark in der strategischen Analyse, was seine Klientel will. Gepaart mit seiner inhaltlichen Flexibilität hat ihn das an die Spitze gebracht - und der CSU aktuell ein im historischen Kontext wohl mieses, im Vergleich mit anderen Unionsverbänden aber akzeptables Ergebnis beschert.

Gute Politik muss ausbalancieren, nicht spalten

Sein Kurs ist populistisch, keine Frage. Doch die Politik braucht Populismus: Ohne ein Gespür für das, was die Menschen bewegt, gibt es keine Mehrheit. Das wissen sie in allen Lagern. Im linken Milieu etwa gilt die Migrationsfrage als sakrosankt, weil die eigene Klientel die Probleme nicht wahrhaben will. So, wie sie in den rechten Milieus überhöht wird zum alles entscheidenden, staatsgefährdenden Thema, hinter das die wirklich drängenden Probleme zurücktreten.

Gute Politik beachtet beides, wägt ab und balanciert aus. Sie greift die Themen auf, die die Menschen bewegen, erklärt sie aber auch und trennt das Abwegige vom Machbaren, das Sinnvolle vom Ballast. In der Migrationsfrage ist das kaum noch geschehen. Auch die Union hat nicht mehr unterschieden zwischen der illegalen und der notwendigen Zuwanderung, ohne die unsere Wirtschaft zusammenbrechen wird.

Sie ist in die Falle der AfD getappt, der Differenzierungen egal sind. Ihre Stärke verdankt die AfD auch der Union, und dort insbesondere Markus Söder. Der hat zwar immer wieder erklärt, dass die Rechtsaußen-Partei die wahre Bedrohung unseres Systems sei. Dazu gemacht hat er dann aber ausschließlich die Grünen.

Ihnen lässt sich vieles nachsagen: dass sie grottenschlechte PR-Arbeit geleistet haben, dass sie beim Gendern nicht das Gefühl der Mehrheit treffen, dass sie unbequem sind, weil sie ökologische Themen vorantreiben, dass sie zum Moralisieren neigen. Eines aber sind sie nicht: ein Systemfeind, eine Verbotspartei, ein Zerstörer der Demokratie oder der freien Gesellschaft.

Genutzt hat Söders Kurs vor allem der AfD

Söder hat sie mit seinen Zuspitzungen und Falschbehauptungen dennoch dämonisiert und zum Fixpunkt teils irrationaler Ängste gemacht, aus Machtkalkül. Auch das hat den Wahlkampf - und die Gesellschaft - polarisiert. Es ist erschreckend, wie sehr sich der Hass vieler auf die Grünen fokussiert. Und es ist bedenklich, weil Söders Taktik nur zum Teil aufgegangen ist.

Die Grünen haben verloren, gewiss. Die AfD aber hat Söder mit seiner Linie nicht klein gehalten, im Gegenteil ist sie in Bayern jetzt zweitstärkste Kraft. Sie war die Nutznießerin des Kampfes der Demokraten gegeneinander. Das kann nicht im Interesse Söders gewesen sein. Zeit für eine neue Wende.

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