Bald vielleicht in drei Regierungen
Sahra Wagenknecht hat sich durchgesetzt, sie sollte es aber in Zukunft nicht übertreiben
29.10.2024, 14:45 UhrSie hat also ihren Willen bekommen. Nach derzeitigem Erkenntnisstand läuft es in drei ostdeutschen Bundesländern auf Koalitionsverträge hinaus, in denen vom Angriffskrieg auf die Ukraine und von der Stationierung amerikanischer Waffensysteme in Deutschland die Rede ist. Höchst ungewöhnlich, was Sahra Wagenknecht da erreichte.
Keine Spezialdiplomatie der Länder
Das dürfte es in der Form in der Geschichte der Republik selten oder nie so gegeben haben, denn die Verantwortung für die Außen- und Verteidigungspolitik liegt nach dem Grundgesetz beim Bund. Es kann auch nur so sein, denn wenn 16 Länder anfingen, ihre Spezialdiplomatie zu betreiben, wäre Deutschland nicht mehr handlungsfähig.
Auch die übrige Begleitmusik der Regierungsbildung entsprach nicht den Gepflogenheiten. Es gipfelte in der Aufforderung Sahra Wagenknechts, die thüringischen Christdemokraten sollten sich von ihrem eigenen Bundesvorsitzenden Friedrich Merz distanzieren. Auf diese Idee muss man erst einmal kommen.
Das Verhalten der BSW-Chefin gegenüber ihren potenziellen Koalitionspartnern erinnerte an einen Hund, dem eine Wurst vorgehalten, diese aber im letzten Moment immer wieder weggezogen wird. Wagenknecht konnte sich das erlauben, weil es kaum andere Möglichkeiten der Koalitionsfindung in Thüringen, Sachsen und Brandenburg gibt.
Das Auftreten der neuen Partei kann man als unschön und unangemessen bezeichnen, aber im Grunde auch bald wieder gnädig vergessen. Denn die Bündnispartner sollen sich nach der Vereidigung der Kabinette auf die Bildungspolitik, auf eine bessere Ausstattung der Polizei und auf die länderspezifischen Fragen innerhalb der Migrationspolitik konzentrieren. Nur wenn sie das tun, erfüllen sie ihre vorgeschriebenen Aufgaben.
Sollte allerdings Sahra Wagenknecht auf die Idee kommen, in den Landtagen alle paar Wochen eine außenpolitische Debatte vom Zaun brechen zu wollen, wäre das eine ganz schlechte Idee. Auch ständige nicht-länderbezogene Forderungen an die Bundesvorsitzenden von SPD und CDU aus Erfurt, Potsdam oder Dresden heraus wären unangebracht.
Bundestag als geeigneter Ort
Dabei ist es doch im Grunde ganz einfach: Das BSW verfügt über einen eigenen Bundesvorstand und es sitzt dank der Abspaltung von der Linkspartei bereits mit Abgeordneten im Berliner Parlament. Die Partei hat also alle Chancen, am richtigen Ort für ihre Positionen in der internationalen Politik zu werben. Die Bürgerinnen und Bürger können spätestens bei der Bundestagswahl im Herbst 2025 darüber entscheiden.
Sahra Wagenknecht sollte sich übrigens auch nicht darauf verlassen, dass das BSW weiter eine Kaderpartei bleibt, in der die Ansagen stets von ganz oben kommen - bis in die Länder hinein. Das hat noch nie geklappt. Erste Widerworte gegenüber der Chefin in den östlichen Ländern deuten das an. Und das wird sich verschärfen, wenn man vor Ort erst mal über Ministerinnen und Minister verfügt. Solche Ämter stärken das Selbstbewusstsein von Menschen ungemein.
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