Er braucht nur abzuwarten

Putins Märchenstunde, Bidens Aussetzer: Es läuft gut für Trump...

Alexander Jungkunz

E-Mail zur Autorenseite

9.2.2024, 16:55 Uhr
Ein bizarres Interview: Tucker Carlson ließ Wladimir Putin 127 Minuten reden.

© Tucker Carlson Network, dpa Ein bizarres Interview: Tucker Carlson ließ Wladimir Putin 127 Minuten reden.

Es gibt einen Witz unter Journalisten: Wie beginnt man am besten ein möglichst kritisches Interview? Mit der Frage: "Was ist das Geheimnis Ihres Erfolgs?"

So hätte auch Tucker Carlson jene 127 Minuten beginnen können, in denen er Wladimir Putin keine wirklich unangenehme Frage stellte, sondern Russlands Diktator nahezu devot huldigte. Sein Schlusssatz sprach Bände: "Ich finde das großartig."

Wovon die Plauderstunde des Präsidenten ablenkte

Der Kreml auch. Er nutzte das "Interview" als willkommene Gelegenheit, Putin innerhalb Russlands als gesprächsbereiten Regenten zu präsentieren - nur der böse Westen ziehe da nicht mit. Die Plauderstunde des Präsidenten lenkte zudem wunderbar ab davon, dass dieser gerade erst einen möglichen Rivalen bei der nahenden Wahl aus dem Verkehr ziehen ließ: Boris Nadeschdin wurde aussortiert - dass ein erklärter Gegner des Krieges gegen die Ukraine wirklich antreten darf gegen den Mann, der diese "Spezialaktion" startete, das hatten Beobachter ohnehin bezweifelt.

Der Interviewer, der Putin eine Bühne zur Selbstdarstellung bot, ist ein Trump-Gefolgsmann und wie jener ein Verbreiter von Verschwörungstheorien. Die hatte auch Putin im Angebot, der wieder mal das alte Lied von der Ukraine als gar nicht "richtigem" Staat anstimmte. Und einerseits festlegte, dass eine Niederlage Russlands "per Definition unmöglich" sei, andererseits aber natürlich Verhandlungen über eine Lösung möglich seien. Der brave Mikro-Halter Carlson sagte zu solchen Widersprüchen natürlich: nichts.

Aufwind für Putin - auch durch die US-Republikaner

So bekam Putin Aufwind - durch ein PR-Interview, das ihn auch für erstaunlich viele Deutsche als den Verhandlungsbereiten erscheinen lässt. Mehr noch durch die von den US-Republikanern erzwungene Absage an weitere Hilfen für die Ukraine - ausgerechnet in einer Phase, wo dort die Munition der Verteidiger knapp wird. Und wo auch in Deutschland, dessen ebenfalls geschwächter Regierungschef nun den angeschlagenen US-Präsidenten Joe Biden besuchte, die Unterstützung für Kiew sinkt.

Trump kommt das zupass. Er würde die Ukraine Putin vermutlich auf dem Silbertablett servieren, als eine Art Antrittsgeschenk nach seiner Wahl, die immer näher rückt. Denn das Gutachten, das der (Trump nahestehende) Sonderermittler Hur über Amtsinhaber Biden vorlegte, hat es in sich. Der Präsident: ein gedächtnisschwacher, seniler Mann? Durch seine Ausfälle und Verwechslungen der letzten Tage bestätigte Biden dieses Bild, das ihn das Amt kosten kann.

Kommt Michelle Obama?

Schon kursieren in den USA Gerüchte, dass Michelle Obama ihre bisherige Politik-Abstinenz aufgeben und im Frühjahr nach einem möglichen gesundheitsbedingten Rückzug Bidens als nachnominierte Kandidatin für die Demokraten und gefährliche Gegnerin für Trump ins Rennen gehen könnte. Reine Spekulation - aber das zeigt, wie prekär die Lage für Biden ist.

Verwandte Themen


Keine Kommentare