Gab sich zuversichtlich: Bundeskanzler Olaf Scholz beim Bundesparteitag der SPD in Berlin.
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Gab sich zuversichtlich: Bundeskanzler Olaf Scholz beim Bundesparteitag der SPD in Berlin.

Leichte Verschiebungen erkennbar

Nun wird es spannend: Gleich vier Parteien sind in den Wahlkampf eingestiegen

Nachdem es in den ersten Tagen des neuen Jahres innenpolitisch noch vergleichsweise ruhig zugegangen war, suchten jetzt gleich vier Parteien den großen Auftritt - und verraten vieles über ihre Taktik. Die Nebel lichten sich.

Da wäre zunächst mal die AfD im ostdeutschen Riesa. Sie scheint wie entfesselt. Das ist unter anderem am Begriff "Remigration" festzumachen. Lange hatte sich die AfD heftig gewunden, damit in Verbindung gebracht zu werden. Jetzt sprach es Kanzlerkandidatin Alice Weidel ungeniert aus, dass die Partei inhaltlich bewusst unklar gehaltene Rückführungen von Migranten in großem Stil plant.

"Windmühlen der Schande"

Die russische Aggression will man nicht klar verurteilen, die Europäische Union soll es in ihrer bisherigen Form nicht mehr geben und die "Windmühlen der Schande" zur Gewinnung erneuerbarer Energien wollen die Rechtspopulisten "niederreißen". Weidel hat sich in einen Rausch geredet, was bei einem Fünftel der Wahlberechtigten in Deutschland gut anzukommen scheint. Wer jetzt diese Partei wählt, der weiß ganz genau, was er tut.

Ortswechsel nach Berlin. Dort ging es beim SPD-Parteitag nur um einen: den Kanzlerkandidaten Olaf Scholz. Er wurde per Handzeichen gewählt - vermutlich, weil man der Zustimmung durch die Genossinnen und Genossen doch nicht so ganz traute. Dabei ist die Sache längst klar: Bis 23. Februar hat sich die Partei mit Haut und Haaren dem in der Bevölkerung wenig beliebten Regierungschef verschrieben.

Scholz, der Erfahrene. Scholz, der Trump-Widersacher: Solche Botschaften sollen die Sozialdemokratie wenigstens wieder in Richtung des Ergebnisses von 2021 bringen. Es scheint aktuell hoffnungslos. Ein wichtiger Moment wird allerdings der Wechsel im US-Präsidentenamt am 20. Januar sein. Die damit verbundene Unruhe könnte Scholz in die Karten spielen.

Heikel ist die Lage für Sahra Wagenknechts BSW, das sich in Bonn zum Parteitag traf. Ein Selbstläufer wird die Wahl für die neue Bewegung nicht. Die Fünf-Prozent-Hürde ist gefährlich nah. Es ist intern zu ersten Reibereien gekommen, das Hauptthema Ukraine könnte nach Gesprächen von Donald Trump mit Wladimir Putin an Bedeutung verlieren und in der Migrationsfrage hat sich die AfD deutlich radikaler positioniert.

CDU dringt nicht durch

Die CDU machte am Wochenende am wenigsten auf sich aufmerksam. Es war ja auch nur eine Vorstandsklausur, die sie in Hamburg veranstaltete. Trotzdem war es symptomatisch: Über den Dauer-Lautsprecher Markus Söder hinaus tut sich die Union seit einigen Wochen schwer, mit ihrem Spitzenkandidaten durchzudringen. Die Umfragewerte sind zwar immer noch gut und ausreichend für eine Kanzlerschaft von Friedrich Merz. Aber der Trend geht eher nach unten als nach oben. Das muss die Christdemokraten besorgt machen.

Rund 40 Tage dauert es, bis wir wählen dürfen. Das reicht noch für viele Verschiebungen der politischen Gewichte, mit denen bisher niemand gerechnet hat. Niemand sollte sich zu sicher sein.

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